Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Enthuellungen eines Familienvaters

Enthuellungen eines Familienvaters

Titel: Enthuellungen eines Familienvaters Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Giovannino Guareschi
Vom Netzwerk:
keine mehr“, antwortete der Verkäufer untröstlich.
    Ich bezahlte, gab meine Adresse an und ging fort.
    Ich verlor den Mut nicht.
    Im nächsten Laden ging das Manöver ausgezeichnet bis zur Rasiercreme; als wir zur Rechnung und damit zur Seife kamen, wieder ein untröstlicher Blick: „Tut mir leid, wir haben keine mehr!“
    Ich tat, was ich konnte, und suchte noch etliche Läden auf. Aber dann hatte ich auf einmal nur mehr zwei Lire in der Tasche und ging traurig nach Hause zurück. Ohne die geringste Seife.
    Aber was machte das? Die Person, die mich zum Gatten und Vater gemacht hat, würde wohl ein zureichendes Quantum Seife aufgetrieben haben. Die teure Frau war schon zu Hause und im Begriff, Pakete und Päckchen auszuwickeln.
    »Ich habe unsere Vorräte ergänzt“, erklärte sie mir. „Marmelade, Biskuit, Honig, Kaffeezusatz, Bindfaden, Pflaumen, Schuhwichse, Zahnbürsten, Bürsten, Soda und Fleckwasser. Ich habe dir auch einige Tuben Rasiercreme mitgebracht.“
    Hierauf sprach man nicht mehr von Reinigungsmitteln im allgemeinen und von Seife im besonderen. Ich habe die Reisetasche nicht ohne Überlegung in die Rubrik der unnützen Ausgaben geschrieben. Ich bin sicher, daß nach Margheritas Rückkehr von den guten Gaben Gottes keine Rede mehr sein wird. Vielleicht wird nicht einmal mehr von Reisetaschen die Rede sein; mit Reisetaschen habe ich kein großes Glück bei Margherita.
    Bis Codogno war die Reise angenehm. In Codogno stieg jedoch eine Frau ein und besetzte den einzigen frei gebliebenen Platz in unserem Abteil.
    „Gestern abend haben sie Mailand bombardiert!“ verkündete sie, ehe sie sich ordentlich hingesetzt hatte.
    „Gnädige Frau“, belehrte ich sie, „Sie befinden sich im Irrtum. Wir kommen alle aus Mailand und wissen von nichts.“
    „Das hat nichts zu bedeuten“, erklärte die Frau. „Ich komme ja auch von Codogno und weiß ganz und gar nicht, ob man diese Nacht Hühner gestohlen hat oder nicht. Es genügt nicht, an einem Ort zu leben, um alles zu wissen, was dort geschieht. Es könnte sehr gut der Fall sein, daß sie sogar fünfhundert Hühner gestohlen haben. Wie soll man davon wissen, wenn niemand etwas sagt?
    „Gnädige Frau“, warf ich ein, „es muß einem nicht eigens mitgeteilt werden, wenn es sich um Bombardierungen handelt. Die Bomben machen Lärm.“
    „Machen Hühner keinen Lärm?“ lachte die Frau.
    „Es kann recht gut sein, daß sie Mailand bombardiert haben“, bemerkte Margherita. „Ich hab’ doch gegen zwei Uhr etwas wie Einschläge aus der Gegend von Lambrate gehört.“
    „Margherita“, unterbrach ich sie, „seit drei Jahren hören wir an jedem nebligen Abend die Sprengungen beim Bahnbau.“
    „In Juninächten gibt es keinen Nebel“, versetzte ironisch ein älterer Herr.
    Der Herr beim Fenster lachte geräuschvoll.
    Ich stand auf und ging zum Fenster, um mir die Lombardische Landschaft anzusehen.
    Als wir nach ein paar Stunden in P. das Gepäck vom Taxi abluden und Frau Flaminia uns mit ausgebreiteten Armen entgegenkam, sagte Margherita nicht einmal „Guten Tag“. Sie fiel gleich mit der Tür ins Haus: „Wir — sind durch ein Wunder gerettet !... Mailand bombardiert !... Was für eine Nacht, was für eine Nacht!“
    Juni, Juli, August. Neunzig Tage, fünfhundert Zeitungen. Besichtigung der veränderten Stadt.
    Die im Verkehr verbliebenen Autos mit ihren weißbemalten Kotflügeln erinnern an dicke Frauen, die ihre Röcke aufheben, um eine Furt zu durchschreiten, und dabei die weiße Unterwäsche zeigen.
    Die anderen schlummern in den Garagen, wo es mehr nach Kleiderablage als nach Benzin riecht. Es ist nicht sehr ruhmvoll: auch die Polsterung eines Autos, sogar eines Achtzylinders, ist ohne Naphthalin eine Beute der Motten. Die Autos sind mit gelbem Papier oder mit schmutzigen Decken zugedeckt; jetzt fürchten sie sogar den Staub. Kein Herzklopfen erschüttert sie, auch wenn man auf die wichtigsten Knöpfe drückt; man hat ihnen das Herz genommen. Ihre Batterien lagern in einer Kammer, ein Krankenwärter fühlt ihnen dann und wann den Puls, und wenn er merkt, daß er zu schwach ist, setzt er sein kompliziertes Armaturenbrett mit Drähten und Voltmetern in Gang und vollzieht die Bluttransfusion von der elektrischen Zentrale her.
    Alles riecht hier nach Naphthalin wie in den Wohnungen der alten Frauen; die Autos tragen auch sonderbare Kopfbedeckungen, und sie sehen tatsächlich aus wie würdige alte Frauen im Lehnstuhl. „Man hört, daß viele mit

Weitere Kostenlose Bücher