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Entscheidung in Gretna Green

Entscheidung in Gretna Green

Titel: Entscheidung in Gretna Green Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: DEBORAH HALE
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rieb sich die Hände. Es war ein kühler nebelverhangener Morgen. „Wir machen unterwegs nur kurz Rast, um die Pferde zu füttern und einen Imbiss zu uns zu nehmen.“
    „Dann wird es Zeit, aufzubrechen.“ Mr. Hixon drückte seinen altmodischen Dreispitz tief in die Stirn. „Wir haben einen langen Weg vor uns.“
    „So ist es recht, Männer!“, ermunterte Hawthorn die beiden, die ziemlich mitgenommen wirkten von ihren nächtlichen Nachforschungen in den ansässigen Wirtshäusern.
    Felicity trat ins Freie, bleich, mit dunklen Schatten unter den Augen, da auch sie kaum geschlafen hatte. Wenigstens konnte sie hoffen, in der gepolsterten Kutsche ein paar Stunden zu dösen.
    „Ich übernehme später gerne die Zügel für ein paar Stunden, Mr. Hixon“, fügte Hawthorn hinzu. „Dann können Sie und Ned ein Nickerchen machen.“
    „Sehr freundlich, Sir, aber das kann ich nicht annehmen. Ich schaffe es schon.“
    „Unsinn.“ Hawthorn übersah geflissentlich Felicitys tadelnden Blick. „Wir wissen doch, was passieren kann, wenn man übermüdet ein Pferd zu lenken versucht. Lady Lyte möchte gewiss nicht ein zweites Mal mit ihrer eleganten Kutsche im Graben landen.“
    „Gott bewahre …“, stammelte Felicity.
    Er lächelte. „Sehen Sie, Mr. Hixon. Das ist eine Anordnung Ihrer Herrin. Ihr zwei tut uns einen Gefallen, wenn ihr mit uns die Plätze tauscht, damit wir ein bisschen frische Luft schnappen und in der Sonne sitzen können.“
    „Na ja, wenn Sie es so sehen, Sir …“ Der Kutscher kletterte auf seinen Bock und Ned hielt den Wagenschlag für Felicity und Hawthorn auf.
    Nach ein paar Meilen Fahrt ergriff sie endlich das Wort. „Was ist in dich gefahren? Wie kannst du dem Kutscher anbieten, den Platz mit ihm zu tauschen, damit er unterwegs schlafen kann? So etwas Abwegiges habe ich noch nie gehört!“
    „Was ist daran abwegig? Diese Männer haben mir das Leben gerettet, Felicity. Auch Dienstboten verdienen Rücksichtnahme.“
    Seine Stimme war lauter geworden und sein Ton schärfer. Er legte großen Wert darauf, Menschen als Menschen zu achten, nicht nur dafür, was sie besaßen oder welche Stellung sie in der Gesellschaft einnahmen. Und gerade Felicity, die doch sonst keine Rücksicht auf Konventionen nahm, sollte das verstehen.
    Er blickte ihr ins Gesicht und bemühte sich, ruhig zu sprechen. „Wenn man sich keine Dienstboten mehr leisten kann, lernt man zu schätzen, was sie leisten. Schadet es uns, ein paar Meilen auf dem Kutschbock in der Sonne zu sitzen?“
    Jede andere vornehme Dame hätte dieses Ansinnen vermutlich brüsk zurückgewiesen, Felicity aber lenkte ein.
    „Das könnte ebenso vergnüglich werden wie ein Ausflug im offenen Einspänner.“
    Ein Bündel Sonnenstrahlen ließ die winzigen Stäubchen in der Kutsche wie Goldkörnchen aufleuchten. Sie hatte ihn nicht enttäuscht.
    „Fabelhaft! Es wird dir Spaß machen, du wirst sehen.“
    Sie zog eine fein geschwungene Braue hoch. „Einverstanden. Unter einer Bedingung.“
    Nun zog er die Brauen hoch.
    „Ich will mehr über Barnhill hören“, sagte Felicity. „Mehr über deine Kindheit, wie du mit deinen Schwestern aufgewachsen bist und über die Sommermonate, die du mit Merritt Temple dort verbracht hast.“
    „Diese Bedingung akzeptiere ich.“ Hawthorn lehnte sich bequem zurück und streckte seine langen Beine von sich. „Ich gebe dir gerne eine ausführliche Schilderung. Aber ich warne dich, ich habe kein Talent zum Geschichtenerzähler – im Gegensatz zu Ivy.“
    „Das stört mich nicht.“ Auch Felicity machte es sich ihm gegenüber bequem. „Ich möchte alles über die Versöhnung deiner Schwester mit Merritt hören, und mit welcher List Ivy und du das Paar vor den Traualtar gebracht habt.“
    „Nun gut, auch das erzähle ich dir.“
    Er musste an eine alte Geschichte denken, die seine Mutter ihm erzählt hatte, und bevor er sich besinnen konnte, hörte er sich sagen: „Dann schlüpfe ich eben in die Rolle der Scheherezade. Wenn ich dir tausendundeine Nacht hindurch Geschichten erzähle, duldest du mich dann in deiner Nähe?“
    Im nächsten Moment wünschte er, seinen unbedachten Scherz zurücknehmen zu können, denn in ihren Augen las er eine widersprüchliche Mischung aus Angst und Wehmut. Oder sah er darin nur den Widerschein seiner eigenen Verwirrung? Immerhin hatte er mit diesem Scherz seinen geheimsten Gefühlen Ausdruck verliehen.
    Bevor er eine Entschuldigung stammeln konnte, verblüff te sie ihn mit einem

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