Enthüllung
nicht strukturieren, weil sie nicht wissen, wie sie sich als Untergebene einer Frau verhalten sollen. Jedenfalls fällt es den meisten sehr schwer. Andere wiederum schlüpfen mühelos in die entsprechende Rolle. Dann sind sie der pflich t bewußte Sohn oder der Ersatzliebhaber oder Ersatzehemann. Und wenn sie ihre Sache gut machen, erregen sie den Zorn der weiblichen Angestellten, denn die wissen genau, daß sie als Sohn, Liebhaber oder Ehemann der Chefin nicht mithalten können, und das gibt ihnen das Gefühl, der Mann habe einen Vorteil vor ihnen.«
Sanders schwieg.
»Verstehen Sie das?« fragte Dorfman.
»Sie wollen sagen, daß es, je nach den Umständen, beide Geschlechter betrifft.«
»Ja, Thomas. Das läßt sich nicht vermeiden. So läuft es eben ab.«
»Also, bitte, Max! Mit Unvermeidlichkeit hat das hier doch nichts zu tun. Als Garvins Tochter starb, war das eine private Tragödie. Er war am Boden zerstört, und daraus hat Meredith ihren Vorteil gezogen!«
»Stop!« rief Dorfman gereizt. »Wollen Sie etwa die Natur des Menschen verändern? Tragödien gibt es immer wieder. Und immer wieder ziehen Menschen ihren Vorteil daraus. Das ist doch nichts Neues. Meredith ist intelligent. Es ist eine wahre Freude, eine so intelligente, begabte Frau zu sehen, die obe n drein schön ist. Eine solche Frau ist ein Geschenk Gottes, eine reine Freude. Und genau das ist Ihr Problem, Thomas. Ein Problem, das Sie schon vor langer Zeit hätten voraussehen können.«
»Was hat das mit –«
»Und anstatt sich mit diesem Problem auseinanderzusetzen, verschwenden Sie Ihre Zeit mit derartigen … Banalitäten «. Er gab ihm die Fotos zurück. »Das hier ist völlig unwichtig, Thomas.«
»Max –«
»Innerbetriebliche Mechanismen haben Sie noch nie begri f fen, Thomas. Das war nie Ihre Stärke. Ihre Stärke war, daß Sie ein technisches Problem erfassen und angehen konnten, daß Sie es schafften, die Techniker bei der Stange zu halten, sie zu motivieren und zu drängen und das Problem schließlich zu lösen. Sie haben immer dazu beigetragen, daß der Laden lief. Oder sehen Sie das anders?«
Sanders schüttelte den Kopf.
»Jetzt aber lassen Sie Ihre Stärken ungenutzt und spielen statt dessen ein Spiel, das nicht zu Ihnen paßt.«
»Was soll das heißen?«
»Sie glauben, durch die Androhung eines Prozesses Druck auf Meredith und die Firma ausüben zu können. In Wirklichkeit haben Sie ihr damit in die Hände gespielt. Sie haben es ihr ermöglicht, das Spiel zu gestalten, Thomas.«
»Irgend etwas mußte ich tun. Sie hat das Gesetz gebrochen.«
»Sie hat das Gesetz gebrochen«, äffte Dorfman ihn in sarka s tischem Quengelton nach. »Ach, Sie Armer! Sie sind ja so wehrlos. Ich bin untröstlich über Ihre entsetzliche Notlage!«
»Es ist tatsächlich nicht einfach. Sie hat Beziehungen, hat einflußreiche Förderer.«
»Ach, wirklich? Jede Führungspersönlichkeit, die von vielen gefördert wird, wird auch von vielen verleumdet. Und Meredith wird weiß Gott von einigen verleumdet.«
»Max, ich sage Ihnen, sie ist gefährlich! Sie gehört zu diesen typischen Betriebswirten, denen es ausschließlich ums Image geht, immer nur ums Image, ohne daß irgend etwas Substant i elles dahintersteckt.«
»Ja«, stimmte Dorfman nickend zu. »Wie so viele Führung s kräfte heutzutage. Alle wissen sie sehr gut mit ihrem Image umzugehen. Alle sind sie sehr daran interessiert, die Realität zu manipulieren. Ein faszinierender Trend.«
»Ich halte Meredith nicht für fähig, diese Abteilung zu leiten.«
»Und was, wenn sie dazu wirklich nicht fähig ist?« fragte Dorfman bissig. »Was geht das Sie an? Wenn sie sich als inkompetent erweist, wird Garvin das irgendwann einsehen und den Job jemand anderem geben. Aber dann werden Sie schon lange nicht mehr dasein. Sie werden nämlich Ihr Spiel mit Meredith verlieren, Thomas. Sie ist die bessere Taktikerin von euch beiden, war es von Anfang an.«
Sanders nickte. »Sie ist skrupellos.«
»Skrupellos, skrupellos – sie ist geschickt . Sie hat einen au s geprägten Instinkt, der Ihnen völlig abgeht. Wenn Sie so weitermachen, werden Sie alles verlieren. Und wenn es so kommt, dann haben Sie Ihr Schicksal verdient, weil Sie sich wie ein Narr benommen haben.«
Sanders schwieg eine Zeitlang. »Was raten Sie mir zu tun?«
»Ah – jetzt wollen Sie also einen Ratschlag?«
»Ja.«
»Wollen Sie ihn wirklich?« Er lächelte. »Ich bezweifle es.«
»Doch, Max.«
»Nun gut, ich werde Ihnen einen
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