Enthuellungen eines Familienvaters
einer Art Kohlensparherd an Stelle eines Benzinmotors herumfahren“, sagt ein schwarzer Sechssitzer.
„Es gibt auch welche mit Flaschen“, sagt ein blaues Kabriolett.
„Sie haben kein Schamgefühl mehr“, seufzt ein stahlgrauer Rennwagen.
Dann und wann kommt ein neuer Gast und berichtet von sonderbaren Abenteuern: „Ich bin gestern mit Methangas gefahren. Aber dann haben sie bemerkt, daß die Kanister mit Benzin statt mit Gas gefüllt waren.“
Ich ging mein Auto besuchen. Auf dem Sitzpolster schlief eine große Katze. Ein Glück, daß es noch zu irgend etwas gut ist! Mailand ist von Fahrrädern überflutet; und das ist recht und billig, denn für jedes stillgelegte Auto arbeiten wenigstens vier Räder. Alle haben ein Fahrrad, auch die, die es nicht benützen können. Sie begnügen sich damit, ihr Rad an der Lenkstange spazierenzuführen. An Sonntagen sind die Straßen mit Fahrrädern übersät. Ich habe bis Ende August widerstanden; dann bin ich der Versuchung erlegen und habe mein altes Fahrrad vom Dachboden herabgeholt. Welche Freude! Ich brachte es zum Mechaniker und ließ mir von ihm die Mäntel, die Schläuche, die Lenkstange, den Sattel, die Kotflügel, die Kette, die Pedale und die Gabel auswechseln; dann ließ ich es durch doppelte Übersetzung, elektrische Scheinwerferanlage, Winker, Kilometerzähler, Gepäckträger, Zeitungsbehälter, Kettenschutz, Rückstrahler, Vorderradbremse und Rücktritt, Kleiderschutz, automatische Glocke und diebstahlsicheres Schloß komplettieren, kaufte mir ein paar kurze Hosen, ein rot-gelbes Leibchen, eine weiße Mütze, eine Brille, Karten und Pläne, und begab mich auf die Reise. Die Unternehmung war ein bißchen gewaltig, aber ich schwor, um jeden Preis die einhundertzwanzig Kilometer zwischen Mailand und Margherita zu überwinden.
Ich muß gestehen, daß mich die Fahrt etliches Geld gekostet hat, denn sie hat drei Tage gedauert, die Hotels sind teuer, und ich habe für meinen und meines Fahrrades Transport von Piacenza bis Fidenza im Taxi 128 Lire ausgegeben; dafür bin ich aber frisch wie eine Rose bei Margherita angekommen, „Margherita, um dich zu besuchen, habe ich mit dem Rad zwölf Millionen Zentimeter Straße zurückgelegt. Ich bin noch ganz wacker, meinst du nicht?“
Juni, Juli, August, September, Oktober.
Am 5. November ist Margherita heimgekehrt, und es wurde mir von Augenzeugen versichert, daß sich die süße Gefährtin meiner sechshundertzehn Kubikmeter zum Zeichen des Entsetzens schon die Haare gerauft hatte, als der Eisenbahnzug kaum über die Po-Brücke gefahren war. Offensichtlich müssen einige Anzeichen von Unordnung, die ich in diesen fünf Monaten des Alleinseins in unseren Zimmern angerichtet hatte, bis in die Gegend um Piacenza gedrungen sein.
Drei Tage stieg ich über überschwemmte Fußböden, balancierte zwischen Leitern, auf deren obersten Sprossen die anerkannt robustesten Frauen des Bezirks standen, den Plafond kehrten und die Kabel der elektrischen Leitung reinigten. Bald war wieder alles auf seinem Platz. Auch die famose große Reisetasche.
„Es war eine wunderbare Idee, diese Reisetasche mitzunehmen“, erläuterte Margherita. „Während dieser Monate habe ich so viel für das Kind gekauft; wo hätte ich das alles hingetan, wenn ich die Reisetasche nicht gehabt hätte?“
Und ihre großen schwarzen Augen sagen: „Giovannino, Giovannino...“
Der Schutzenge
Giacinto hat es zu arg getrieben.
Giacinto ist mein Schutzengel; Er mag vom beruflichen Standpunkt ein ausgezeichneter Schutzengel sein, aber privat hat er einen Sack voll Fehlern. Er ist neugierig; ich brauche nur den Kopf plötzlich zu wenden, wenn ich einen Brief schreibe, um Giacinto dabei zu überraschen, daß er, über meine Schultern gebeugt, die Worte zu lesen versucht, die aus meiner Feder kommen.
Er ist auch eitel und vergnügungssüchtig.
Wenn ich bisher nicht von Giacinto (mein Schutzengel behauptet, so zu heißen) gesprochen habe, geschah es aus Zartgefühl, aus Rücksicht auf die verdienstvolle Gilde der Schutzengel im allgemeinen .
Doch nun hat es Giacinto zu arg getrieben, und eine weitere Zurückhaltung meinerseits könnte als Schwäche ausgelegt werden. Giacinto, sagte ich, hat einen Sack voller Fehler. Er ist neugierig, eitel und vergnügungssüchtig.
Als ich mich einmal unversehens umdrehte, während ich auf die Tasten meiner Schreibmaschine klopfte, bemerkte ich in meinem Rücken einen unbekannten Engel. Giacinto war in eigenen
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