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ENTWEIHT

ENTWEIHT

Titel: ENTWEIHT Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brian Lumley
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den Mauern, durch die die Sonne einfällt, und die Wände sind mit Bildern und Teppichen behangen. Die Festen, die ich einst kannte, waren von Menschen- und Tierknochen bedeckt, mit dem ausgelassenen Fett von Weibern poliert und hatten schwere Vorhänge vor den Fenstern, damit kein Sonnenlicht eindrang! Mach’ dir also bloß keine Sorgen, dass ich womöglich etwas Ungewöhnliches bemerkt haben könnte. Das habe ich nicht! Es ist bloß so, dass man alte Gewohnheiten nur schwer ablegt, zumal ich aus eigenem freiem Willen hier eingetreten bin.«
    Sie nickte. »Gut!« Bei sich jedoch dachte sie: Hätte ich doch bloß nie gefragt!
    Mittlerweile befanden sie sich oben auf dem Dach, auf allen vier Seiten von tiefen, ein Meter fünfzig hohen Mauern umgeben, mit Zinnen und Schießscharten wie bei einer richtigen Burg. Manolis rief Liz zu sich, machte sie auf die nach Westen liegende Mauer aufmerksam – eine der beiden Seiten der Feste, die vom Parkplatz aus nicht einsehbar gewesen waren – und bedeutete ihr, hinabzublicken.
    Etwa anderthalb Kilometer westlich von ihnen ragten die höchsten Gipfel der Ypsaria-Kette noch einmal gut zweihundert Meter höher in den Himmel und zwei Vorsprünge erstreckten sich wie der stachelbewehrte Rücken eines unvorstellbar riesigen, versteinerten Stegosaurus beinahe bis zum Fuß der Feste, wo sie allmählich in Halden von Felsbrocken und steilwandige Felssporne ausliefen, deren letzter das Fundament der Feste bildete.
    Doch keine hundert Meter vom Fuß der Feste entfernt, an einer Stelle zwischen den beiden Spornen, wo diese weniger ausgeprägt waren, war ein natürliches Felsenbecken zu einem Swimmingpool umgearbeitet worden mit einer gefliesten Sonnenterrasse und einer Keramikeinfassung, die ein klassisches griechisches Muster zeigte, das den muschelartigen Konturen des Beckens folgte. Ein mit Steinplatten ausgelegter Weg führte von der Feste zwischen einem Gewirr behauener Felsen hindurch an den Pool, über dessen tiefste Stelle ein drei Meter hohes Sprungbrett ragte. Neben dem Pool standen mehrere kleine Stapel von der Sonne ausgebleichter Liegestühle, dazu ein paar Sonnenschirme. Das Ganze hätte äußerst einladend gewirkt, wenn nicht ...
    »Da ist kein Wasser drin!«, sagte Liz.
    Betrübt hob Manolis die Hände. »Jene Bergspitzen da drüben! Sie sind eine natürliche Wasserscheide. In den Wintermonaten fließt der Regen wie ein Fluss zwischen den beiden Vorsprüngen entlang. Durch Spalten im Fels sickert er in einen natürlichen Speicher, der einen Brunnen am Fuß der Feste speist. Der Wasserstand hatte stets eine gewisse Höhe. Ganz gleich wie viel Wasser entnommen wird, der Brunnen füllt sich immer wieder bis zum selben Stand. Seit Menschengedenken ist er niemals ausgetrocknet … bis vor drei Jahren. Das Wasser im Swimmingpool stammte aus dem Brunnen – kristallklares, reines Trinkwasser. Doch vor drei Jahren sank der Wasserstand plötzlich. Wenn man Wasser entnahm, füllte der Brunnen sich nicht mehr auf.« Er hielt inne, zuckte die Achseln. »Offensichtlich ist der Bedarf an Trinkwasser wichtiger als der zum Schwimmen. Also bleibt der Pool ...«
    »... leer«, führte Liz den Satz an seiner Stelle zu Ende. »Kein Pool, keine Gäste. Keine Gäste, kein Geld. Ein wahrer Teufelskreis.«
    »Und er dreht sich immer weiter«, nickte Manolis. »Jetzt haben wir diesen El Niño, und kein Ende in Sicht. Darum tun mir diese Leute so leid ...«
    Der Rest der Truppe hatte sich rings entlang der Mauern verteilt, um aus den Schießscharten den Blick von Horizont zu Horizont, der Erdkrümmung folgend, über das gesamte Eiland von Krassos schweifen zu lassen. An der Südmauer erspähte Liz ein von einer Segeltuchplane verhängtes Podest … den Sockel eines Teleskops.
    Sie schlug die Plane beiseite, rieb mit dem Ärmel ihres Kleides das Glas sauber und suchte in ihren Taschen nach Kleingeld. Manolis reichte ihr ein paar Münzen; sie dankte ihm und warf eine in den Schlitz. Als das Gerät surrend zum Leben erwachte, legte Liz die Augen an das Sichtglas und schwenkte das Metallrohr, bis es nach Süden und zirka dreißig Grad westlich zeigte.
    »Suchst du etwas Bestimmtes?«, wollte Manolis wissen.
    »Skala Astris«, erwiderte sie. »Die ›Christos Appartements‹. Ich dachte mir, vielleicht kann ich ja von hier aus die Anlage sehen.« Doch das war nicht alles, was sie sich dabei dachte.
    Ben Trask sah, was sie im Begriff zu tun war, und eilte mit weit ausgreifenden Schritten zu ihr. Er

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