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ENTWEIHT

ENTWEIHT

Titel: ENTWEIHT Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brian Lumley
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still, stiller noch als in einem Grab.
    Es muss Nacht sein, dachte Jake, und allein schon dieser Gedanke ließ den Schmerz erneut auflodern, Lanzen aus gleißender Qual, die in seinem Schädel zersplitterten.
    Jake?, sagte das wimmernde Etwas, das sich verbissen an ihn klammerte, der tote Vampir Korath, einst Hirnsknecht, bebend am Rande von Jakes allmählich erwachendem Bewusstsein. Jake? Bist du das? Bist das wirklich du?
    Merkwürdigerweise musste Jake erst darüber nachdenken. Er war sich nicht sicher, ob es der Mühe wert war (das Denken fiel ihm nicht leicht, es schmerzte, und er hätte sich viel lieber einfach nur weitertreiben lassen), aber er musste darüber nachdenken.
    War er es, wirklich er, oder jemand anders? Vorhin, auf jenem Felsabsatz unter der Manse Madonie, hatte er Angst gehabt. Doch nun fühlte er sich nur noch schlecht. Ihm war übel vor lauter Schmerzen in seinem Kopf, übel, als er die Hand hob, um im Dunkel behutsam die klebrige Stelle abzutasten, an der es weh tat. Aber Angst hatte er nicht mehr.
    Angst? Nein, nicht hier im Möbiuskontinuum. Denn das Kontinuum gehörte ihm, hier war er quasi zu Hause, hier hatte er – oh, so weit, wie er sich zurückerinnern konnte – noch nie Angst verspürt! Nicht seit August Ferdinand Möbius persönlich ihm gezeigt hatte, wie … wie man Zugang dazu erlangte? Das war damals gewesen, in Leipzig, wo sich Möbius’ Grab befand … oder nicht?
    Schon wieder dieses Wort: Grab! Was hatte er nur mit Gräbern? »Stiller als in einem Grab« … »Möbius’ Grab« … und die zahllosen Toten in ihren »Gräbern« – alle erörterten sie die Verdienste, das Für und Wider und die Unterschiede zwischen Jake und Harry. Als ob es einen Unterschied gäbe! Und was nun Leipzig betraf: Jake war verdammt noch mal niemals dort gewesen … oder?
    Jake, wach auf! Du fantasierst!, sagte Korath mit stockender Totenstimme, fast lag ein erleichtertes Schluchzen darin. Du bist nicht Harry Keogh; du bist Jake Cutter! Du wurdest verletzt und da drin – in deinem Kopf – war nichts mehr, völlige Leere, ich hielt dich schon für tot. Verletzt zu werden ist weitaus besser, als tot zu sein. Das kannst mir glauben, Jake! Also reiß dich zusammen und bring uns hier raus.
    Nicht Harry Keogh? Aber weshalb erinnerte Jake sich dann an so vieles von dem, was Harry Keogh gewesen war, daran, was er getan und auch was er unvollendet gelassen hatte?
    Es ist bloß ein Bruchstück von Harry!, sagte Korath. Ein winziger Funke von ihm. Er gab dir – ha! – ein Stück von seinem Geist!
    Und nahm mir damit den Seelenfrieden, entgegnete Jake, während nach und nach, nun immer rascher, sein Bewusstsein zurückkehrte. Bloß ein Puzzlespiel mit zu vielen fehlenden Teilen. Stück für Stück setze ich jetzt alles zusammen. Und allmählich … erinnere ich mich?
    Das ist gut!, sagte Korath. Denn zu wissen, was Harry Keogh wusste, kann uns nur stärker machen. (Er klang allerdings nicht sehr überzeugt davon.)
    Es kann mich stärker machen, sagte Jake, während der Schmerz allmählich nachließ, aber was dich angeht, bin ich mir da nicht so sicher. In seiner Stimme schwang ein Unterton mit, der Korath warnte, hier vorsichtig vorzugehen.
    Ich weiß nicht, was du meinst.
    Ich meine, sagte Jake, dass der Necroscope früher auch einmal einen ungebetenen Mitbewohner hatte, so wie ich. Harry wurde von einem toten Vampir heimgesucht. Er hieß … Faethor Ferenczy!
    Die Erinnerung kam zu ihm aus dem Nichts, einfach so. Wie Staub rieselte sie von der Decke eines Gewölbes tief in seinem Innern, wo sie beim Kontakt mit dem Necroscopen hängen geblieben war – losgerüttelt als Folge von Gewalt, Erschütterung und Schmerz –, und senkte sich auf Jakes Hirnwindungen herab, wo sie auf einmal ein erkennbares Muster bildete. Paramnesie, ja. Eine Erinnerung, die zwar nicht seinem Gedächtnis entstammte, gleichwohl jedoch eine Erinnerung war – und zwar an Faethor Ferenczy!
    Faethor, der sich wie ein Egel an ihn (oder Harry?) klammerte, während er an einem in die Zukunft führenden Strahl entlangraste; Jake erinnerte sich an ihre Unterhaltung, als hätte sie gestern stattgefunden oder auch gerade eben, in diesem Augenblick:
    »Siehst du diesen blauen Faden hier, der sich aus mir herauswindet«, hörte Jake sich (beziehungsweise Harry) zu Faethor sagen. »Das ist meine Zukunft.«
    Und die meine ebenfalls, erwiderte Faethor hartnäckig.
    »Sieh doch hin, der Faden hat einen Stich ins Rötliche. Siehst du das,

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