Enthüllung
lesen. Glauben Sie, daß ich Gedanken lesen kann, Thomas? Sind Sie so dumm, das zu glauben?«
»Max, ich bin jetzt wirklich nicht in Stimmung –«
»Na, dann muß ich wohl aufhören. Wenn Sie nicht in Sti m mung sind, muß ich aufhören. Wir müssen Ihnen um jeden Preis Ihre Stimmung erhalten.« Er schlug gereizt auf die Armlehne seines Rollstuhls. » Sie haben es mir gesagt, Thomas. Deshalb wußte ich, an was Sie gerade dachten.«
»Ich habe es Ihnen gesagt? Wann?«
»Vor neun Jahren, glaube ich.«
»Was habe ich Ihnen gesagt?«
»Sie erinnern sich nicht? Kein Wunder, daß Sie Probleme haben. Es ist wohl besser, wenn Sie noch ein bißchen auf den Boden starren. Würde Ihnen guttun. Ja, das glaube ich wirklich. Starren Sie weiter auf den Boden, Thomas.«
»Verdammt noch mal, Max!«
Dorfman grinste ihn an. »Verunsichere ich Sie?«
»Mein lieber Max, Sie wissen genau, daß Sie mich immer verunsichern.«
»Na gut. Dann besteht ja vielleicht doch noch Hoffnung. Nicht für Sie natürlich – für mich. Ich bin alt, Thomas. In meinem Alter hat die Hoffnung eine andere Bedeutung. Das verstehen Sie nicht. Ich kann mich zur Zeit nicht einmal allein bewegen. Ich brauche jemanden, der mich schiebt . Am liebsten wäre mir eine hübsche Frau, aber hübsche Frauen haben gemeinhin keine Lust zu so etwas. Und so stehe ich jetzt ohne eine hübsche Frau da, die mich herumschubst –ganz im Gegensatz zu Ihnen .«
Sanders seufzte auf. »Max, meinen Sie, daß wir vielleicht einfach ein ganz normales Gespräch miteinander führen können, oder halten Sie das für unmöglich?«
»Eine hervorragende Idee!« sagte Dorfman. »Das würde mir sehr gefallen. Was ist denn ein normales Gespräch?«
»Ich meine, können wir nicht einfach wie normale Menschen reden?«
»Wenn es Sie nicht langweilt, Thomas – selbstverständlich. Sie wissen ja, wie sehr alte Leute befürchten, langweilig zu sein …«
»Was wollten Sie mit dem Hinweis auf das farbige Glas sagen, Max?«
Dorfman zog die Schultern hoch. »Meredith habe ich damit gemeint, wen sonst?«
»Was ist mit ihr?«
»Wie soll ich das wissen?« gab Dorfman gereizt zurück. »Ich weiß über die Sache nur das, was Sie mir erzählt haben. Und Sie haben mir nur erzählt, daß Sie früher oft nach Korea oder Japan geflogen sind, und jedesmal, wenn Sie zurückkamen, hat Meredith –«
»Tom, entschuldigen Sie bitte, daß ich unterbreche!« Es war Cindy. Sie stand in der Tür zum Konferenzraum.
»Oh, entschuldigen Sie sich nicht!« sagte Dorfman. »Wer ist dieses bezaubernde Geschöpf, Thomas?«
»Ich bin Cindy Wolfe, Professor Dorfman«, sagte Cindy. »Ich arbeite für Thomas.«
»Was für ein Glück dieser Mann hat!«
Cindy wandte sich an Sanders. »Es tut mir wirklich leid, Tom, aber einer der Leute von Conley-White ist in Ihrem Büro, und ich dachte mir, es sei besser –«
»Ja, ja«, sagte Dorfman sofort. »Er muß gehen. Conley-White – das klingt doch sehr wichtig.«
»Gleich«, sagte Sanders zu Cindy. »Max und ich waren g e rade mitten im Gespräch.«
»Nein, nein, Thomas«, warf Dorfman ein, »wir haben uns ja nur über die alten Zeiten unterhalten. Sie gehen jetzt besser.«
»Max –«
»Wenn Sie sich weiter mit mir unterhalten wollen, wenn Sie meinen, daß es wichtig ist, dann besuchen Sie mich einfach. Ich wohne im Four Seasons . Das Hotel kennen Sie ja. Es hat eine herrliche Halle, so hohe Decken. Überaus prachtvoll, besonders für einen alten Mann. So, und jetzt gehen Sie, Thomas.« Er kniff die Augen zusammen. »Und lassen Sie die schöne Cindy hier bei mir!«
Sanders zögerte. »Seien Sie auf der Hut vor ihm!« sagte er zu Cindy. »Er ist ein alter Schwerenöter!«
»Man tut, was man kann«, sagte Dorfman kichernd und blinzelte Cindy zu.
Sanders ging weiter zu seinem Büro. Im Weggehen hörte er Dorfman noch sagen: »So, schöne Cindy, jetzt fahren Sie mich bitte in die Lobby. Dort unten wartet ein Wagen auf mich. Und auf dem Weg dorthin würde ich Ihnen gern ein paar Fragen stellen, wenn es Ihnen nichts ausmacht, einem alten Mann gefällig zu sein. Ich habe da ein paar kleine Fragen. In dieser Firma geschehen so viele interessante Dinge, und die Sekret ä rinnen wissen doch immer alles, nicht wahr?«
M r. Sanders.« Jim Daly stand hastig auf, als Sanders den Raum betrat. »Ich bin froh, daß man Sie gefunden hat.«
Sie gaben einander die Hand. Sanders bedeutete Daly mit einer Geste, wieder Platz zu nehmen, und ließ sich auf dem Stuhl hinter
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