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Enthüllung

Enthüllung

Titel: Enthüllung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Crichton
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werfen ihr gleich zu Beginn ein Riesenproblem vor die Füße. Mal sehen, wie sie es anpackt.«
    Sanders wandte sich zum Gehen. Lewyn begleitete ihn hinaus. »Übrigens, Tom, bist du nun eigentlich sauer, daß du den Job nicht bekommen hast?«
    »Enttäuscht«, antwortete Sanders. »Nicht sauer. Es hat keinen Sinn, sauer zu sein.«
    »Wenn du mich fragst, hat Garvin dich nämlich verarscht. Du hast viel Zeit investiert, hast gezeigt, daß du die Abteilung leiten kannst, und er gibt den Job einfach jemand anderem.«
    Sanders hob die Schultern. »Es ist seine Firma.«
    Lewyn legte Sanders einen Arm um die Schulter und drückte ihn kurz an sich. »Weißt du, Tom, manchmal tust du dir nichts Gutes mit deiner übertriebenen Flexibilität.«
    »Ich wußte nicht, daß vernünftig zu sein etwas Schlechtes ist.«
    » Zu vernünftig zu sein ist schlecht«, gab Lewyn zurück. »Du erreichst damit nur, daß jeder mit dir umspringt, wie er will.«
    »Ich versuche nur, mit allen klarzukommen«, sagte Sanders. »Ich will noch hiersein, wenn die Abteilung an die Börse geht.«
    »Ja, du hast recht. Du mußt bleiben.« Sie hatten den Ausgang erreicht. »Glaubst du, daß sie den Job bekommen hat, weil sie eine Frau ist?«
    Sanders zuckte mit den Achseln. »Wer weiß.«
    »Und die schlappen Männchen schlucken wieder mal alles. Ich sag’ dir, manchmal kotzt mich dieser ständige Druck, Frauen einzustellen, wahnsinnig an«, sagte Lewyn. »Schau dir nur mal diese Entwicklungsabteilung hier an. Wir haben hier 40 Prozent Frauen, mehr als in jeder anderen Abteilung, aber ständig heißt es: Warum sind es nicht noch mehr? Mehr Frauen, mehr –«
    »Mark«, unterbrach Sanders ihn, »die Zeiten haben sich g e ändert.«
    »Aber nicht zum Besseren«, sagte Lewyn. »Alle haben d a runter zu leiden. Ich sag’ dir mal was. Als ich bei DigiCom anfing, gab es nur eine Frage, und die lautete: Bist du gut? Wenn man gut war, wurde man genommen. Wenn man ordentlich arbeitete, durfte man bleiben. Das war alles. Heutzutage ist Tüchtigkeit nur eine von vielen gefragten Eigenschaften. Es gibt da nämlich noch die Frage, ob man das Geschlecht und die Hautfarbe hat, die den Vorstellungen der Personalabteilung entsprechen. Wenn sich dann herausstellt, daß man inkompetent ist, kann man deshalb trotzdem nicht gefeuert werden. Und dann kommt eben Schrott heraus, wie dieses Twinkle-Laufwerk. Weil niemand mehr verantwortlich ist. Weil keiner mehr zur R e chenschaft gezogen werden kann. Aber Produkte kann man nicht allein aufgrund einer Theorie herstellen, ein Produkt ist etwas Reales. Und wenn es mies ist, ist es mies, und keiner wird es kaufen. So einfach ist das.«

    T om Sanders stieg die Treppe hinauf und steckte seine elektronische Passierkarte in den Schlitz der Eingangstür zum vierten Stock. Dann schob er die Karte in die Hosentasche und eilte, in Gedanken mit dem eben geführten Gespräch beschä f tigt, den Gang zu seinem Büro entlang. Es ärgerte ihn, daß Lewyn ihm zu verstehen gegeben hatte, er lasse sich von Garvin herumschubsen, sei zu passiv, zu verständnisvoll.
    Sanders sah das nicht so. Als er zu Lewyn sagte, dies sei schließlich Garvins Firma, hatte er ausgesprochen, was er wirklich dachte. Bob war der Chef, Bob konnte tun und lassen, was er wollte. Sanders war enttäuscht, den Job nicht bekommen zu haben, aber diesen Job hatte ihm auch niemand jemals versprochen. Er und andere in den Abteilungen in Seattle waren im Verlauf einiger Wochen zu der Vermutung gelangt, daß er den Posten bekommen würde. Aber Garvin selbst hatte das nie ausgesprochen, und Phil Blackburn auch nicht.
    Deshalb sah Sanders auch keinen Grund zum Meckern. Wenn er enttäuscht war, dann nur über sich selbst. Er hatte sich geradezu klassisch verhalten – er hatte sich zu früh gefreut.
    Und was seine angebliche Passivität betraf – was sollte er denn Lewyns Meinung nach tun? Einen Aufstand machen? Brüllen und schreien? Das würde gar nichts bringen, denn jetzt hatte nun mal Meredith Johnson diesen Job, ob es Sanders paßte oder nicht. Kündigen? Das würde nun wirklich nichts bringen. Denn wenn er kündigte, gingen ihm die Gewinne durch die Lappen, die mit DigiComs Gang an die Börse entstehen würden. Und das wäre eine wirkliche Katastrophe.
    Er gelangte zu dem Schluß, daß ihm nichts anderes übrigblieb, als Meredith in ihrer neuen Stellung zu akzeptieren und die Angelegenheit auf sich beruhen zu lassen. Und er hatte das starke Gefühl, daß Lewyn bei all seiner

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