Entfuehrt von einem Prinzen
deine Meinung für dich behalten würdest, Mia.“ Er wandte sich zum Gehen.
„Wo willst du denn hin, Ram?“ Als sie sich umblickte, bemerkte sie die besorgten Blicke des Personals. Was erwartete man von ihr? Diese Halle hatte mindestens die Größe von zwei Fußballplätzen, und Ram war gerade in eine der Alleen eingebogen, die den riesigen Palast mit ihr verbanden. „Komm bitte zurück!“
Als er nicht reagierte, rannte sie ihm nach, obwohl die Bediensteten sie in eine andere Richtung komplimentierten. „Ram!“ Jetzt war sie richtig wütend.
Aber er ging einfach weiter.
Entschlossen legte Mia einen Zwischensprint ein und verstellte Ram den Weg. „Du hast recht“, gab sie angespannt zu. „Ich habe keine Ahnung, was hier vorgeht. Bin ich nicht als Gast des Hauses bei dir? In meiner Familie ist es üblich, dass der Gastgeber den Gast zu seinem Zimmer begleitet.“
„Hier ist das Aufgabe des Personals.“ Ungeduldig blickte Ram über ihren Kopf hinweg.
„Also gut. Dann lass mich eben einfach hier stehen. Ich werde den Weg zu meinem Zimmer schon finden. Hast du vielleicht einen Plan für mich?“
„Sei nicht albern, Mia.“ Ram herrschte sie an. „Geh in die Halle zurück, dort erwarten sie dich.“
„Sie?“ Wütend funkelte sie ihn an. „Haben sie vielleicht auch Namen?“
Langsam riss ihm der Geduldsfaden. „Hör zu, Mia! Du befindest dich hier in einem Königspalast eines sehr traditionsbewussten Landes. Das Personal rekrutiert sich seit Generationen aus denselben Familien. Selbstverständlich kenne ich die Namen meiner Bediensteten. Aber sie konnten ja nicht wissen, dass ich jemanden wie dich mitbringe.“
„Jemanden wie mich? Was soll das heißen?“
„Jemanden, dem das Protokoll völlig gleichgültig ist.“
Fassungslos musterte sie ihn. „Was ist nur aus der Höflichkeit der Könige geworden?“, fragte sie schließlich leise.
„Das reicht jetzt, Mia. Was erwartest du von mir?“
Dass du mir erklärst, wie ich mich zu verhalten habe. Schließlich ist mir hier alles fremd. „Beispielsweise könntest du etwas mehr Höflichkeit an den Tag legen, wenn man bedenkt …“
„Wenn man was bedenkt?“ Er musterte sie kühl. „Dass ich mit dir geschlafen habe? Wolltest du das sagen, Mia?“
„Von schlafen kann wohl kaum die Rede sein.“
„Ich will das nicht hören, Mia.“
„Das glaube ich dir aufs Wort. Was ist denn plötzlich mit dir los, Ram?“ Sie hielt ihn fest, damit er nicht wieder davonlaufen konnte. „Was ist am Kai passiert? Worüber hast du dich dermaßen aufgeregt? Wieso behandelst du mich plötzlich wie den letzten Dreck? Und wieso reagierst du so gleichgültig auf den herzlichen Empfang? Erst am Hafen, jetzt hier.“
„Weil die Leute alle manipuliert worden sind.“
„Ist das dein Ernst? Die unzähligen Menschen, die am Straßenrand standen, um dich willkommen zu heißen, die sollen alle manipuliert worden sein?“
„Genau, und zwar von jemandem, der gegen die von mir geplanten Veränderungen ist und dem Schein mehr als Sein bedeutet. Ich spreche von einem Mann, der sich auf Kosten des Volkes bereichert. Dieser Mann hat den Empfang organisiert, um mich umzustimmen. Ich soll alles so lassen, wie es ist. Kannst du meine Reaktion jetzt nachvollziehen, Mia?“
„Ich hatte ja keine Ahnung …“
„Das stimmt allerdings.“ Nach einem weiteren kühlen Blick wandte Ram sich ab und ging seiner Wege.
Mia fühlte sich in den saalgroßen Räumen ihrer opulent eingerichteten Suite fehl am Platz. Immer wieder gingen ihr Rams Worte durch den Kopf. Eigentlich hätte sie sich glücklich schätzen sollen, in einem der schönsten Paläste der Welt zu residieren, doch sie sehnte sich nach einem gemütlichen Wohnzimmer, wo sie sich ungestört mit Ram unterhalten konnte. Das Volk von Ramprakesh war von der Parade begeistert gewesen, doch der Pomp hätte aus Rams Schatulle bezahlt werden müssen und nicht vom Volk. Hoffentlich führte Ram jetzt kein drastisches Sparprogramm ein, nur weil ein Übeltäter das Fest für seine eigenen ruchlosen Ziele organisiert hatte.
Rams Pläne, den Palast der Öffentlichkeit zugänglich zu machen, befürwortete sie dagegen. Die von Kunsthandwerkern des Landes geschaffenen Kostbarkeiten, wie farbenprächtige Wandverkleidungen aus Gold und Emaille, sollten alle erfreuen. Die Menschen sollten sich ein Bild von ihrem reichen Erbe machen.
Mia sehnte sich so sehr nach Ram, wusste jedoch nicht, wann sie ihn wiedersehen würde. Natürlich war er
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