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Enwor 1 - Der wandernde Wald

Enwor 1 - Der wandernde Wald

Titel: Enwor 1 - Der wandernde Wald Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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phantastische Unternehmen gefaßt hatte, mußte von diesem Fluß gewußt haben!
    »Warum haben sie das getan?« flüsterte er fassungslos. »Warum?«
    Bernec sah auf. Sein Gesicht zuckte, und für einen Moment glaubte Skar so etwas wie Haß in seinen Augen aufflammen zu sehen. »Ich weiß es nicht«, flüsterte er. »Und ich will es auch gar nicht wissen. Das einzige, was ich weiß«, sagte er, während er mühsam aufstand und abwechselnd in die unsichtbare Tiefe zu seinen Füßen und geradeaus ins Nichts starrte, »ist, daß unser Volk umsonst gelitten hat. All die Generationen vor. uns sind umsonst gestorben. Unsere Heimat lag die ganze Zeit in unserer Reichweite, Skar. All die Jahrhunderte voller Hoffnung und Schmerzen waren umsonst. Ich will nicht wissen, warum sie uns das angetan haben. Aber ich will, daß die Männer, die es waren, dafür bezahlen.«
    »Aus dir spricht der Schmerz, Bernec«, sagte Skar sanft, obwohl er sich darüber im klaren war, daß seine Worte in diesem Moment wie boshafter Hohn klingen mußten. »Es muß einen Grund dafür geben. Ich habe Seshar kennengelernt, Bernec. Er mag ein harter Mann sein, ein gnadenloser Mann vielleicht, aber er ist nicht grausam. Es muß einen Grund geben.«
    »Einen Grund, ein Volk jahrhundertelang zu täuschen?« fragte Bernec ruhig. »Du glaubst das wirklich, wie? Du glaubst, es muß einen Grund geben, unzählige Generationen zu betrügen und zu belügen, unzählige Kinder in dem Wissen aufwachsen zu lassen, das Ziel, für das sie leben und kämpfen werden, niemals erreichen zu können? Glaubst du das wirklich? Oder glaubst du nur, einen Grund finden zu müssen, weil die Vorstellung sonst unerträglich wäre?«
    »Bernec, ich —«
    »Nein, Skar«, unterbrach ihn Bernec. Er hatte sich jetzt wieder vollkommen in der Gewalt, und seine Stimme klang ruhig und emotionslos, beinahe unnatürlich ruhig. »Ich will nichts mehr hören. Ich weiß, das du besser reden und argumentieren kannst als ich, aber deine Argumente interessieren mich nicht mehr. Ich will nicht wissen, warum Seshar und alle, die vor ihm Ipcearn beherrscht haben, uns belogen haben. Vielleicht hatten sie Gründe, aber die zählen nicht mehr. Ich will nur noch Rache.«
    »Rache?« Del schüttelte den Kopf. »Ich habe viele Männer kennengelernt, die für die eine oder andere Sache Rache geschworen haben, Bernec. Keiner von ihnen ist…« Er brach ab, als
ihn
Bernecs Blick traf. »Verzeih«, murmelte er. »Es war sehr dumm von mir.«
    »Nein, das war es nicht«, sagte Bernec überraschend. »Du hast vollkommen recht. W
ahr
sche
inli
ch wird Cearn zugrunde gehen, wenn wir uns gegen die Könige erheben. Aber wir werden es trotzdem tun. Die Zeit des Wartens ist endgültig vorbei, Del. Wir werden unser Volk in die Freiheit führen — oder sterben.«
    »Dazu müssen wir erst einmal hier herauskommen«, sagte Skar. »Ich verstehe deine Gefühle, Bernec, aber bevor es soweit ist, müssen wir zurück nach Went.« Er ließ sich auf Hände und Knie niedersinken, kroch zur Felskante und streckte die Hände aus. Das Licht seiner Fackel verlor sich irgendwo unter ihm. Die Höhle mußte gewaltig sein. Er überlegte einen Moment, holte dann aus und warf das brennende Holz :mit Schwung in die Tiefe. Der Sturz schien endlos zu dauern, ue_ti die Fackel war nicht mehr als ein winziger roter Funke, als sie schließlich tief unter ihnen im Wasser landete und verzischte. »Ich fürchte, wir müssen zurück«, murmelte er. »Zu tief, um abzusteigen. Das sind mindestens fünfzig Meter.« Er stand auf und trat zögernd von der Kante zurück. Er fühlte sich immer noch wie betäubt von dem, was er erfahren hatte, aber wenn es überhaupt einen Weg gab, damit fertig zu werden, dann den, sich an reale Probleme zu klammern, das Chaos in ihren Gedanken mit Schmerzen und Anstrengung und so banalen Dingen wie Laufen und Klettern zu betäuben. Er spürte, daß die anderen ihn jetzt dringender denn je brauchten. Wenn Bernec das Kommando jemals wirklich geführt hatte, so hatte er es gerade wortlos an ihn abgegeben.
    »Gehen wir zurück zur Höhle«, sagte er halblaut. »Es muß noch einen anderen Weg geben, hier herauszukommen.«
    »Du willst zurück?« fragte Del überrascht.
    Skar nickte. »So schnell wie möglich.«
    »Und die Hoger?«
    »Wir werden ihr Rätsel ein andermal lösen«, sagte Bernec, bevor Skar antworten konnte. »Falls das dann noch nötig ist. Jetzt müssen wir zurück. Die… Menschen in Went müssen erfahren, was

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