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Enwor 1 - Der wandernde Wald

Enwor 1 - Der wandernde Wald

Titel: Enwor 1 - Der wandernde Wald Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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auf das schwarze Gewebe.
    Skar zuckte die Achseln. »Ich nicht«, antwortete er ernsthaft. »Alles, was ich möchte, ist, so schnell wie möglich hier wieder herauszukommen.«
    Del grinste. »Mit diesem Wunsch bist du nicht allein, alter Mann. Aber
mir
kommen allmählich Zweifel, ob wir hier richtig sind. Bisher habe ich nicht einmal eine Flügelspitze gesehen.«
    »Sei froh«, murmelte Skar.
    »Ich meine es ernst«, beharrte Del. »Das alles hier mag ja unheimlich und beeindruckend sein, aber seid ihr sicher, daß die Hoger in diesen Höhlen leben?« »Wir haben nicht einmal einen Bruchteil dieses Labyrinths erforscht«, versetzte Bernec unwillig. »Früher oder später werden wir schon auf sie stoßen.«
    »Auf sie — oder etwas Schlimmeres«, nickte Del. »Ich…«
    »Schluß jetzt«, sagte Coar verärgert. »Es nutzt uns nichts, wenn wir hier herumstehen und reden. Gehen wir weiter.« Sie riß Del mit einer wütenden Bewegung die Fackel aus der Hand, stieß ihn grob beiseite und drang gebückt in den Stollen ein. Die flackernden Lichtreflexe der Flamme entfernten sich rasch.
    »Sie hat recht«, sagte Skar halblaut. »Gehen wir.« Er versetzte Del einen sanften Rippenstoß und deutete auffordernd auf den Gang. »Oder fürchtest du dich?«
    Del zog eine Grimasse, fuhr herum und eilte hinter Coar her. Skar und die anderen folgten ihm in geringem Abstand, während Bernec den Abschluß bildete.
    Der Stollen strebte in sanfter Neigung in die Tiefe. Die Wände rückten schon nach wenigen hundert Schritten so dicht zusammen, daß Skar rechts und links mit den Schultern anstieß, und nach einer Weile sank die Decke so weit herab, daß sie kriechen mußten, um überhaupt noch vorwärtszukommen. Die Männer löschten nach und nach ihre Fackeln. Es war unmöglich, auf allen vieren zu kriechen und dabei noch eine Fackel zu tragen, ohne sich oder den Vordermann zu verbrennen, aber Skar war beinahe froh, im Dunkeln weiterkriechen zu müssen. Anders als sonst erschien
ihm
die Dunkelheit jetzt wie ein Verbündeter, und für einen Moment fühlte er sich wie ein verängstigtes Kind, das die Augen schloß und glaubte, nicht gesehen werden zu können, weil es selbst nichts sah. Die Zeit wurde bedeutungslos, während er so durch die Dunkelheit kroch. Er spürte die Anwesenheit der anderen, hörte ihre schnellen, regelmäßigen Atemzüge, die raschelnden und schleifenden Geräusche ihrer Kleider, das satte Schmatzen, mit denen sich ihre Hände und Knie aus dem matschigen Boden lösten, aber diese Geräusche erschienen
ihm
seltsam irreal. In Wirklichkeit war er allein, allein in einem endlosen, finsteren Stollen, der im Nichts begann und in der Unendlichkeit endete. Irgendwann, vielleicht in einer Million Jahre, würde er sein Ende erreichen, und…
    Skar verharrte mitten in der Bewegung, als ihn die Erkenntnis traf. Der Mann hinter
ihm
prallte gegen seine Beine, versuchte sich erschrocken aufzurichten und krachte mit dem Kopf gegen 'die Decke. Skar bemerkte es kaum. Plötzlich wußte er, woher seine Angst kam, woher dieses mit namenlosem Grauen gemischte dejä-vu-Gefühl, das die ganze Zeit unbewußt hinter seinen Gedanken gelauert hatte, stammte. Er kannte diese Höhle! Er kannte diese Stollen, diese endlosen Gänge und Tunnels, die so seltsam organisch aussahen und auf unbestimmte Art mit Leben erfüllt schienen, das sanfte Vibrieren und Pochen unter seinen Händen und Füßen…
    Skar stöhnte leise, als der Gedanke mit voller Wucht über ihn hereinbrach. Er hatte all dies schon einmal erlebt, kurz nachdem er in das Kbtaäm-Nest geraten war. Er war schon einmal durch diese Stollen und Gänge geirrt, nicht körperlich, aber mit seinen Gedanken, während er in Thorandas Haus lag und mit dem Tod rang. Er erinnerte sich an diese Höhlen!!
    »Was ist los da vorne?« drang Bernecs Stimme durch den Stollen.
    Skar zuckte zusammen und kroch hastig weiter. Seine Hände zitterten, und in seinem Kopf schien ein irres Kaleidoskop zu wirbeln, ein dumpfer Wust von Gedanken und Empfindungen, in dem das wenige, was von seinem logischen Denken übriggeblieben war, wie in einem wirbelnden Sog zu versinken drohte. Aber wie konnte er sich an etwas erinnern, das er niemals erlebt hatte?! WIE! Blind und mit mechanischen Bewegungen kroch er weiter, ohne überhaupt etwas von seiner Umgebung wahrzunehmen. Jemand sagte etwas, aber sein Bewußtsein registrierte die Worte bloß, ohne ihren Sinn zu erfassen. Erst als
ihn
jemand bei den Schultern packte und

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