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Entscheidung in Gretna Green

Entscheidung in Gretna Green

Titel: Entscheidung in Gretna Green Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: DEBORAH HALE
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meldete sich eine zaghafte Stimme am offenen Wagenschlag. „Sind Sie es wirklich? Was ist passiert?“
    „Ist Lady Lyte etwas zugestoßen?“, fragte eine zweite, dunklere Männerstimme.
    „Außer dass sie sich zu Tode geängstigt hat, ist sie unversehrt, glaube ich.“ Der Schreck, der ihm noch in den Gliedern saß, schärfte Hawthorns Stimme. „Besten Dank, ihr zwei Helden.“
    „Der Kerl hatte eine Pistole“, verteidigte sich der junge Lakai.
    Der alte Stallmeister suchte keine Ausflüchte, und seine Stimme klang ziemlich zerknirscht. „Was können wir tun, Mr. Greenwood?“
    Der Räuber versuchte, sich stöhnend aufzurichten. Hawthorn stellte ihm den Fuß zwischen die Schulterblätter und zwang ihn wieder zu Boden.
    Den beiden verlegenen Dienern befahl er: „Sucht einen Strick und fesselt den Kerl.“
    „Sehr wohl, Mr. Greenwood.“
    „Bindet ihn auf sein Pferd, falls es nicht durchgegangen ist, oder an meines und macht die Tiere hinten an der Kutsche fest. In der nächsten Stadt übergeben wir den Banditen den Schutzmännern. Beeilt euch! Höchste Zeit, dass wir weiterfahren. Es könnten noch ein paar seiner Sorte in der Nähe herumlungern.“
    Die beiden Männer beeilten sich, den Räuber zu fesseln, der noch zu benommen war, um sich zu wehren.
    Als die Kutsche schließlich wieder Richtung Norden fuhr, war Felicitys Schluchzen beinahe versiegt. Sie schniefte nur noch gelegentlich, machte allerdings keine Anstalten, sich aus Hawthorns Armen zu lösen. Er wiederum genoss ihre Nähe, ihre Wärme und ihren Duft in vollen Zügen. Erst jetzt wurde ihm schmerzlich bewusst, wie sehr sie ihm gefehlt hatte in der kurzen Zeit der Trennung.
    Hatten seine Mühen, ihr durch die Nacht nachzureiten und sie vor diesem Überfall zu retten, sich möglicherweise gelohnt? Hatte sie vielleicht ihre Meinung geändert und würde zu ihm zurückkommen? Diese bangen Fragen nagten an ihm, während er sie in seinen Armen wiegte.
    Sosehr er auch dagegen kämpfte, falsche Hoffnungen zu nähren, es wollte ihm nicht gelingen.
    Sie hätte Hawthorn von sich stoßen, ihn aus der Kutsche weisen oder ihm zumindest Vorhaltungen machen sollen, sie beinahe zu Tode erschreckt zu haben. Doch während die Kutsche sich in rascher Fahrt der Ortschaft Stroud näherte, fand Felicity nicht die Kraft, etwas dergleichen zu tun.
    Im Übrigen lagen viele lange Jahre vor ihr, in denen sie ohne den Trost seiner starken Armen leben musste. Im Augenblick brauchte sie seinen Halt mehr als alles andere. Und außerdem war Lady Felicity Lyte nicht daran gewöhnt, sich etwas zu versagen, was sie dringend brauchte.
    Nie zuvor hatte sie solche Todesängste ausgestanden. Ihr Herz klopfte immer noch bang, und sie begann, trotz der wohltuenden Wärme seiner Arme, zu zittern.
    „Ruhig, ruhig.“ Er streichelte ihr über den Rücken.
    Bildete sie sich das nur ein, oder drückte er tatsächlich einen Kuss auf ihren Scheitel?
    „Sind Sie wirklich unversehrt, Felicity?“ Die zärtliche Fürsorge in seiner Stimme wärmte ihr Herz.
    Ihr Stolz hatte es noch nie zugelassen, Trost dankbar anzunehmen, selbst nicht in den Zeiten, in denen das Leben ihr tiefe Wunden geschlagen hatte.
    „Keine Sorge. Ich habe nur einen schlimmen Schreck erlitten.“ Sie schniefte. „Haben Sie ein Taschentuch für mich?“
    Sie hätte jeden Menschen gehasst, der Zeuge ihres haltlosen Weinkrampfs geworden wäre. Vielleicht würde sie auch Hawthorn dafür hassen, wenn sie im nüchternen Tageslicht erkennen müsste, dass ihr Schwächeanfall sie in seinen Augen herabgesetzt hatte. Aber in diesen bittersüßen dunklen Momenten wollte sie sich den gefährlichen Luxus gestatten, sich auf einen Mann zu verlassen.
    „Ein Taschentuch?“ Er schob sie ein wenig von sich, um seinen Frack aufzuknöpfen und nach einem Taschentuch zu suchen. „Ich glaube, damit kann ich dienen.“
    Er drückte ihr ein sauberes Taschentuch in die Hand. „Hier. Tun Sie sich keinen Zwang an.“
    „Danke“, flüsterte Felicity stimmlos. Ein süßes Prickeln durchrieselte sie.
    Sie wischte sich die Tränen vom Gesicht in der Hoffnung, die schlimmsten Spuren würden bei Tagesanbruch verschwunden sein. Sie war nun mal zu eitel, um sich freiwillig einem attraktiven Mann mit geschwollenem Gesicht und roten Augen zu zeigen.
    Während sie sich die Nase putzte, schoss ihr ein Gedanke durch den Sinn. „Sind Sie denn unversehrt, Hawthorn? Nachdem Sie diesen Banditen niedergeschlagen haben … bin auch ich noch über Sie hergefallen.

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