ENTSEELT
eigenen Genugtuung. Denn ich habe den hier genauso gehasst, wie ich Thibor gehasst habe.
»Wer war er?« Harry versuchte, ihn mit der Frage zu überrumpeln. Gegen jede Vernunft hoffte er, Faethor zu überraschen und die Antwort in seinem Verstand lesen zu können.
Aber Faethor war auf der Hut, und Harry verspürte ein trauriges, enttäuschtes Kopfschütteln. Das hast du nicht nötig, sagte er ganz sanft, denn ich werde dir mit Freuden seinen Namen verraten. Warum sollte ich das nicht tun? Du wirst dich ja nicht mehr an ihn erinnern, wenn du aufwachst. Sein Name – dieser verhasste, abscheuliche Name – ist Janos! Faethors Stimme klang so verbittert, dass Harry nicht an der Wahrheit dieser Aussage zweifelte.
»Dein Sohn«, seufzte er und nickte. »Dein zweiter Sohn nach Thibor. Janos Ferenczy. Jetzt weiß ich wenigstens, mit wem ich es zu tun habe, wenn auch nicht, mit was.«
Ja, es handelt sich um Janos. Und ohne meine Hilfe wird er dich restlos zerstören.
»Dann erzähl mir von ihm. Erzähl mir alles, was du über ihn weißt, und dann versuche ich, den Rest zu tun. Du hast einen guten Handel vorgeschlagen. Ich kann ihn nicht ablehnen.«
Wieder kicherte Faethor. Du hast wirklich nur ein kurzes Gedächtnis, erklärte er. Dein Wissen hast du nur so lange, wie dieser Traum dauert.
Harry begriff, dass der Vampir recht hatte, und seine Frustration wurde zu Wut. »Was soll dann das alles? Bist du doch nur gekommen, um dich über mich lustig zu machen?«
Ganz im Gegenteil. Ich bin gekommen, um einen Handel abzuschließen. Und das haben wir getan. Du wirst zu mir kommen. Du kennst ja den Ort, an dem ich liege. Und da werden wir uns wieder unterhalten – aber beim nächsten Mal wirst du dich daran erinnern!
»Ich werde mich doch nicht einmal dieses Mal daran erinnern!«, rief Harry verzweifelt aus.
Doch das wirst du. Das wirst du. Faethors versickernde Stimme erzeugte ein Echo in dem wallenden Nebel. Du wirst dich wenigstens an einiges davon erinnern. Dafür habe ich gesorgt. Ich habe dafür gesorgt, Haaarrry Keeeooogh!
»Harry?« Jemand stand neben ihm, über ihn gebeugt.
»Harry!« Sandra schüttelte drängend seinen Arm, während Darcy Clarke hastig zur Tür eilte, wo Manolis Papastamos gegen das Holz hämmerte und verlangte, eingelassen zu werden. Die ersten Strahlen der Dämmerung drangen durch Spalten in den Rollläden herein.
Harry schreckte hoch, sprang wie ein Betrunkener auf die Beine und hätte dabei beinahe seinen Sessel umgeworfen. Aber Sandra war da und stützte ihn. Es hielt sich an ihr fest, und einen Augenblick später waren Darcy und Manolis im Zimmer.
»Eine furchtbare Sache! Eine ganz furchtbare Sache!« Manolis wiederholte sich wieder und wieder, während Darcy ein Fenster und die Fensterläden öffnete, um das bleiche Licht des neu anbrechenden Tages hereinzulassen. Aber als es hell im Raum wurde, klappte Manolis’ Unterkiefer herunter, und er deutete mit zitternder Hand auf einen griechischen Gobelin, der den größten Teil der Wand bedeckte. Der Teppich bewegte sich!
»Allmächtiger!«, keuchte Darcy, und Sandra klammerte sich noch fester an Harry.
Der Gobelin zeigte eine Landschaft mit blauem Himmel über braunen Bergen und weißen Dörfern, aber in den Himmel stand in fünfzig Zentimeter großen Buchstaben ein Name geschrieben: FAETHOR. Geschrieben in Stoff, der sich bewegte!
Harry hatte seinen Traum bereits wieder vergessen, aber nie im Leben würde er seine Gespräche im Wachzustand mit diesem Ahnherren der Vampire vergessen. »Faethor!«, stieß er das Wort laut heraus. Und als wäre das ein Bannspruch, brach bei diesem Wort die Inschrift auf dem Gobelin auseinander – sie explodierte in hundert einzelne Fledermäuse! Sie waren nicht größer als geflügelte Mäuse und lösten jetzt ihre Krallen von dem Stoff. Sie sausten einmal durch das Zimmer und entwichen rasch durch das offene Fenster.
»Es ist also wahr«, sagte Manolis Papastamos. Er war leichenblass und zitterte, aber er war auch der Erste, der sich von dem Schock erholte. »Es passt alles zusammen. Es kam mir schon komisch vor, dass Ken Layard und Trevor Jordan so seltsame Polizisten waren. Und ihr drei seid noch seltsamer. Aber ihr seid ja auch auf der Jagd nach einem ungewöhnlichen Kriminellen.«
Sandra gelang ein telepathischer Einblick in seinen Verstand und erhielt damit die Bestätigung, dass er Bescheid wusste.
»Ihr hättet es mir von Anfang an sagen sollen«, sagte er und ließ sich auf einen Stuhl
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