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Entscheidung in Gretna Green

Entscheidung in Gretna Green

Titel: Entscheidung in Gretna Green Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: DEBORAH HALE
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jetzt.“
    „Merritt hat die Dame nicht wegen ihres Vermögens geheiratet, falls du das annimmst.“ Er nahm die Zügel fester in die Hände. „Er liebte sie … oder glaubte, sie zu lieben. Anfangs. Und nach ihrem frühen Tod …“
    In diesem Moment fuhr eine Königliche Postkutsche mit lautem Getöse an ihnen vorbei, die sich offenbar verspätet hatte, denn der Kutscher in dunkler Uniform hieb ständig auf die Pferde ein. Zwei junge Männer auf den billigen Plätzen oben auf dem Wagen musterten die Dame und den Herrn auf dem Kutschbock mit neugierigen Blicken, und Felicity hätte ihnen am liebsten die Zunge herausgestreckt.
    Bald hatte die Postkutsche ausreichend Vorsprung gewonnen, und Felicity konnte ihre eigene Stimme wieder hören. „Gehe ich recht in der Annahme, dass die erste Mrs. Temple die Erwartungen deines Freundes nicht erfüllt hat?“
    Wenn die Liebe in einer Ehe starb, vermochte kein Geld der Welt die Beziehung zu retten. Im Gegensatz zu Merritt Temples erster Frau, die in jungen Jahren verstorben war, hatte Felicity ihre Ehe wenigstens überlebt und ihre Unabhängigkeit wiedererhalten. Der Gedanke, ihr liebloser Ehemann hätte sie zu Grabe getragen, um sich anschließend mit ihrem Vermögen eine zweite Frau zu nehmen, hinterließ einen bitteren Geschmack in Felicitys Mund.
    Ein lähmendes Schweigen breitete sich zwischen ihnen aus, das schließlich von Hawthorn gebrochen wurde.
    „Die Wahrheit ist, dass Merritt die Erwartungen seiner Gemahlin nicht erfüllt hat. In meiner Gegenwart hat er nie ein böses Wort über die erste Mrs. Temple verloren, nur Rosemary entschlüpfte einmal eine entsprechende Bemerkung. Und ich kenne meinen Freund gut genug, um zu ahnen, wie sehr er in seiner ersten Ehe gelitten hat.“
    „Und was veranlasst dich zu dieser Vermutung?“, fragte sie spitz.
    Er warf ihr achselzuckend einen Seitenblick zu. „Die Dame war der Ansicht, ihn gekauft zu haben. Sein Ruhm als Held, vielleicht auch sein gutes Aussehen hatten es ihr angetan. Merritt hatte sich von einem blassen mageren Bürschchen zu einem blendend aussehenden Prachtkerl entwickelt. Seine Frau glaubte offenbar, das Recht zu haben, ihn herumzukommandieren wie einen Dienstboten oder ihn wie ein Schoßhündchen zu behandeln.“
    Hätte Hawthorn ihr die Peitsche ins Gesicht geschlagen, die er kein einziges Mal über den Rücken der Pferde schnalzen ließ, Felicity wäre nicht verletzter gewesen. Sie hatte Percy nie so behandelt wie diese Frau Merritt Temple offenbar behandelt hatte.
    Glaubte Hawthorn etwa, sie würde in ähnlicher Weise mit ihm umspringen, wenn er sie heiraten würde?
    Felicity zog ihren Umhang enger um die Schultern und ließ den Blick über das hügelige Land schweifen, wo die Grenzen der Grafschaften Shropshire, Worcestershire und Staffordshire ineinander verschlungen waren.
    Ebenso unentwirrbar wie ihre Gefühle.
    „Ungleiche Vermögensverhältnisse können eine große Belastung für eine Ehe sein“, stellte sie fest.
    Versuchte sie damit, ihr früheres Verhalten zu rechtfertigen? Oder wollte sie Hawthorn und sich selbst davor warnen, mit gefährlichen Träumereien zu spielen? Felicity wusste die Antwort selbst nicht.
    Seine Schultern sackten ein wenig nach vorn – oder war das auch nur ein Auswuchs ihrer Einbildung? „Etwas Ähnliches sagte auch Merritt zu Rosemary, als er nach dem Tod seiner ersten Frau mit seinem kleinen Sohn nach Lathbury zurückkehrte.“
    Seinen Worten folgte ein trockenes kurzes Lachen – völlig unangebracht, wie Felicity fand. „Und mit diesem Satz hätte der bedauernswerte Kerl sich beinahe jede Chance bei meiner Schwester verdorben. Er hatte keine Ahnung, wie sehr unser Vermögen in den letzten Jahren geschrumpft war, und Rosemary war viel zu stolz, um ihn darüber aufzuklären. Als er es schließlich herausfand, nahm Merritt das Schlimmste an. Er glaubte, meine Schwester habe ihm die Wahrheit absichtlich verschwiegen und es auf das Vermögen abgesehen, das er nach dem Tod seiner Frau geerbt hatte.“
    „Wie schrecklich!“ Felicity fühlte mit den beiden. Wäre sie an Rosemarys oder Merritts Stelle gewesen, hätte sie gewiss ähnliche Mutmaßungen angestellt.
    „Es ist falsch, Geheimnisse voreinander zu haben“, sagte Hawthorn nachdenklich. „Besonders vor den Menschen, die uns etwas bedeuten. Irgendwie kommt alles, was wir verbergen wollen, zu einem denkbar ungeeigneten Moment ans Tageslicht und macht eine Situation tausendmal schlimmer, als sie ursprünglich

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