Enthuellungen eines Familienvaters
Ihres vierten Stocks, wie Sie sie nennen, ist aus dem Bett gefallen.“
Camillo brummte, daß man die Person nicht einen Augenblick allein lassen könne, ohne daß sie etwas anstellte, und entfernte sich.
Aber wenn ich Giacinto vorgeworfen habe, daß er mich nicht vor Margherita bewahrt hat, war das sehr dumm von mir. Margherita, das süße Geschöpf, das der Himmel mit vollen Händen auf meinen Weg gestreut hat, hat niemals eine Gefahr für mich gebildet.
Und nur um Giacinto eine Anklage ins Gesicht zu schleudern, habe ich abscheulich gelogen.
Das rechtfertigt jedoch nicht die Reaktion Camillos. Camillo fand ja geradezu, daß ich eine Gefahr für Margherita bilde. Das ist respektlos, das ist unverschämt! Nicht genug damit: Camillo, bis vor kurzem ein gewissenhafter, pünktlicher, pedantischer Schutzengel, dieser Camillo läßt Margherita nicht nur unbehütet, sondern äußert sich auch noch wenig rücksichtsvoll über sie.
Es ist Giacinto gelungen, auch noch Camillo zu verderben. Dann wird die Reihe an Roberto kommen. Und das wäre der Gipfel! Ich kann zulassen, daß Giacinto sich nicht um mich kümmert, ich kann zulassen, daß Camillo sich nicht um Margherita kümmert, aber ich könnte niemals zulassen, daß Roberto sich nicht um mein Kind kümmert.
Das Maß ist voll. Es muß etwas geschehen!
Ich habe ein Inserat in die Zeitung gegeben: „Vierunddreißig-jähriger Berufstätiger, gute Erscheinung, moralisch, mit Familie, einzigem Sohn, Radio, warmem Bad, sucht seriösen, fleißigen, zärtlichen Schutzengel. Nur mit Namensangabe und detaillierter Angabe der früheren Dienstplätze...“
Vierundzwanzig Stunden später bekam ich schon zwei Offerten, die erste von einem gewissen Gerolamo, der von 1835 bis 1910 bei Mark Twain gearbeitet hat und seither stellungslos sei, die zweite von einem gewissen Giuseppe, der immer bei Beamten und Handwerkern tätig war.
Wenn ich keine weiteren mehr bekomme, werde ich Giuseppe engagieren; er dürfte gut zu mir passen. Von alldem darf Margherita jedoch nichts wissen.
Margherita darf nur Dinge wissen, die sie lächeln machen, während ihre großen schwarzen Augen sagen: „Giovannino, Giovannino...“
Krieg ist Krieg!
Ich war ins Theater gegangen. Als ich herauskam, hatte sich der dichteste Nebel, den der liebe Gott geschaffen hat, um die moderne Architektur vor den Augen der Sterblichen zu verbergen, herniedergesenkt und die Luftschutzfinsternis undurchdringlich gemacht.
Es gelang mir, mich in ein Taxi zu schwingen; ich teilte dem Chauffeur den Namen meiner Straße und meine Hausnummer mit.
Dann begann ich, mich zu wundern.
Wenn es in dieser ungewöhnlichen Stadt Nebel gibt, dann ist das ein richtiger Nebel; die Fahrzeuge würden einen Schneepflug brauchen, um ihn zu zerteilen. Kommt dazu noch absolute Finsternis, muß man die Sicherheit bewundern, mit der ein Autofahrer durch die völlig unsichtbaren Straßen steuert.
»Ihr seid ja keine Menschen mehr, sondern Phänomene“, bemerkte ich nach einiger Zeit voll Bewunderung.
„Ach, das ist nichts Besonderes“, antwortete der Chauffeur schlicht. „Es ist einfach unsere unerhörte Vertrautheit mit den Straßen! Wundern Sie sich denn über eine Stenotypistin, die mit geschlossenen Augen einen Brief auf der Maschine schreibt?“
„Nein“, gab ich zu, „aber zwischen einer Schreibmaschine und einem Auto besteht doch ein gewisser Unterschied.“
„Wieso?“ fragte der Chauffeur. „Wenn die Schreibmaschine vier Räder und statt der Tasten einen Volant hätte, was wäre dann noch für ein Unterschied gegenüber einem Auto?“
Ich gab zu, daß seine Überlegung von einzigartiger Logik sei, aber ich konnte mich nicht enthalten, meiner Verwunderung weiterhin Ausdruck zu geben. „Wir kennen Mailand, wie Sie Ihre Taschen kennen“, schloß der Chauffeur. „Braucht Ihre Hand denn eine Beleuchtung, um irgend etwas in Ihrer Tasche zu finden? Setzen Sie an die Stelle der Hand den Chauffeur, an die Stelle der Tasche Mailand und an die Stelle der Gegenstände in Ihrer Tasche Straßen. Gassen und Plätze, und Sie werden sehen: es ist kein Unterschied! — Wir sind da, mein Herr!“
Ich stieg aus, zahlte und gab ihm ein fürstliches Trinkgeld.
Das Auto tauchte wieder in den Nebel, ich aber begab mich zur Haustür und steckte den Schlüssel ins Schloß. Kurz darauf setzte ich mich auf die Stufen vor einem Laden, schlug den Mantelkragen hoch und wartete auf das Tageslicht.
Denn wenn man im Zentrum wohnt und sich mitten
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