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Entmündigt

Entmündigt

Titel: Entmündigt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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Jahr noch etwas anderes aufziehen! Etwas ganz Revolutionäres! Wir werden am Rosenmontag einen zünftigen Anstaltskarneval feiern!«
    Eine Lernschwester lachte laut auf. Maggfeldt sah sie ernst an.
    »Hoffentlich finden Sie auch alles so lustig, wenn Sie in der Hölle drin sind!« sagte er. »Und nun los!«
    Er nahm aus Pades Hand die lange Liste der Stationsmeldungen, überflog sie beim Gehen und sah auf den ersten Blick, mit welchen ›Fällen‹ er sich eingehend befassen mußte.
    Eine Erotomanin. Ein Epileptiker mit Neigung zu Selbstverstümmelungen. Ein Schizophrener, der dauernd schrie und sich die Ohren zuhielt, weil er Tag und Nacht die Trompeten von Jericho zu hören glaubte. Und ein Mädchen, das sich einbildete, Lots Frau zu sein und zur Salzsäule erstarrt war. Sie war steif wie ein Brett, mußte ins Bett gelegt werden, mußte herumgetragen werden … sie selbst rührte sich nicht. Sie stand oder lag mit angelegten Händen herum, wie aus Stein gehauen. Nur der Elektroschock löste ihre Starre. Wenn sie aufwachte, war sie wieder die ›Salzsäule‹.
    Professor v. Maggfeldt nahm einen dünnen Rotstift und kreuzte den Namen von ›Lots Weib‹ an. Dann reichte er die Liste Dr. Pade zurück.
    »Die tragen Sie mir ins Behandlungszimmer!« sagte er.
    Die erste Station war erreicht. Der Stationsarzt empfing Maggfeldt wie ein Zugführer, der dem Kompaniechef seine Einheit meldet. Er schnurrte seine Meldung herunter. Abteilung Ia G. Die geschlossene Schizophrenen-Abteilung. Die Unheilbaren.
    Über die Rücken der Lernschwestern kroch es kalt, als sich die Tür öffnete wie ein Höllenschlund …
    Zwei Tage später packte Ärzte und Personal der ›Park-Klinik‹ blankes Entsetzen.
    In der Nacht waren zwei triebhafte, schwachsinnige Psychopathen ausgebrochen. Sie mußten es lange vorbereitet haben, sie hatten die Angeln der Fensterläden, die abends zur Sicherheit geschlossen werden, losgeschraubt und waren fünf Meter tief hinuntergesprungen in ein Blumenbeet, das den Sprung dämpfte. Dann waren sie durch den Park zur Gärtnerei gelaufen, hatten eine lange Leiter geholt und waren über die Mauer in die Freiheit gestiegen.
    Nach einigen Minuten Fußmarsch durch die Nacht hatten sie eine Taxe angehalten, den Fahrer erwürgt, in den Kofferraum gelegt, und einer hatte sich selbst ans Steuer gesetzt. In der Stadt fuhren sie zwei Stunden lang kreuz und quer durch die Straßen, bis sie auf ein junges Mädchen trafen, das offensichtlich auf Herren wartete. Sie luden es ein, rasten mit dem Wagen in die Vorstadt und begingen in einer Parkanlage einen grauenhaften Lustmord.
    Nach dieser Tat bekamen sie Streit miteinander, weil sie sich nicht einigen konnten, ob sie die Leichen in den Fluß werfen oder vergraben sollten, setzten sich wieder in den Wagen und fuhren blutverschmiert zur nächsten Polizeiwache. Fröhlich marschierten sie in den Revierraum, stellten sich vor, zeigten ihre blutigen Hände und sagten:
    »Geht mal 'raus Jungs. Draußen im Wagen liegen zwei Tote.«
    Professor v. Maggfeldt wurde um drei Uhr früh aus dem Bett geklingelt. Auch Dr. Pade zuckte hoch, als neben seinem Ohr das Telefon rasselte.
    Beide machten sich sofort auf den Weg zum Untersuchungsgefängnis. Die Mordkommission und ein Staatsanwalt hatten bereits die beiden Mörder verhört … sie gaben alles zu, erzählten die grauenvollen Dinge in allen Einzelheiten, mit einer deutlichen Wonne, an der sie sich berauschten. Es war von Beginn an klar, daß kein irdisches Gesetz sie zur Rechenschaft ziehen konnte. Aber zwei Menschen lebten nicht mehr.
    »Wie konnte so etwas vorkommen?« fragte der Staatsanwalt ohne Einleitung, als Maggfeldt im Untersuchungsgefängnis erschien. »Wie ist es möglich, daß aus einer geschlossenen Anstalt zwei Irre ausbrechen können? Haben Sie keine Sicherungen? Sind diese Irren nicht …«
    Maggfeldt hob die Hand. Er war rot vor Erregung und ehrlicher Empörung.
    »Ist aus einem Zuchthaus noch nie jemand ausgebrochen?« fragte er zurück. »Wir haben die denkbar besten Sicherungen … aber Wege finden sich immer!«
    »Hier sind zwei Menschen umgebracht worden. Ein Vater von vier unmündigen Kindern! Durch zwei Irre, die aus Ihrer Anstalt entflohen! Wissen Sie, was das bedeutet?« Der Staatsanwalt fuhr sich mit dem Taschentuch über die schweißige Stirn. »Man wird Sie zerreißen, Herr Professor! Sie und die ganze Psychiatrie und alles, was mit Irrenhaus zusammenhängt … Und ich sage es Ihnen gleich: Ich kann Sie nicht

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