Entscheide dich, sagt die Liebe
schmerzten vom ständigen In-die-Breite-Ziehen und sein Schädel brummte, was bestimmt nicht am Champagner lag, denn er hatte kaum davon getrunken.
Mit schweren Schritten stapfte er nach oben in sein Schlafgemach, froh, endlich allein zu sein. Das Klackern von Absätzen ließ ihn zusammenfahren.
Madison. Er hatte sie total vergessen, hatte geglaubt, sie wäre längst in ihr Loft zurückgekehrt. Jetzt rief sie seinen Namen, verzerrte ihn dabei zu »Pa-ou-lou«, und kam ihm hinterher. Ihre Wangen glühten, in den Augen lag ein fiebriger Glanz. Sie war beschwipst.
Er unterdrückte ein Stöhnen. »Ich dachte, du hättest dich schon verabschiedet.«
Sie stolperte auf ihn zu und fiel ihm um den Hals. »Aber, Darling, wir müssen doch unsere Verlobung vollziehen.« Sie lachte, wie immer ein wenig zu schrill, sah ihn aufreizend von unten an und präsentierte dabei tiefe Einblicke in ihr Dekolleté.
»Also gut«, sagte er trocken. »Das kannst du haben.« Er packte ihren Arm und zog sie ins Schlafzimmer.
Sie bedeckte sein Gesicht mit Küssen, während ihre Hände sich nach unten streichelten, fanden, was sie suchten, und Paolos Lust entfachten. Etwas in ihm bäumte sich auf. Vermutlich die Kombination aus Enttäuschung, Wut, Trauer und Erschöpfung, die ihm dieser Tag eingebracht hatte. Vermischt mit der plötzlich aufflammenden Begierde ergab das einen aggressiven Cocktail. Er nahm sich nicht die Zeit, sich auszuziehen. Nestelte nur am Reißverschluss seiner Hose und drängte Madison an die Wand. Mit einem Ruck schob er ihr Kleid hoch.
»Du gieriger böser Junge!«, rief Madison aus, als er ihr den Slip herunterriss. Sie gluckste vor Vergnügen.
Überfallartig drang er in sie ein. Das Glucksen erstarb, und ein unterdrückter Schrei löste sich aus ihrer Kehle. Ihre Augen weiteten sich. Der Schleier, den der Alkohol über die Iris gelegt hatte, zerriss, und was darunter lag, kam zum Vorschein. Und plötzlich konnte Paolo bis auf den Grund ihrer Seele sehen. Er entdeckte die andere Madison, eine verliebte junge Frau, die ihre Verletzlichkeit hinter dem zu schrillen Lachen und der burschikosen Fassade zu verstecken versuchte. Vergeblich versuchte. Schwer atmend ließ er von ihr ab. »Entschuldige, meine Schöne.« Sein Schmerz gab ihm nicht das Recht, sie derart zu demütigen. So tief durfte er nie sinken!
Er hatte noch ihre Antwort im Ohr, als er sie am Abend vor dem Fest angerufen und gefragt hatte, ob sie ein passendes Kleid für den morgigen Tag habe.
»Ein schwarzes Cocktailkleid mit riesigen gelben und roten Tulpen drauf«, sagte sie. »Passt das nicht zu einer Frühlingsparty wie die Faust aufs Auge?«
»Schon. Aber es sollte auch zu einer Verlobungsfeier passen.«
Madison musste erstarrt sein, so still war es plötzlich.
»Zu einer Verlobungsfeier, auf der du die Braut bist.«
Einige Sekunden lang – oder waren es Minuten? – hörte er nur noch ihren Atem, einen Atem, der durch den Hörer zu kriechen und in Paolo hineinzuhorchen schien.
»Ist das ein Antrag?«, flüsterte sie.
»Wofür hast du es gehalten?«, antwortete er und ärgerte sich im Vorhinein über die tausend Fragen, die sie ihm gleich stellen würde und auf die er keinen Bock hatte. Warum so plötzlich? Was ist in dich gefahren? Soll das ein Witz sein? Machst du dich über mich lustig? Liebst du mich überhaupt? Und so weiter und so fort.
Doch über Madisons Lippen kam nur eine einzige Frage. »Wäre ein einfarbig grünes Abendkleid okay für den Zweck?«
Und obwohl er ihren schlechten Geschmack kannte und also von der Schrecklichkeit des grünen Kleids überzeugt war, hatte er erleichtert »fantastisch« geantwortet und gewusst, dass sie zwar nie seine große Liebe sein würde, aber eine Frau, mit der man Pferde stehlen konnte.
Jetzt nahm er vorsichtig ihr Gesicht in seine Hände und flüsterte: »Lass uns noch einmal von vorn beginnen.« Er schälte sie langsam aus ihrem Kleid und hob sie aufs Bett. Zog sich aus, während er sie küsste. Alle Müdigkeit und aller Zorn waren verflogen. Er nahm sich Zeit, sie mit dem Respekt und der Zärtlichkeit zu lieben, die er ihr schuldete. Als sie sich im Moment der höchsten Lust an ihn klammerte und ihn mitriss, legte sich ein Schalter in seinem Kopf um. Der Damm brach. Er schrie, verströmte sich, ließ sich fallen, wurde klein.
Madison hielt ihn im Arm und strich sanft über seine Stirn, als er sich Clara aus der Seele weinte. Sie hielt ihn immer noch, als er erschöpft in einen tiefen
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