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Entrissen

Entrissen

Titel: Entrissen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tania Carver
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Zeit immer stärker wurde. Die Luft im Tunnel war muffig und abgenutzt. Er versuchte, nicht in Panik zu verfallen, sondern sich ganz darauf zu konzentrieren weiterzukriechen. Er hatte nur die Alternative aufzuhören. Und das war keine Alternative.
    Doch dann, irgendwann, überrollte sie ihn doch: eine Panikattacke. Phil spürte, wie sich seine Brust zusammenzog, sein Atem knapp wurde.
    »Nein ... nicht jetzt...«
    Er kniff die Augen fest zusammen. Hoffentlich war es gleich vorbei. Doch der Anfall wollte nicht vorübergehen. Er musste dagegen ankämpfen, weiterkriechen. Aber er hatte keine Kraft mehr. Seine Arme schmerzten. Er konnte sich kaum noch bewegen.
    Er musste weiter. Er konnte sich nicht ausruhen. Er musste gegen die Angst und das Schwächegefühl ankämpfen, es irgendwie durchstehen. Nur nicht nachlassen. Er gab sich einen Ruck und zog sich mit den Armen weiter. Zwischendurch holte er tief Luft. Und noch mal. Und noch einmal. Gut. Er schaffte es, er kämpfte dagegen an, er konnte es besiegen ...
    Plötzlich verengte sich der Tunnel.
    »Nein, nein, nein ...«
    Es wurde immer schlimmer. Er schloss die Augen, robbte verbissen weiter. Spürte kaum die Tränen, die seine Wangen hinabrannen. Weiter, einfach nur weiter.
    Allmählich veränderte sich die Luft, wurde langsam frischer, klarer. Er hatte es geschafft. Er hatte das andere Ende erreicht.
    Er zog sich aus dem Tunnel, wälzte sich auf den Rücken und blieb einen Moment lang liegen. Er keuchte, als wäre er gerade einen Marathon gelaufen. Seine Beine zitterten, seine Lungen brannten, aber das war ihm egal. Er hatte es geschafft.
    Da ertönte wieder ein Schrei.
     
    »Du Schlampe, du dumme Sau ...«
    Er hatte sie gefunden. Marina schrie, als er sie an den Haaren packte und aus der Nische zerrte.
    »Komm her, du ... Hast wohl gedacht, du könntest abhauen, was? Mir entwischen? Ich hab den Keller hier gebaut, ich kenne jeden Winkel!«
    Er riss sie hinter sich her. Der Schmerz fuhr durch ihren Kopf den Nacken hinab. Sie schrie und zappelte und trat. Es nützte nichts. Er war zu stark.
    »Du hast mir weh getan, du Schlampe! Du hast mir verdammt weh getan ...«
    »Tun Sie mir nichts«, rief Marina hastig. »Wenn Sie mir weh tun, dann tun Sie auch dem Baby weh. Und ohne das Baby nütze ich Ihnen nichts mehr.«
    Er hielt inne und schien über das, was sie gesagt hatte, nachzudenken. Dann zerrte er sie weiter. »Aber ein bisschen Spaß kann ich trotzdem mit dir haben. Mach dir darüber mal keine Sorgen...«
    Er atmete schwer, und sein Griff war nicht so stark wie erwartet. Marina spürte ein kleines Hochgefühl. Sie
hatte
ihn verletzt. Gut.
    Aber das änderte nichts an ihrer Lage.
    Sie spürte die Tränen kaum, die ihre Wangen hinabliefen, während er sie zurück zum Käfig schleifte.
     
    Phil leuchtete kurz mit der Taschenlampe, um herauszufinden, woher der Schrei gekommen war. Er sah sich um. Eine Werkbank an einer Wand, darüber eine uralte Werkzeugsammlung. Das Lager eines Überlebenskünstlers. Er ging zur Werkbank, nahm einen schweren Zimmermannshammer vom Haken und ging weiter in die Richtung, aus der der Schrei gekommen war.
     
    Marina trat wie wild um sich. Ihre Finger versuchten verzweifelt, seinen Griff zu lockern. Die Wunde machte ihm zu schaffen, er bewegte sich schwerfälliger als zuvor, aber er war immer noch stark. Zu stark für sie.
    Während er sie hinter sich herschleifte, glaubte Marina plötzlich, etwas hinter sich zu sehen. Zunächst dachte sie, dass es bloß daran lag, dass ihre Augen sich allmählich an die Dunkelheit gewöhnten, aber nachdem sie ein paar Mal geblinzelt hatte, wurde ihr klar, dass da ein Licht war, das sich auf sie zubewegte.
    Ihr Herz begann schneller zu schlagen. Hoffnung stieg in ihr auf.
Da ist sie,
dachte sie.
Die Rettung.
Aber so schnell, wie sie gekommen war, erlosch die Hoffnung auch schon wieder. Was, wenn er einen Komplizen hatte? Was, wenn es mehr als einen Täter gab?
    Sie wusste nicht, was sie tun sollte. Aber irgendetwas
musste
sie tun.
    Sie riskierte es.
    »Hier!«, schrie sie aus Leibeskräften. »Ich bin hier!« Ihr Entführer schnaubte und drehte sich um. Sah das Licht. Einige Sekunden lang blieb er unschlüssig stehen, dann ließ er sie los und floh.
     
    Phil bog um die Ecke und blieb wie angewurzelt stehen. Zunächst dachte er, dass die Dunkelheit und der Sauerstoffmangel ihm einen Streich spielten. Er blinzelte. Es war keine Halluzination. Da war Marina. Sie lag wenige Meter von ihm entfernt auf dem

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