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Entscheidung in Gretna Green

Entscheidung in Gretna Green

Titel: Entscheidung in Gretna Green Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: DEBORAH HALE
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Näheres über den Wohnsitz seiner Familie zu erfahren, wollte sie sich bei Miss Ivy auf der Rückfahrt nach Bath erkundigen.
    Damit gab sie sich zufrieden und malte sich ein kleines, behagliches Haus irgendwo auf dem Lande aus, das sie für sich und ihr Kind einrichten wollte. Und bald atmete sie regelmäßig, und das sanfte Schaukeln der Kutsche wiegte sie in leichten Dämmerschlaf.
    Einige Zeit später bemerkte sie im Halbschlaf, dass Geschwindigkeit und Geräusche sich verändert hatten. Offenbar fuhren sie über die gepflasterten Straßen von Bristol, mit diesem Gedanken schlief sie beruhigt wieder ein.
    Das nächste Mal fuhr sie erschrocken und verwirrt auf, da die Kutsche mit einem Ruck zum Halten kam und sie nach vorne auf die Sitzbank gegenüber geschleudert wurde. Draußen war es immer noch stockdunkel. Wie lange hatte sie geschlafen? Wo waren sie?
    Angstvolles Wiehern der Pferde drang ins Innere der Kutsche. Felicity raffte sich auf, setzte sich wieder an ihren Platz und wollte gegen das Verdeck des Wagens klopfen, um Mr. Hixon zu fragen, was los sei. Das nächste Geräusch von draußen ließ ihre halb erhobene Hand erstarren. Ihr Magen krampfte sich zusammen, was nichts mit der Übelkeit ihrer Schwangerschaft zu tun hatte.
    „Keine Bewegung! Hände hoch!“
    Erlaubte sich jemand einen bösen Streich?, fragte sie sich bang, während sie auf dem Boden nach ihrem Retikül such te und es in den Falten ihres Umhangs verbarg. Nächtliche Überfälle durch Straßenräuber gehörten ins vergangene Jahrhundert, so etwas gab es heutzutage doch gar nicht mehr.
    Oder waren Reisende nur vorsichtiger geworden und wagten sich nachts nicht auf einsame Landstraßen? Hawthorns Warnung hallte in ihrem Kopf wider. Die Reise ist zu beschwerlich und außerdem gefährlich.
    „Machen Sie den Weg frei“, brüllte der Kutscher. „Was wollen Sie?“
    „Was denkst du denn, Alter?“, kam die Antwort, von einem derben Gelächter gefolgt, bei dem Felicity ein eisiges Frösteln durchfuhr. „Hübscher Wagen, gute Pferde. Damit kommt man schnell voran, wie? Ich will sie mir mal ansehen.“
    Felicity suchte Zuflucht in der hintersten Ecke der Kutsche, hörte, wie ein Reiter vom Pferd sprang und sich näherte.
    „Meine Pistole ist geladen und ich schieße, wenn einer wagt, Widerstand zu leisten“, rief der Räuber laut.
    Mit zitternden Fingern kramte sie in ihrem Retikül und holte ein paar Pfundnoten heraus. Mit dem Rest würde der Halunke sich hoffentlich zufriedengeben. In ihren Ohren rauschte das Blut, und das Herz schlug ihr bis zum Hals. Nachdem sie noch einmal tief Luft geholt hatte, sprang sie mit einem beherzten Satz vor und stieß den Wagenschlag auf.
    „Hier.“ Sie hielt dem Schatten ihr Retikül hin. „Nimm das und lass uns weiterfahren. Ich muss dringend nach Gloucester. Meine Mutter liegt im Sterben.“
    Wenn der Schurke auch nur einen Funken menschlicher Regung verspürte, würde er das Geld nehmen und sie unbehelligt weiterfahren lassen.
    Vielleicht aber auch nicht.
    „Das tut mir aber schrecklich leid, Miss“, antwortete der Bandit seelenruhig.
    Er schüttelte die Tasche und ließ die Goldmünzen klirren. „Danke für das kleine Geschenk. Ich an Ihrer Stelle hätte es allerdings nicht so eilig, die Reise fortzusetzen. Ihre Gäule brauchen dringend eine Verschnaufpause.“
    Der Schatten trat einen Schritt näher, und Felicity flüchte te wieder in den hintersten Winkel der Kutsche.
    „Sind Sie so hübsch wie Ihre Stimme klingt?“ Ein dunkler Handschuh wollte nach ihr grapschen.
    „Ich bin überhaupt nicht hübsch und …“ Fieberhaft überlegte sie, was sie sagen könnte, um den Räuber daran zu hindern, das zu tun, was er offenbar beabsichtigte. „U…und … ich habe die Pocken!“
    Plötzlich hörte sie einen dumpfen Schlag, worauf der Bandit kopfüber in die Kutsche stürzte. Der Schrei, den sie so lange unterdrückt hatte, entrang sich gellend ihrer Kehle.

4. KAPITEL
    Hawthorn Greenwood verlagerte das Gewicht im Sattel. Er war einige Stunden im gestreckten Galopp über schmale Feldwege geritten. Nun lag die Landstraße vor ihm, die den belebten Hafen Bristols mit der Stadt Gloucester verband. Eine unheimliche Ahnung krallte sich in seine Eingeweide und zwang ihn, den feurigen Hengst, den St. Just ihm überlassen hatte, zu noch größerer Eile anzutreiben.
    Ein scharfer Westwind von der Mündungsbucht des Severn fuhr in die Mähne des Pferdes und drohte Hawthorn den Hut vom Kopf zu reißen. Er zog

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