ENTWEIHT
es mir dann nicht einfach, als er die Chance dazu hatte?«
Der einzige Grund, den ich mir vorstellen kann, sagte Zek, ist der, dass er selber vielleicht gar nicht weiß, was es ist.
Jake schwirrte der Kopf, und das nicht nur, weil ihm seine Wunde unentwegt zusetzte. »Du meinst, ein Teil von ihm erinnert sich an etwas, was er noch hätte erledigen müssen, allerdings reicht die Erinnerung nicht weit genug, um zu wissen, worum es sich handelt? Und das soll ich jetzt für ihn tun?«
Nach allem, was du mir erzähltest, erscheint mir das naheliegend.
»Und was hat er nun in diesen verlorenen Jahren angestellt?«
Jene unter der Großen Mehrheit, die es wissen – und das ist bloß eine kleine Handvoll – wollen nicht darüber reden, erwiderte Zek. Und mir werden sie schon gar nichts sagen, denn bereits vor langer Zeit schlossen sie einen Pakt, nie mehr darüber zu sprechen. Um Harrys willen.
»Obwohl er mittlerweile tot ist?«
Das hatten wir doch bereits, seufzte sie.
Jake schüttelte frustriert den Kopf.
»Die Toten reden nicht darüber, noch nicht einmal mit dir, obwohl du eine von ihnen bist? Ha! Und was ist mit den Lebenden? Warum hat Ben Trask mir denn nichts erzählt?«
Weil es ihm genau wie mir geht, sagte Zek. Er weiß es nicht.
»Dann sag mir um Himmels willen doch, was du weißt!« Es war zum Haareausraufen. »Was, zur Hölle, war mit dem Necroscopen los, dass Ben und das E-Dezernat so große Angst haben, darüber zu reden!?«
Einen Augenblick herrschte Schweigen und er konnte regelrecht spüren, wie hin- und hergerissen Zek war, als sie schließlich sagte: Tut mir leid, Jake. Tut mir leid, aber mehr kann ich dir nicht sagen. Ich verrate dir nur so viel: Ein Necroscope – der Necroscope – zu sein, ist kein leichtes Unterfangen. Weder für dich noch für die zahllosen Toten. »Was, zur Hölle«, fragst du. Ja, genau dahin könnte es führen. Ziemlich genau dahin. Mit den Lebenden zu reden, oder vielmehr mit dir, ist eine Sache, und würde nicht mehr dahinter stecken … aber es geht um mehr. Die Toten machten schon vor langer Zeit, als Harry noch lebte, die Erfahrung, dass eine Sache zur anderen führen kann. Deshalb sind sie so still, rühren sich nicht und wahren ihren Frieden. Fürs Erste zumindest.
»Sie möchten nicht mit den Lebenden reden?«, fragte Jake verblüfft. »Sie glauben tatsächlich an diesen ganzen Ruhe-in-Frieden-Quatsch? Ihr früheres Leben in der Welt, die sie verlassen haben, ist ihnen völlig egal und sie wollen auch nicht wissen, wie es ihren Kindern geht, was in der Welt vor sich geht und wie die Nachwelt auf dem, was sie geschaffen haben, aufbaut?« Er schüttelte den Kopf. »Das verstehe ich nicht.«
Aber sie sind daran interessiert!, sagte Zek. Und wie! Mehr als du dir vorstellen kannst. Wenn sie sich erst einmal unserem Standpunkt anschließen, wirst du feststellen, wie sehr . Und dies ist die Antwort auf deine beiden Fragen: weshalb die Große Mehrheit im Augenblick nicht mit dir zu sprechen bereit ist und weshalb das E-Dezernat dir nicht alles über Harry zu erzählen vermag. Die Welt braucht einen Necroscopen, Jake. Aber es muss auch der Richtige sein. Er muss mutig sein und umsichtig und er muss dazu stehen, was er tut. Und die Toten müssen ihm etwas bedeuten, denn unter Umständen müssen sie einen hohen Preis dafür zahlen, dass sie zu ihm stehen ...
»Ich verschwende bloß meine Zeit«, sagte Jake. »Und es führt zu nichts. Aber dir vertraue ich, Zek. Wenn du also sagst, dass es sich so verhält … dann gehe ich davon aus, dass es auch wirklich so ist.«
Noch etwas, bevor wir auseinandergehen, sagte Zek. Lass den Kopf nicht hängen, Jake. Es geht voran, wenn auch langsam; wir sind dabei, die Schlacht zu gewinnen. Stück für Stück rückt die Große Mehrheit auf deine Seite und fängt an, die Dinge so zu sehen wie du. Ganz allmählich kehrt sich das Blatt zu deinen Gunsten. Denn trotz aller Hindernisse, die dir im Weg liegen – allen Schwierigkeiten und Unwägbarkeiten zum Trotz – hast du nicht aufgegeben. Mehr noch, mit jeder Stunde, die vergeht, brennt dein Licht in unserer Finsternis immer mehr wie dasjenige Harry Keoghs. Und das Wesen, das du mit dir herumschleppst – das die Toten mehr als alles andere fürchten – hat keineswegs an Boden gewonnen, sondern verloren. Du bist ihm um Längen voraus, Jake, und alles, was wir jetzt noch tun müssen, ist sicherzustellen, dass es auch so bleibt.
»Aber ich habe einige nicht sehr achtbare Leute zu euch
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