Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Entrissen

Entrissen

Titel: Entrissen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tania Carver
Vom Netzwerk:
haben Sie gut gemacht da drinnen«, meinte er.
    Sie seufzte. »Ich habe sie angelogen.«
    »Sie haben getan, was Sie tun mussten. Was nötig war.«
    Sie schüttelte den Kopf. »Ich habe einen verletzlichen, hilflosen Menschen angelogen. Meinetwegen geht es jetzt jemandem, der einsam und krank im Kopf ist, noch schlechter als vorher.«
    »Sie haben Ihren Job gemacht, Anni.«
    Sie schwieg.
    »Kommen Sie wieder mit rein?«
    Zunächst antwortete sie nicht. Dann sagte sie: »Ich glaube, ich bleibe noch eine Weile hier draußen, wenn Sie nichts dagegen haben, Boss.«
    »Alles klar.« Phil stand auf und sah sich um. Einmal mehr fiel ihm die Trostlosigkeit des Ortes auf. Er blickte über das Feld zurück auf den Weg, den sie gekommen waren, dann schweifte sein Blick über den Wohnwagenpark. Und wieder fragte er sich, wer um Himmels willen hier seine Ferien verbringen wollte.
    Plötzlich stutzte er.
    Der Wohnwagenpark.
    »Anni...«
    Sie sah auf.
    »Als Sie die Daten zur Familie Croft überprüft haben, stand da nicht etwas von einem Wohnwagenpark?«
    Anni, die aus ihrer nachdenklichen Stimmung gerissen wurde, blickte ihn überrascht an. »Ja, da war was ...« Sie stand auf und folgte seinem Blick. »Glauben Sie etwa ...«
    »Einen Versuch ist es wert«, meinte er. »Sagen Sie dem restlichen Team, wo ich bin. Wenn ich etwas finde, komme ich zurück und gebe Bescheid.«
    Er hob seine Taschenlampe vom Boden auf und eilte über das Feld davon.
     
    Marina wich vor dem Mann zurück. Den Schraubenzieher hielt sie abwehrend in der ausgestreckten Hand.
    »Nicht...« Ihre Kehle war staubtrocken, ihre Stimme leise und krächzend. »Kommen Sie nicht näher ... sonst... ich steche zu ...« Selbst in ihren eigenen Ohren klangen die Worte hohl.
    Der Mann lächelte wieder und schüttelte den Kopf. »Nein, das wirst du nicht.« Er klang so, wie er aussah: grob, animalisch und stark. Er war groß und stämmig gebaut, mit kräftigen Gliedmaßen. Er trug eine alte Anzughose, Hosenträger und ein einstmals weißes Hemd, dessen Ärmel aufgekrempelt waren. Es war verschwitzt und fleckig. Seine Füße steckten in Arbeitsstiefeln, ein alter speckiger Mantel lag neben ihm auf dem Boden. Sein Kopf war vollständig kahl, aber seine muskulösen Arme waren dicht behaart. Das Hemd spannte sich über seinem massigen Bauch, der über den Bund seiner Hose hing, aber so aussah, als sei er hart wie Granit. Seine Augen waren wie zwei dunkle, tückische Teiche, die Haut in seinem unrasierten Gesicht leuchtete so rot wie schlechtes Blut. Wenn er lächelte, zeigte er gelbfleckige Zähne.
    »Sie ... Sie sind es, stimmt's? Sie sind derjenige, der all die ... all die Babys geraubt hat.«
    »Meine Frau, diese blöde Schlampe. Sie wollte unbedingt eins haben. Immer und immer wieder hat sie davon angefangen ... was blieb mir übrig? So hat sie wenigstens die Klappe gehalten.« Wieder lächelte er, und diesmal erreichte sein Lächeln sogar seine leblosen Augen. »Kann aber nicht behaupten, dass es mir keinen Spaß gemacht hätte.«
    »Und ...« Während Marina sprach, wich sie Schritt um Schritt vor ihm zurück. »Warum ... warum bin ich dann hier?«
    Er zeigte auf ihren Bauch. »Was wächst denn da in dir, he?«
    Marina spürte, wie ihre Beine nachgaben.
    Er lachte. Es war ein tiefes, heiseres Lachen, als ob ein Raubtier zum Brüllen ansetzt. »Mit ihr geht's ja nicht mehr weiter, stimmt's? Nicht, wenn ihr mir auf der Spur seid.« Er senkte die Stimme, sie wurde kalt und scharf. »Aber ich hab nicht die Absicht aufzuhören. Vielleicht muss ich mich eine Zeitlang verstecken. Im Untergrund leben. Bis Gras über die Sache gewachsen ist.« Noch ein Lächeln. »Und hier unten kann ich ein bisschen Gesellschaft brauchen. Wenn das Kind geboren ist, gehen wir wieder nach oben. Suchen uns ein hübsches Plätzchen. Du und ich und das Kind. Damit wir es anständig großziehen können.«
    Marina schüttelte den Kopf. Sie konnte nicht glauben, was sie da hörte. Es schien alles so unwirklich. Ein Alptraum. »Aber ... aber warum ausgerechnet ich?«
    »Weil ich dich gesehen hab.«
    »Im Fernsehen?«
    »Ja. Und vor dem Fitnessstudio. Hab dich im Auge behalten. Wusste, dass du mir irgendwann noch nützlich sein würdest.«
    »Man ... man sucht bestimmt schon nach mir ...«
    »Sie können suchen, so lange sie wollen, sie werden dich niemals finden.«
    Marina blieb wie angewurzelt stehen.
    »Und entkommen kannst du auch nicht. Es gibt keinen Weg nach draußen. Also ist es am besten, du

Weitere Kostenlose Bücher