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Enthuellungen eines Familienvaters

Enthuellungen eines Familienvaters

Titel: Enthuellungen eines Familienvaters Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Giovannino Guareschi
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hingestreckt auf den Treppenabsatz und versperrt so mit seinem Körper die Treppe. Hundert und aber hundert Kugeln kollern übereinander und versammeln sich an dem unerwarteten Hindernis; solange Giovannino ausgestreckt liegenbleibt, bleiben auch die Papierkugeln ruhig, aber wenn Giovannino sich erhebt, werden sie ihre Flucht über die Stufen wiederaufnehmen.
    Man muß also ganz ruhig bleiben, bis die süße Frau alle Ausreißer wieder in die Wohnung gebracht hat. Dann erst kann Giovannino seinen Gang wiederaufnehmen und das Erdgeschoß erreichen.
    Doch über dem väterlichen Haupt wacht hinterhältig der Artillerist Albertino; und die härteste der Papierkugeln schlägt nach einem Flug über vier Stockwerke hart auf Giovanninos Kopf ein.
    Das ist eine trübe Geschichte, und ich könnte noch weitere schauderhafte Episoden erzählen. Aber ich will nicht einmal daran denken, daß ich eines Tages in aller Eile nach Bologna fahren mußte, meine Reisetasche ergriff, die immer mit allen nötigen Utensilien vollgepackt bereitsteht, und daß ich, in der fernen und bedeutenden Stadt angekommen, die Tasche öffnete und nur Papierkugeln sah. Ich erwähne lediglich, daß ich die zweiundvierzig Jahrgänge des „Corriere della Sera“ vergeblich suchte, die ich in einer großen Kiste eifersüchtig hütete, um sie einmal binden zu lassen und mir dadurch eine Bibliothek zu schaffen, die meine Bildung heben und meinen künstlerischen Geschmack läutern sollte. Da wurde ich tieftraurig; wozu war die jahrzehntelange Arbeit der trefflichen Redaktion gut gewesen, wenn von ihr nichts übrigblieb als ein paar hundert Papierkugeln? Ich mußte darauf verzichten, mir Bildung anzueignen und meinen künstlerischen Geschmack zu läutern. Dann verzichtete ich auch auf mein Arbeitszimmer, weil sich die Papierkugeln wie Heuschrecken überall angehäuft hatten, wo immer sie eine ebene Fläche vorfanden, und zog mich in die Küche zurück. Aber jetzt habe ich die Geduld verloren. Denn heute habe ich wirklich und wahrhaftig drei Bankanweisungen nicht wiedergefunden. „Ich bin nicht sehr gebildet“, antwortete unwillig die ausgezeichnete Frau, die mich zum Gatten gemacht hatte, auf meine Bitte um Aufklärung, „aber ich bin immerhin noch imstande, eine Bankanweisung von einem gewöhnlichen Papierfetzen zu unterscheiden.“
    Ich tauchte in die Papierkugeln hinein und bemerkte etwas Schreckliches. Ein gewisser Prozentsatz war entschieden von geringerem Kaliber als die anderen. Es waren genau siebenundneunzig. Ich habe sie alle mit zitternden Händen aufgemacht. Und ich fand Stücke von Bankanweisungen, Banknoten, Lebensmittelkarten, Photographien, Empfangsscheinen, Briefmarken.
    Ich ging auf die Suche nach Albertino und entdeckte ihn im Badezimmer, vor dem kleinen Emailgefäß kniend, das er gewöhnlich für andere Zwecke verwendet. Das Gefäß war voll Wasser, und im Wasser waren meine Visitenkarten und ein kleines Sparkassenbüchlein eingeweicht.
    „Armes, liebes Engelchen!“ rief bewegt die grausame Herstellerin des kleinen Gesellen. „Auch er fabriziert Papierkügelchen, damit’s sein lieber Papa diesen Winter schön warm hat!“
    Aber sein Papa hatte es auch jetzt schon ganz schön warm. Das sagte ich ihr laut, und die Bewohner der umliegenden Häuser zeigten sich an den Fenstern und fragten, wen man da im vierten Stock des Achtzehnerhauses umbringe.
    „Nimm dir ein Beispiel an deinem Sohn“, sagte mir die ausgezeichnete Dame streng. „Statt zu schreien, solltest du auch einige Papierkugeln machen.“
    Ich dachte, ich würde nur eine Papierkugel gern machen — aus meinem Geburtsschein. Aber wozu einen Schein vernichten? Was geschehen ist, ist geschehen, armer Giovannino!
    P. S. — Ich bitte um Entschuldigung, wenn allerlei in diesem Bericht nicht recht verständlich ist. Ich hatte ihn in ordentlicher Maschinenschrift geschrieben, aber auch ein gutes Manuskript kann, wenn es in Wasser eingeweicht und dann zu einer Kugel geformt wird, selbst wenn man es nachher mit Sorgfalt wieder auseinanderfaltet und bügelt, seine ursprüngliche Frische nicht bewahren.

    Ich hatte mich entschlossen, den Nachmittag meiner persönlichen Erholung zu widmen. Kaum hatte sie gesehen, wie ich mir’s in meinem Lieblingslehnstuhl ordentlich bequem machte, teilte mir daher die ausgezeichnete Verwalterin meiner familiären Unannehmlichkeiten unumstößlich mit: „Man muß noch heute die Kartoffelration abholen; damit müßtest du dich befassen, Giovannino, denn

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