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Entschuldigen Sie Meine Stoerung

Entschuldigen Sie Meine Stoerung

Titel: Entschuldigen Sie Meine Stoerung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jan-Uwe Fitz
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Wohnung herab auf die drei, die sich im Schutt wälzen. Der Anführer blickt zu mir hinauf und sagt »Hoppala. Entschuldigen Sie uns, wir haben zu arbeiten. Wir sehen uns vor Gericht.«

2
    Seit geraumer Zeit besitze ich wieder einen Balkon. Er ist mein ganzer Stolz. Auch wenn ich ihn gestohlen habe. Bis gestern gehörte der Balkon meinem Nachbarn zur Linken. Was soll ich sagen: Die beiden waren ein Herz und eine Seele. Ich habe meinem Nachbarn seinen Balkon von Herzen gegönnt. Ich sehe gern glückliche Menschen mit Balkonen. Und diese beiden strahlten so ein Glück aus. Sie tollten und balgten sich, mal war der Nachbar oben, mal der Balkon. Der Nachbar warf ein Stöckchen, der Balkon lief hinterher und apportierte es. Na, gut, nicht wirklich, aber er versuchte es immerhin.
    Wenn es um das Glück anderer geht, bin ich frei von Neid. Ich kann mit meinem Leben noch so unzufrieden sein – wenn ich sehe, dass ein anderer Mensch glücklich ist, freue ich mich für ihn. So wie für meinen Nachbarn, sobald er seinen Balkon betrat. Dann freute und freute ich mich, jubelte und klatschte wie ein Seehund im Zirkus immer wieder in die Hände. Ja, ich habe vielleicht etwas übertrieben.
    Eines Morgens im Juni aber, ich beobachtete die beiden gerade beim neckischen Spiel miteinander, brach eine Welt für mich zusammen. Denn durch Zufall erhaschte ich einen kurzen Blick meines Nachbarn – und erschrak. Sein Lachen, das für mich immer ein Ausdruck von Freude war, verriet in Wahrheit Häme. Sein Blick sagte: »Ich-hab-nen-Balkon-und-duhu-nihicht! Nänänänä nää näää!« Wie konnte ich nur all die Zeit so blind gewesen sein? Oder war dieser Gesichtsausdruck neu? Plötzlich ergab alles Sinn. Das wohlige Räkeln meines Nachbarn auf seiner Balkonliege: ein »IchhabeeinenBalkonunddunicht«-Räkeln. Seine Siesta in der Mittagssonne: ein »Oh, die Sonne scheint, da nehme ich mal ein Sonnenbad auf meinem suderduperhuper BALKON .« Alles sollte mir sagen: »Ich habe einen Balkon und du nicht.« Und seine Cheerleader-Show: » B-A-L-K-O-N! BALKON! Yippiehyeah!« – auch sie eine Choreografie des Spotts. Im Kleingetanzten konnte ich lesen: Ätschibätschi, Fitz-Arsch! Konnte das wirklich sein? Dass alles nur dem einen Zweck diente: mich eifersüchtig zu machen? Weil ich armer Geselle bei strahlendem Sonnenschein mit einem Fenster und einer hässlichen Fensterbank vorliebnehmen musste?
    Mit jenem Blick meines Nachbarn wurde alles anders. Der Neid in mir wuchs wie ein Geschwür. Tag für Tag wurde er größer. Und schließlich war er stärker als ich.
    Eines Tages, mein Nachbar war gerade zum Einkaufen gegangen, schlich ich mich in einer Nacht- und Nebelaktion, die ich vorsichtshalber tagsüber und bei klarer Sicht durchzog, in seine Wohnung und flexte heimlich seinen Balkon ab. Dann tackerte ich das Teil flugs vor mein Milchglasfenster – fertig war der Wohngewinn.
    Mein Nachbar guckte vielleicht verdutzt aus der Wäsche, als er auf seinen Balkon treten wollte, aber stattdessen in die Tiefe stürzte. Mir aber war es eine Genugtuung. In seinen Augen las ich deutlich: »Hä? Wieso falle ich? Habe ich nicht einen Balkon? Und wieso hast du jetzt einen? Und sonst so? Alles klar, alte Schlampe?« (Seine Augen sind sehr ausdrucksstark. Aber ich bin auch ein ausgezeichneter Augenleser.) Da schlug er auch schon auf, und (Vorsicht, nichts für schwache Nerven:) die ausdrucksstarken Augen quollen ein gutes Stück hervor.
    Nun habe ich einen Balkon, aber keinen Nachbarn mehr, den ich damit neidisch machen könnte. Das mindert den Spaß ein bisschen. Und meinen Balkon kann ich vorerst auch nicht betreten, weil ich ihn in der Eile zu weit oberhalb meiner Balkontür befestigt habe. Ich wollte eben schnell fertig werden, bevor mich jemand sieht, und bin dabei vielleicht einen Tick zu sorglos vorgegangen. Um meinen Balkon zu erreichen, benötige ich einen Fahrstuhl. Im Nachbarhaus haben sie einen. Wenn niemand guckt, klaue ich den.

3
    Es klingelt. Ich öffne die Haustür, und zwei Polizisten nicken mir freundlich zu.
    »Guten Tag, Ricksche von der Mordkommission. Das ist mein Kollege Drews.«
    »Guten Tag, die Herren Wachtmeister«, antworte ich verängstigt bibbernd. Autoritäten beeindrucken mich nicht sonderlich, aber Menschen an meiner Haustür machen mir Angst, bei vielen handelt es sich um Besucher, und bei denen bin ich immer so unangenehm verklemmt. Obwohl ich sie verachte. Aber ich verachte mich eben noch einen Tick mehr. Entspannt bin ich

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