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Enwor 1 - Der wandernde Wald

Enwor 1 - Der wandernde Wald

Titel: Enwor 1 - Der wandernde Wald Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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Masse sich windender, peitschender Arme und Tentakeln zu bestehen: ein Nest dünner, züngelnder Vipern, die aus einem schleimigen, unsichtbaren Zentrum ständig nach außen quollen, pulsierten und bebten. Aber es waren Tausende.
    Skar begriff beinahe zu spät, in welcher Gefahr er sich befand. Die Front der schwarzen Nachtmahre hatte das Pferd überrannt und war nur noch wenig mehr als eine Armeslänge von ihm und dem reglosen Gardisten entfernt. Skar warf einen gehetzten Blick über die Schulter zurück, richtete sich auf und schlug nach dem Khtaäm, der auf dem Gesicht des Gardisten hockte und ihm langsam die Luft abzuschnüren begann. Die Klinge aus gehärtetem Sternenstahl fuhr mit einem widerlichen, reißenden Geräusch durch den Leib des Ungeheuers. Eine Fontäne aus schwarzem Blut und Schleim besudelte Skar. Das Monster zuckte, schlug noch einmal mit unzähligen dünnen, peitschenden Armen in die Luft und sackte dann reglos von seinem Opfer herunter. Skar schleuderte den zuckenden Kadaver angeekelt mit der Schwertspitze davon. Er wechselte das Schwert von der Rechten in die Linke, packte den Bewußtlosen am Arm und zerrte ihn in verzweifelter Hast vor der näherkriechenden schwarzen Woge her.
    »Hilf mir!« brüllte er. »Schnell!«
    Aber der andere Gardist rührte sich nicht. Sein Pferd wieherte ängstlich und wich rückwärtsgehend davon, und das Gesicht des Mannes war zu einer Maske reiner Panik erstarrt. »Flieh!« keuchte er. »Er ist tot! Laß ihn! Flieh endlich!« Seine Stimme vibrierte vor Grauen.
    Irgend etwas klatschte gegen Skars Rücken und versuchte sich mit Millionen und Abermillionen winziger spitzer Zähne festzukrallen Skar schrie auf, ließ den bewußtlosen Gardisten fallen und riß das Ungeheuer mit einer verzweifelten Bewegung herunter. Ein grausamer Schmerz zuckte durch seine Eingeweide. Sein Rücken schien in Flammen zu stehen. Er schrie, taumelte einen Schritt und brach mit einem wimmernden Laut in die Knie. Der Schmerz steigerte sich ins Unerträgliche und erlosch von einer Sekunde auf die andere, aber dafür konnte er plötzlich nicht mehr richtig sehen. Er stand auf, machte einen Schritt und brach abermals in die Knie. Seine Glieder fühlten sich plötzlich wie mit Gas gefüllt an und schienen von seinem Körper weg und nach oben streben zu wollen. Er schrie, wollte schreien, aber aus seiner Kehle drang nur ein würgender, blubbernder Laut, als wäre sein Hals plötzlich mit Blut und zähem Schleim verstopft. Ein Schatten wuchs über ihm empor: groß, schwarz und verzerrt und auf unsagbare Weise mit Grauen durchwoben. Er riß die Arme hoch, schlug in blinder Furcht um sich und traf irgend etwas. Noch einmal stemmte er sich hoch, lief, taumelte, fiel auf Hände und Knie und kroch blind und schreiend vor Angst weiter, nur weg, weg von dieser krabbelnden schwarzen Flut, weg, weg, weg!
    Dann traf ein unsichtbarer Blitz seinen Körper und zersprengte
ihn
in Atome.

Er träumte, und er wußte es. Aber im Gegensatz zu all den anderen Alpträumen, die er bisher erlebt hatte, wachte er nicht auf, als ihm die Tatsache klarwurde, daß das, was er erlebte, nicht die Realität war. Er war wieder in der Wüste, aber es war nicht die Nonakesh, sondern eine gigantische schwarze Ebene aus schwarzem Glas, flach wie ein Brett und poliert, so daß sich sein Körper wie ein verzerrter Schatten in ihrer Oberfläche spiegelte. Trotzdem wußte er, daß es Wüste war, ebenso zweifelsfrei, wie er wußte, daß er träumte. Ein kalter Wind strich aus unbestimmbarer Richtung über die spiegelnde Ebene und ließ ihn frösteln. Er hatte Angst, aber sie kam nicht zum Durchbruch, sondern brodelte irgendwo unter der Oberfläche seiner Gedanken, als würde sie noch geduldig warten, wie ein unsichtbares, gefährliches Raubtier, das genau wußte, wann seine Chance gekommen war.
    Er hatte auf dem Rückengelegen, als er erwacht war. Eigentlich hätte er als erstes den Himmel sehen müssen, aber es gab keinen, fast als befände er sich in einergewaltigen Höhle, deren Decke zu hoch war, als daß er sie sehen oder auch nur ahnen konnte. jetzt stand er auf, drehte sich einmal um seine Achse und ging mit langsamen Schritten los. Die Richtung spielte keine Rolle, weil es keine Richtung gab. Erging, aber er wußte nicht, ob er sich wirklich von der Stelle bewegte. In seiner Umgebung war nichts, woran er sich orientieren könnte. Die Ebene war glatt und flach und verlor sich in der Unendlichkeit. Es gab keinen Horizont, so wie

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