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Entsorgt: Thriller (German Edition)

Entsorgt: Thriller (German Edition)

Titel: Entsorgt: Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joseph D'Lacey
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Inneren. Ein Laut, in dem Aggie kaum seine Stimme erkennen kann. Richard Smithfield brüllt weiter, als wenn das allein ihn befreien könnte. Die Kreatur scheint ihn nicht zu hören. Vielleicht kann sie gar nicht hören, überlegt Aggie. Systematisch zerlegt sie ihren Vater, wie ein Kind, das ein Modellflugzeug auseinander baut, die Plastikteile auseinanderstemmt, Klebnähte und Schnappnuten löst. Und die ganze Zeit kreischt ihr Vater in dieser ihr völlig fremden Stimme seinen Protest hinaus.
    Aggie bleibt nur noch eine Option.
    Hinter ihr befindet sich ein Hain mit vor nicht allzu langer Zeit gepflanzten Pinien. Er liegt näher als die Straße. Die Straße bedeutet Selbstmord.
    Als sie sich auf Hände und Knie rollt, reißt erneut etwas in ihrer Brust. Dieses Mal gelingt es ihr nicht, den Schrei zu unterdrücken. Obwohl sie kaum genug Atem dafür hat. Es ist bestenfalls ein Jaulen. Sie kann nicht kriechen, ohne sich die Organe zu quetschen. Also steht sie stattdessen auf, und der Schmerz lässt ein wenig nach. Die Kreaturen haben sie gesehen, folgen ihr jedoch nicht. Noch nicht. Sie taumelt auf das Wäldchen zu, bei jedem Schritt kurz davor, wieder auf die Knie zu fallen.
    Sie schafft es bis zu den Bäumen. Sie reichen einen halben bis einen Meter über ihren Kopf. Sie riskiert einen Blick zurück. Die beiden Müllmonster vollführen noch immer ihre chirurgische Fledderei an den Körpern ihrer Eltern. Aber sie haben sie gesehen: durch Schwimmbrillen-Augen, durch Kristallbecher-Augen. Sie weiß, sie muss möglichst viel Abstand zu ihnen gewinnen, so lange sie noch beschäftigt sind.
    Sie schiebt sich durch die Baumreihen und versucht, ihre Brust vor den Zweigen zu schützen. Ein paar Dutzend Schritte, und sie hat den Hain durchquert. Sie taumelt ins Freie, steht auf einem Acker. Auf dessen gegenüberliegender Seite befindet sich ein geschlossenes Gatter. Ihre Entscheidung ist getroffen. Jeder Schritt sendet einen grellen, schmerzenden Blitz durch ihr Sternum. Das Atmen fällt ihr zunehmend schwerer. Ein unsichtbares Band schnürt ihren Brustkorb ein. Aber sie taumelt stoisch weiter, setzt einen Fuß vor den anderen, kommt voran.
    Der Boden in der Nähe des Gatters ist durchpflügt von den Spuren großer Reifen, inzwischen zu tiefen Furchen getrocknet. Zweimal gerät sie ins Stolpern. Zweimal fängt sie ihren Sturz gerade noch ab. Sie weiß, wenn sie zu Boden geht, kommt sie womöglich nie wieder auf die Beine. Das Gatter ist mit orangefarbenem Erntegarn zugebunden, leicht zu lösen. Aber beim Aufziehen des Gatters bricht in ihrer Brust etwas auf, und für ein paar Sekunden verschwimmt ihre Sicht.
    Sie hört ein schnappendes Geräusch vom anderen Ende des Ackers. Als ihr Blick wieder klar wird, sieht sie die Leichenfledderer die Schonung durchbrechen. Sie begreift nicht, was diese Wesen sind. Wie sie sich bewegen; was sie tun; nichts davon ergibt Sinn. Sie versucht gar nicht erst, das Gatter wieder mit der Schnur zu verschließen.
    Sie befindet sich auf einem landwirtschaftlichen Zufahrtsweg. In die eine Richtung – so nimmt sie an – führt er zur Farm, in die andere zurück auf die Straße. Ihr bleibt nur zu hoffen, dass sie die richtige Richtung eingeschlagen hat.
    Der Feldweg mäandert durch die Äcker und Wiesen. Aggie dämmert langsam, dass sie es vielleicht nicht schaffen wird. Dass sie vielleicht ebenfalls als lebende Organspende für diese Kreaturen enden wird, die die Mülldeponie einer biblischen Plage gleich über das Land gespien hat. Sie gibt alles – sie kann zwar nicht rennen, läuft aber so schnell sie kann -, mehr geht beim besten Willen nicht. Sie weiß nicht einmal, ob sie überhaupt in die richtige Richtung geht. Es liegt nicht mehr in ihrer Hand. Sie hat getan, was sie konnte.
    Erst hört sie die Balken des hölzernen Gatters brechen – es scheint, als würden sich die Kreaturen gar nicht erst damit abgeben, es zu öffnen -, dann hört sie, immer noch einigermaßen weit hinter ihr, Schritte auf dem Rollsplitt des Feldweges. Es klingt, als hätte ein durchgeknallter Hufschmied einer Herde aus dem Takt geratener Rinder die Hufe mit Clogs, beschlagenen Stiefeln, Flipflops, Doc Martens und was er sonst noch an möglichst unterschiedlichem Schuhwerk in die Finger kriegen konnte, besohlt. Obwohl der festen Überzeugung, sich so sehr ins Zeug zu legen, wie sie überhaupt kann, muss Aggie sich eingestehen, dass sie langsamer wird. Ihr versagen die Kräfte.
    Sie schleppt sich nur noch

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