Enthuellungen eines Familienvaters
entziehen können, wenn ich den Hosenriemen ganz eng schnallte.
An dieser Stelle will ich nicht von den Hunden sprechen. Von den Hunden soll man nur heiteren Sinnes sprechen, und ich bin unfähig, die Hunde objektiv zu betrachten. Denn der Verbrecher, der sich meine Ablenkung zunutze machte und die auf meinem Mantel vereinten Kartoffeln zerstreute, war ein Hund. Erst mit der siebenten Kartoffel kann ich ihn treffen, und da steht auch schon jemand neben mir, der meine Handlungsweise verwerflich findet: „Man muß heutzutage schon ein Krimineller sein, um Kartoffeln hinter Hunden herzuschmeißen.“
Nun wird es dunkel, und mein trautes Heim ist noch weit. Ich bekomme eilends die flüchtigen Knollen wieder zu fassen, schwinge mein Bündel wieder auf den Rücken und schreite rüstig fürbaß. Aber ich komme nicht weit. „Ich weiß nicht, was für einen Geschmack man daran finden kann, Kartoffeln auf die Gehsteige zu säen“, bemerkt jemand hinter mir. „Es ist kein sehr geeigneter Boden für eine gute Ernte.“
Ich bemerke, daß ich unbesonnen gehandelt hatte; vor allem hätte ich die Ärmel meines Mantels zubinden müssen. Abgesehen von allem anderen hätte ich dadurch das dumme Wortspiel von „Kartoffeln, die man aus dem Ärmel schüttelt“ vermieden.
Natürlich kann ich nicht mehr alle Knollen zurückgewinnen; sonst müßte ich mit bewaffneter Hand die Taschen von mindestens zehn Mitbürgern und Mitbürgerinnen durchsuchen. Ich verzichte darauf und setze meinen Weg fort.
Ich beginne daran zu zweifeln, daß ich aus eigener Kraft je wieder zu meinem Albertino und seiner liebenswürdigen Herstellerin gelangen kann. Und da es leichter ist, eine Kartoffel zu erwischen als ein Taxi, beschließe ich, die Straßenbahn zu besteigen.
Ich bin ein recht unbequemer Fahrgast mit meinem Bündel auf dem Rücken und dem kartoffelgeschwellten Hemd, aber die Leute verstehen und verzeihen.
„Er ist ein Vater, der sich aufopfert und der sich den Mantel vom Mund abspart, um seinem Söhnchen Kartoffeln geben zu können“, erklärt ein Herr seinem Knaben. Mein Herz ist voll Stolz, aber in der Straßenbahn sind die Halteriemen sehr hoch oben!
Als ich bei einem plötzlichen Ruck des Wagens instinktiv die freie Hand nach einem Halteriemen ausstrecke, schlüpft mir das Hemd, das infolge der ungewohnten Belastung ohnehin schon nicht mehr ganz fest sitzt, aus der Hose, und die Kartoffeln prasseln zu Boden. Ich drehe mich nicht einmal um. Ich überlasse sie ihrem Schicksal. Denn das Gros der Kartoffeln ist ja in dem Bündel auf meinen Schultern ohnehin in Sicherheit.
Auf dem Maria-Adelaide-Platz steige ich, so Gott will, aus. Als letzter, weil so viele Leute da sind; aber es gelingt mir.
Hier müßte ich von den automatischen Türen der mailändischen Straßenbahnen sprechen. Ich werde es nicht tun. Giovannino spricht spricht nie ein häßliches Wort aus, er denkt es sich nur.
Und dann ist es ja niemandes Schuld. Als der Fahrer sieht, daß Giovannino unten ist, schließt er. Er kann sich ja nicht vorstellen, daß es da unmittelbar hinter Giovannino noch ein kartoffelgefülltes Bündel gibt. So bleibt das Bündel in der Falle, Giovannino, der seinen Mantel zärtlich liebt, zieht ihn verzweifelt an sich, und der Mantel kommt heraus, aber die Kartoffeln bleiben im Innern des Wagens.
Das wäre alles. Als mich die ausgezeichnete Frau, die mich schon als Knaben gekannt hatte, heimkommen sah, fragte sie mich: „Und die Kartoffeln?“
Während des ganzen Weges von der Haltestelle bis zum Hause hatte ich zärtlich die einzige Kartoffel gestreichelt, die mir in der Manteltasche verblieben war. „Da sind sie!“ antwortete ich mit feinster Ironie, indem ich die Kartoffel aus der Tasche zog und ihr hinhielt.
„Hotto!“ rief Albertino fröhlich aus.
Tatsächlich scheine ich auf der Straße nicht nur Kartoffeln aufgelesen zu haben, denn Albertino hatte recht. Es handelte sich wirklich um etwas, das mit Pferden zusammenhing.
Die holdselige Gefährtin meiner Sonderzuteilungen sah mich schmerzlich lächelnd an, und ihre großen schwarzen Augen sagten: „Giovannino, Giovannino...!“
Über den Umgang mit Menschen
Gestern abend war ich mit meinem Freund Luigi im Kino. Nach der Vorstellung wollte mich Luigi, stets liebenswürdig, nach Hause begleiten Unterwegs sprachen wir bittere Worte über Schauspieler, Regisseure, Drehbuchautoren und Kameramänner. Daraus ergab sich eine Diskussion, die uns, ohne daß wir es bemerkten, bis vor meine
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