Enthemmt!
Liebes, ich glaube, er ist ausgerastet. Anders kann es gar nicht sein.”
“Natürlich.” Alisha klingt erleichtert. “Kalte Füße, Süße, das passiert immer wieder. Manche Paare sind zehn Jahre zusammen, und kurz vor der Hochzeit bekommt es einer mit der Angst zu tun. Oder beide.”
Claudia schaut uns hoffnungsvoll an. “Meint ihr?”
“Ganz bestimmt”, bestätige ich. “Niemand wartet bis kurz vor der Hochzeit, um zu sagen, dass er nicht verliebt ist. Also bitte.”
“Er hat mir das immer wieder gesagt, und er konnte mir nicht mal in die Augen sehen.”
“Na also, das sagt doch alles.”
“Eben, das sagt alles”, wiederholt Alisha.
“Der Typ ist einfach verwirrt”, beharre ich. “Und wenn nicht, dann trete ich ihm in seinen verdammten Arsch. Ehrlich, wenn er nicht in dich verliebt wäre, Claudia, was soll das dann die ganzen Jahre über gewesen sein?”
“Ich würde euch ja gern glauben.”
“Hast du schon mit deinen Eltern gesprochen?”
“Nein. Ich konnte nicht. Ich habe nur euch angerufen. Was soll ich jetzt tun? Die Hochzeit absagen?”
“Nein”, rufe ich aus. “Auf keinen Fall. Es sind noch drei Wochen bis dahin. Ich wette, spätestens Ende der Woche hat Adam es sich schon wieder anders überlegt.”
Claudia nickt. “Okay.”
“Ach, Schätzchen.” Alisha umarmt Claudia noch einmal. “Ich weiß nicht, was in Adam gefahren ist, aber wir sind immer für dich da.”
Claudia greift nach unseren Händen. “Ich weiß. Danke, dass ihr gekommen seid. Mir geht's schon besser. Mit euch geht es mir immer besser. Deswegen seid ihr mir auch so wichtig.”
Wenigstens scheint Claudia wieder Hoffnung geschöpft zu haben, darum bin ich schon mal froh. Ich will, dass alles gut wird. Wirklich. Aber eines sage ich Ihnen, wenn Adam sie verarscht hat, dann wird er dafür bezahlen.
16. KAPITEL
C laudia
Montag und Dienstag sind vorüber – und kein Wort von Adam. Ich will nicht lügen. Diese beiden Tage verbrachte ich in tiefster Depression. Völlig am Boden zerstört. Aber heute Morgen verspürte ich ein neues Gefühl.
Wut.
Wie kann er es wagen? Wie kann er wagen, mir einfach den Laufpass zu geben und dabei nicht mal den Respekt aufzubringen, den ich verdiene?
Vier
Jahre waren wir zusammen, und befreundet sind wir seit mindestens zehn. Dass er kalte Füße bekommen hat, kann ich ja verstehen, aber sich nicht bei mir zu melden, das ist wirklich das Letzte.
Gerne würde ich jetzt behaupten, wie stark ich war, aber das stimmt nicht. Ich war Mitleid erregend schwach. Montag habe ich ihn mindestens dreimal angerufen, und gestern, als die Panik noch größer wurde, doppelt so oft. Ich hinterließ ihm atemlose, schluchzende Nachrichten und flehte ihn an, mich zurückzurufen. Aber trotzdem kein Ton von ihm.
Wahrscheinlich hat er Angst. Aber was zum Teufel glaubt er eigentlich, was ich durchmache, nachdem er die Bombe hat platzen lassen?
Ächzend rolle ich mich auf den Rücken. Ich habe versucht, die Kraft aufzubringen, aus dem Bett zu steigen, aber ich kann nicht. Seit zwei Tagen habe ich nichts gegessen. Habe die Klimaanlage auf die höchste Stufe gestellt und die meiste Zeit unter der Bettdecke verbracht. Wenn ich aufwachte, trank ich ein Glas Wein, schluckte zwei Schlaftabletten, überlegte, Adam anzurufen, und zählte dann die Minuten, bis ich wieder einschlief.
Ich habe nicht mal meiner Mutter die Tür geöffnet. Als sie anrief, behauptete ich, dass ich eine Erkältung hätte und ein paar Tage im Bett bliebe.
Aber mal ehrlich, sollte es mir nicht völlig egal sein, ob ich je wieder von Adam höre? Ist es mir aber nicht. Jeden Augenblick erwarte ich, dass das Telefon klingelt. Und schon wieder denke ich darüber nach, ihn anzurufen. Doch wenn er wirklich kalte Füße bekommen hat und Zeit braucht, treiben ihn meine Anrufe doch nur noch weiter weg.
Gott, ich halte das nicht länger aus. Lege ein Kissen übers Telefon, damit ich es nicht länger sehen muss. “Ich kann das nicht”, murmle ich. Ich kann nicht den ganzen Tag im Bett bleiben, als wollte ich sterben.
Ich muss hier raus. Ja, übers Wochenende wegfahren. Weit genug weg, dass es sich nach Entkommen anfühlt.
Pensacola. Das ist perfekt.
Dort ist es ruhig, es gibt einen tollen Strand und nette Läden. Genau was ich jetzt brauche.
Meine Knochen sind bleischwer, als ich den konzentrierten Versuch starte, mich aufzusetzen. Als ich das geschafft habe, schwinge ich die Beine aus dem Bett, greife nach dem Telefon und wähle
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