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Enthuellungen eines Familienvaters

Enthuellungen eines Familienvaters

Titel: Enthuellungen eines Familienvaters Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Giovannino Guareschi
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dem lieben Gott für seine Hilfe und beschloß, mit den fünf Tieren ein Abschlußexamen durchzuführen.
    Er führte sie in den Garten, gab ihnen Futter und Zärtlichkeiten, ließ sie sich auf dem Rasen vor ihm hinstrecken und begann mit sanfter Stimme, sie auszufragen.
    Die erste Frage richtete er an den Esel.
    „Wer bist du?“ fragte der Weise den Esel.
    „Ein Pferd“, antwortete der Esel mit bewundernswerter Sicherheit. Der Weise wandte sich an den Ochsen: „Und du, wer bist du?“
    „Ein Löwe“, antwortete der Ochse mit kühner Miene.
    Der Weise wandte sich an die Henne. „Und du, wer bist du?“
    „Ein Adler“, antwortete die Henne, indem sie die Klauen herausstreckte.
    Der Weise wandte sich an das Pferd: „Und du, wer bist du?“
    „Ein Mensch“, antwortete das Pferd und fügte hinzu: „Ich wäre Ihnen verbunden, wenn Sie mich mit Sie ansprechen wollten. Ich denke doch, daß wir zwei niemals zusammen in der Kneipe gesessen sind!“
    Der Weise wurde betrübt und sah mit Tränen den Hund an.
    „Du Ärmster“, sagte der Hund gutmütig und warf ihm einen Knochen hin. „Sie behandeln dich schlecht, aber verliere den Mut nicht; ich weiß, daß du mir treu bist, und ich werde dich beschützen.“
    Und als er sah, daß der Weise nicht aufhörte zu weinen, fügte er hinzu: „Wir gehen weit fort von diesem undankbaren Gesindel, und ich werde dich das Bellen lehren.“

    Ein Mann kam zum Doktor H. J. Bommer.
    „Etwas höchst Sonderbares geht vor sich“, erklärte der Mann. „Seit mehr als zwölf Jahren besitze ich eine Kaffeemühle, die immer ausgezeichnet funktioniert hat; ich gab Kaffeebohnen hinein, sie lieferte mir gemahlenen Kaffee. So war es bis vor einer Woche. Vor einer Woche nahmen die Dinge eine eigenartige Wendung. Vergangenen Montag schüttete ich wie immer geröstete Kaffeebohnen in den Trichter und drehte wie immer die Kurbel; als ich aber die Lade herauszog, fand ich nicht Kaffeepulver, sondern weißes Pulver.“
    „Weißes Pulver?“ fragte Doktor H. J. Bommer.
    „Weißes Pulver, oder vielmehr Kastanienmehl“, erklärte der Mann. „Ich dachte, es sei am Mechanismus etwas kaputt, und ließ ihn von einem Spezialisten untersuchen; doch er war in Ordnung. Ich schüttete nochmals gerösteten Kaffee in den Trichter und drehte wiederum die Kurbel; dann zog ich die Lade heraus und fand sie voll Zitronensaft. Tags darauf schüttete ich wiederum gerösteten Kaffee in den Trichter, drehte die Kurbel — und fand nichts in der Lade.“
    „Nichts?“ fragte Doktor H. J. Bommer.
    „Nichts, nicht das geringste Etwas“, versicherte der Mann. „In der Folge fand ich, obwohl ich immer ausgezeichneten gerösteten Kaffee in den Trichter gab, Tamarindenmark, Marmelade, Nelkengewürz, Pfeffer. Knöpfe, Sicherheitsnadeln und frische Blumen.“
    „Gemahlene frische Blumen, wollen Sie sagen.“
    „Ganze frische Blumen: eine gelbe Rose, eine Marguerite und eine Orchidee. Aber das ist alles noch gar nichts.“
    Doktor H. J. Bommer wurde noch aufmerksamer.
    „Seit gestern macht die Mühle etwas noch Eigenartigeres: ich schütte gerösteten Kaffee hinein, und heraus kommt Musik.“
    „Musik?“
    „Ja, Musik! Es klingt wie eine Lyra. Klassische Stücke, fast alles aus dem siebzehnten Jahrhundert.“
    „Und der Kaffee?“
    „Verschwindet. Die Lade ist leer, und der Trichter ist leer.“
    Der Mann wickelte ein Päckchen aus und zog eine Mühle hervor. „Hier ist sie“, erklärte er. „Sehen Sie: ich schütte gerösteten Kaffee in den Trichter, drehe die Kurbel, und man hört Musik.“
    Der Mann schüttete gerösteten Kaffee hinein und drehte die Kurbel. Doktor H. J. Bommer beobachtete ihn mit Interesse.
    „Hören Sie die Musik?“ fragte der Mann.
    Doktor H. J. Bommer hörte nur das Knistern der Bohnen, die zerrieben wurden. Doch er nickte.
    „Ja, ich höre“, antwortete er.
    Der Mann legte die Mühle auf den Tisch und breitete die Arme aus. „Der Mechanismus ist in Ordnung. Meiner Meinung nach ist die Mühle verrückt geworden. Sie sollten sie in Ihre Klinik aufnehmen.“
    „Natürlich“, sagte Doktor H. J. Bommer, „natürlich.“
    Er rief zwei Wärter und ließ den Mann in eine gut gepolsterte Zelle bringen.
    Als Doktor H. J. Bommer allein geblieben war, begann er zu lachen. Er schaute die Mühle an; im Trichter befand sich noch Kaffee. Der Doktor schüttelte den Kopf, nahm die Mühle zwischen die Knie und drehte die Kurbel.
    Und er hörte die süßen Töne eines Musikstücks von

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