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Enthüllung

Enthüllung

Titel: Enthüllung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Crichton
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Achselzucken. »Sie läßt sich eben etwas einfallen. Gut für sie.«
    »Ich gehe jede Wette ein, daß Garvin keine Ahnung hat, was sie mit ihm macht«, sagte Sanders.
    Dorfman schüttelte den Kopf. »Um Garvin sorge ich mich nicht. Aber um Sie, Thomas. Und zwar wegen der Wut, die Sie an den Tag legen. Oder?«
    »Ich sage Ihnen, warum ich so wütend bin«, fauchte Sanders. »Weil das genau die Art von widerlicher Heimtücke ist, die eine Frau bringen kann, ein Mann aber nicht. Sie verändert ihr Aussehen, sie kleidet und benimmt sich wie Garvins Tochter und schafft sich dadurch einen Vorteil. Ich kann nämlich tun, was ich will – Garvins Tochter werde ich nie ähnlich sein!«
    Dorfman stieß einen langen Seufzer aus und schüttelte den Kopf. »Thomas, Thomas …«
    »Oder kann ich das auch? Kann ich das auch?«
    »Genießen Sie das eigentlich? Ich habe den Eindruck, Sie genießen diesen Ausbruch.«
    »Nein, ich genieße ihn nicht.«
    »Dann hören Sie endlich damit auf!« Dorfman drehte seinen Rollstuhl so, daß er Sanders direkt ins Gesicht sehen konnte. »Hören Sie auf, solchen Unsinn daherzureden, und blicken Sie der Wahrheit ins Auge. Junge Menschen in Unternehmen machen Karriere mit Hilfe von mächtigen älteren Verbündeten. Richtig?«
    »Ja …«
    »Das war schon immer so. Früher waren diese Bündnisse formell – ein Lehrling und sein Meister oder ein Schüler und sein Lehrer. So etwas arrangierte man eben, nicht wahr? Heute ist das alles weniger formell. Heute sprechen wir von Mentoren. Junge Menschen in der Geschäftswelt haben Mentoren. Ric h tig?«
    »Okay …«
    »Nun – und wie nehmen junge Menschen Kontakt zu einem Mentor auf? Wie geht das vor sich? Zunächst einmal, indem sie sich als gefällig erweisen, indem sie der älteren Person gege n über hilfsbereit sind und Aufgaben erledigen, die erledigt werden müssen. Aber auch, indem sie sich für die ältere Person anziehend machen – indem sie, beispielsweise, deren Ansichten und geschmackliche Vorlieben für sich übernehmen. Und drittens, indem sie in geschäftlichen Dingen genauso vorgehen wie ihre zukünftigen Mentoren.«
    »Schön und gut«, sagte Sanders. »Aber was hat das alles mit plastischer Chirurgie zu tun?«
    »Erinnern Sie sich an die Zeit, als Sie bei DigiCom in Cupertino anfingen?«
    »Ja.«
    »Sie kamen damals von DEC. Das war 1980, nicht wahr?«
    »Ja.«
    »Bei DEC trugen Sie jeden Tag Jackett und Krawatte. Aber ab Sie zu DigiCom kamen, sahen Sie, daß Garvin Jeans trug. Und bald trugen auch Sie Jeans.«
    »Klar. Das war eben der Stil dieser Firma.«
    »Garvin liebte die Giants. Da gingen auch Sie plötzlich in den Candlestick Park und sahen sich die Spiele an.«
    »Er war der Chef, verdammt noch mal!«
    »Und Garvin liebte Golf. Da begannen auch Sie, Golf zu lernen, obwohl Sie es haßten. Ich erinnere mich, daß Sie mir gegenüber einmal klagten, wie sehr Sie es verabscheuten, immer diesen dummen kleinen weißen Ball in der Gegend herumz u schlagen …«
    »Aber ich habe mich nicht operieren lassen, um seinem Kind ähnlich zu sehen!«
    » Weil Sie es nicht tun mußten , Thomas«, erwiderte Dorfman und hob verärgert die Hände. »Verstehen Sie das denn nicht? Garvin mochte draufgängerische, aggressive junge Männer, die Bier tranken, fluchten und hinter den Frauen her waren. Und all das haben Sie damals repräsentiert.«
    »Damals war ich jung. Junge Männer machen so was eben.«
    »Nein, Thomas. Es war das, was Garvin von jungen Männern erwartete.« Dorfman schüttelte den Kopf. »In dieser Hinsicht läuft so vieles völlig unbewußt ab. Der Bezug zu einem Me n schen ist eben unbewußt, Thomas. Aber wie ein solcher Bezug aufgebaut wird, hängt davon ab, ob man demselben Geschlecht angehört wie dieser Mensch oder nicht. Wenn Ihr Mentor männlich ist, verhalten Sie sich vielleicht wie sein Sohn oder sein Bruder oder sein Vater. Möglicherweise benehmen Sie sich auch so wie dieser Mann, als er jung war – dann fühlt er sich durch Sie an sich selbst erinnert. Richtig? Ja, das verstehen Sie jetzt. Sehr gut.
    Wenn Sie dagegen eine Frau sind, stellt sich das alles ganz anders dar. Dann müssen Sie nämlich sein wie die Tochter oder die Geliebte oder die Ehefrau Ihres Mentors. Oder wie seine Schwester möglicherweise. Auf jeden Fall gänzlich anders.«
    Sanders blickte skeptisch drein.
    »Ich bemerke das häufig, jetzt, da immer mehr Männer Frauen als Vorgesetzte haben. Die Männer können die Beziehung zu ihrer Chefin oft

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