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Enthuellungen eines Familienvaters

Enthuellungen eines Familienvaters

Titel: Enthuellungen eines Familienvaters Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Giovannino Guareschi
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Scarlatti. „Entlaßt den Mann von vorhin und gebt diese Mühle an seine Stelle!“ befahl der Doktor den beiden Wärtern, die auf seinen Ruf herbeigeeilt waren.
    „Ja, Herr Doktor“, antworteten die beiden Wärter. Und sie packten Doktor H. J. Bommer an den Schultern und sperrten ihn in eine gut gepolsterte Zelle.

    Der Kanzleidiener erschien an der Tür.
    „Herr Doktor“, sagte er, „dieser Doktor Ribeletti ist da...“
    Der Advokat Tolei machte eine ungeduldige Handbewegung und schnaubte: „Sagen Sie ihm, er soll sich zum Teufel scheren! Er soll mir nicht mehr vor die Augen kommen!“
    „Schön, Herr Doktor“, antwortete der Diener. „Ich sage es ihm gleich.“
    Und er ging auf die Tür zu. Aber Doktor Tolei rief ihn zurück: „Warte!“ Denn nicht alle Aufdringlichen können zum Teufel geschickt werden; es gibt einfache Aufdringliche, aber es gibt auch die Aufdringlichen, die eine Empfehlung von einem großen Tier in der Tasche haben, und diese in die Hölle zu schicken, wäre fast dasselbe, wie das große Tier zur Hölle zu schicken.
    Und dieser Doktor Ribeletti, der da auf den Doktor Tolei wartete, hatte eine Empfehlung in der Tasche. Was war da zu tun?
    „Also, was soll ich ihm sagen?“ fragte der Diener nach einer Weile. „Sag ihm, ich sei beschäftigt“, antwortete Doktor Tolei nach reiflicher Überlegung.
    Der Diener ging hinaus. Kurz darauf hörte man die Stimme Doktor Ribelettis im Vorzimmer: „Danke, ich warte.“
    Der Advokat zerbiß wütend den Federstiel, den er in der Hand hielt. „Der Kerl wartet!“ wimmerte er. „Er hat also nicht verstanden, daß ich ihn niemals empfangen werde, und sollte die Welt in Trümmer gehen!“
    Dieser Doktor Ribeletti mußte wirklich ein bißchen stumpfsinnig sein, wenn er das noch nicht begriffen hatte; denn schon zum drittenmal innerhalb von zwei Tagen hörte er die Worte wiederholen: „Der Herr Doktor ist beschäftigt.“
    Doktor Tolei war nunmehr überzeugt davon, daß er es mit einem blöden Kerl zu tun hatte, einem blöden Kerl, den er jedoch nicht mit einem Tritt hinausbefördern konnte, weil er ein empfohlener blöder Kerl war. Der Advokat entschloß sich also zur Methode der passiven Resistenz.
    Am Morgen des folgenden Tages meldete der Diener neuerdings: „Da ist wieder dieser Doktor Ribeletti...“
    „Hast du ihm gesagt, daß ich beschäftigt bin?“ fragte der Advokat. „Ja, Herr Doktor“, antwortete der Diener verzweifelt. „Aber er hat gesagt, er will warten.“
    „Krepieren soll er!“ grinste der Advokat, nahm seine Arbeit wieder auf und vergaß den aufdringlichen Kerl vollkommen. Als er zu Mittag die Kanzlei verlassen wollte, sagte der Diener bekümmert: „Herr Doktor, Sie können nicht fortgehen; er ist noch im Vorzimmer, er wird Sie sehen. Er hat sich Essen bringen lassen, er ißt hier, hat er gesagt, so spart er das Geld für die Straßenbahnfahrt.“ Der Advokat sah, daß er verloren war. „Zu dumm!“ rief er wütend. „Das ist ja... Na, wenn ich den zwischen meine Finger kriege, den erwürge ich, so wahr ich lebe!“
    Der Diener hatte einen Genieblitz: „Die Tür auf die Treppe!“
    Die Kanzlei war mit dem Stiegenhaus durch eine direkte kleine Tapetentür verbunden; doch vor die Tür hatte man einen schweren Schrank gestellt. Mit Hilfe des Dieners konnte der Advokat ihn wegschieben und sich stillschweigend in Sicherheit bringen. Am Nachmittag betrat der Advokat seine Kanzlei wieder durch diese Tür.
    „Er ist noch da“, benachrichtigte ihn der Diener prompt.
    „Soll er dableiben!“ rief der Advokat böse.
    Von nun an betrat Doktor Tolei nie wieder sein Vorzimmer, sondern kam und ging immer durch die Tapetentür. Das Vorzimmer passierten lediglich die Klienten, die bald glaubten, daß dieser Doktor Ribeletti ein Portier oder so was Ähnliches sei. Und er war, wie der Diener dem Advokaten berichtete, tatsächlich ein wahres Wunder an Pünktlichkeit geworden: er kam morgens fünf vor acht, nahm sein frugales Essen im Vorzimmer ein und ging abends um neunzehn Uhr fünfzehn.
    Eines Tages meldete der Bürodiener bekümmert seinem Prinzipal: „Jetzt geht er abends nicht mehr nach Hause; er hat sich ein kleines Feldbett bringen lassen, das er tagsüber hinter dem Wandschirm verbirgt und nachts mitten im Zimmer aufstellt!“
    Einige Zeit verging.
    Eines Tages hörte der Advokat aus dem Vorzimmer das Ticken einer Schreibmaschine. Was war denn das nun wieder? Seine eigene Schreibmaschine hatte der Advokat vor sich, und eine

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