ENTWEIHT
nahm Jake eine Bewegung wahr und vernahm das melodische Piepsen eines Telefons, als jemand eine Nummer eintippte.
Doch Jakes selbstmöderischer Vorstoß hatte ihm bereits nahezu alles eingebracht, was er wissen musste: Bagheria, Sizilien! Welche Ironie des Schicksals! Erst sein allerletzter Versuch hätte zum Erfolg geführt. Der letzte Ort auf seiner Liste, den er noch nicht aufgesucht hatte, war genau derjenige, nach dem er suchte. Vor noch nicht einmal einer Stunde hatte er sich nur wenige Kilometer entfernt von dem Ziel seiner Anstrengungen befunden – Luigi Castellano persönlich.
Jake wollte nicht, dass jemand mitbekam, wie er sich des Möbiuskontinuums bediente. Sollte es in den Toiletten keine Fenster oder keinen Hinterausgang geben, dann hatten diese Kerle eben Pech. Sollten sie sich doch den Kopf darüber zerbrechen, wie es ihm gelingen konnte, zu fliehen. Zunächst allerdings wollte er es wenigstens danach aussehen lassen, als wäre er einfach getürmt.
Er beschleunigte seinen Schritt. Georgy vollführte einen Schwenk und kam ihm nach. Doch Jake hatte die Ecke bereits erreicht, umrundete sie und stieß eine Milchglastür auf, die die Sicht auf die Urinale und Toilettenkabinen verbarg. Als er eintrat, hörte er dicht – viel zu dicht – hinter sich Georgy schnaufen. Rasch wandte er sich um und knallte dem wie eine Dampframme auf ihn zukommenden Schläger die Tür vor die Nase.
In einem Regen aus splitternden Scherben durchbrach Georgy die Scheibe, vor Überraschung und Schmerz aufstöhnend, als das Glas ihm das Gesicht und seine ausgestreckten Hände zerschnitt. Als die anderen Kerle den Lärm hörten, kamen sie angestürmt – nur um ihn in seinem eigenen Blut liegen zu sehen und mitzubekommen, wie er, bemüht, wieder auf die Beine zu gelangen, in der schlüpfrigen Lache ständig ausrutschte.
Was nun Jake betraf … es gab weder einen Hinterausgang noch Fenster oder sonst einen Ort, an dem er sich verstecken konnte. Dennoch war »der Trottel« verschwunden ...
Weshalb denn wieder hierher zurück?, wollte Korath wissen, als Jake in seinem Hotelzimmer in Paris aus dem Kontinuum trat.
»Ich habe noch ein paar Dinge zu erledigen«, sagte Jake. »Bezüglich der Standorte weiß ich nun alles, was ich wissen muss ...«
Bis auf den in Bagheria.
»... Den hebe ich mir für den Schluss auf. Castellano befindet sich dort, und wenn ich all seine anderen Niederlassungen hochgehen lasse, wird er aller Wahrscheinlichkeit nach auch dort bleiben. Wenn man danach gehen kann, was Natascha mir erzählte, ist er dort gut geschützt; dort befindet er sich ›in Sicherheit‹ – glaubt er wenigstens. Und was den genauen Ort, die Koordinaten, angeht: Nun, da er seine Scheinfirma von Bagheria aus führt ...«
… sollte der Ort nicht allzu schwer zu finden sein.
»Genau«, sagte Jake. »Zumindest für heute Nacht ist Castellano also sicher. Seine Schlupflöcher hingegen … wenigstens eins davon dürfte heute Nacht in die Luft fliegen. Und zwar das ›Frankie’s‹, nehme ich an.«
Wirklich? Und all die Unschuldigen, die dabei womöglich umkommen?
Jake überlegte. »Nun, es muss ja keine große Explosion sein, ein Feuerball genügt völlig – und zwar in den frühen Morgenstunden, wenn wir ziemlich sicher sein können, dass der Laden leer ist.«
Was, wenn du dich irrst und sich doch noch jemand dort aufhält?
»Dann gehört er zu Castellanos Leuten – der Kerl an der Bar womöglich, der die ganzen Anweisungen gab. Meiner Meinung nach macht ihn das zu einem Drogen dealenden Drecksack, dem es nur recht geschieht, wenn es mal ein bisschen heiß wird.«
Gut!, meinte Korath. Dann bleibt uns ja noch jede Menge Zeit.
»Nein, im Grunde nicht«, entgegnete Jake. »Eines habe ich im ›Frankies‹ gelernt – nämlich dass es, selbst mit dem Möbiuskontinuum im Rücken, keine gute Idee ist, einen derartigen Ort unbewaffnet aufzusuchen. Allem Anschein nach brauche ich eine Waffe, und ich weiß auch schon, wo ich eine kriegen kann.«
Oh?
Jake nickte. »In der Waffenkammer des E-Dezernats. Ich kenne die Koordinaten. Die Tür ist zwar fest verschlossen und mit einer Alarmanlage versehen, aber die Tür werden wir nicht benutzen. Ich möchte nicht, dass jemand merkt, dass ich da bin – ich habe keine Lust auf Auseinandersetzungen, Szenen, Schwierigkeiten oder sonst irgendetwas, das mich bei dem, was ich jetzt vorhabe, stört.«
Auseinandersetzungen und Schwierigkeiten mit Liz meinst du wohl?
»Versuche bloß nicht,
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