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Enwor 1 - Der wandernde Wald

Enwor 1 - Der wandernde Wald

Titel: Enwor 1 - Der wandernde Wald Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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Problem.«
    Del knurrte. »Muß ich dich erst verprügeln, bis du Vernunft annimmst?« fragte er. »Oder hättest du vielleicht die Güte, die Scheuklappen wenigstens für fünf Minuten herunterzunehmen und mir zuzuhören?«
    Skar gab einen seltsamen, halb amüsierten, halb wimmernden Laut von sich.
    »Bitte«, sagte er. »Ich höre. Welche Strategie schlägst du vor? Zünden wir Ipcearn an, oder versuchen wir es im Sturmangriff ?«
    Del schüttelte verzweifelt den Kopf. »Es gibt einen Weg«, sagte er. »Es gibt eine winzige Chance, Skar. Vielleicht ist es noch nicht zu spät, das Schlimmste zu verhindern. Ich habe mit Coar gesprochen.«
    Skar hob verwirrt den Blick. »Coar?«
    Del nickte. »Sie verachtet dich nicht, wenn du das glaubst. Ich glaube, sie… sie hat nur noch Mitleid für dich.«
    »Was soll das?« schnappte Skar wütend.
    Del machte eine besänftigende Handbewegung. »Wir können Bernec nicht mehr aufhalten«, sagte er. »Selbst wenn wir ihn töten, würde das die anderen nur noch mehr aufbringen. Aber es gibt vielleicht einen anderen Weg.«
    »Und welchen?«
    »Wir müssen nach Ipcearn«, sagte Del nach einer langen, hörbaren Pause. »Nur du und ich und Coar und Bernec.«
    »Du mußt verrückt sein«, sagte Skar, »wenn du. glaubst, daß er sich darauf einläßt.« »Vielleicht doch«, antwortete Del hastig. »Wir müssen es versuchen, Skar! Es ist unsere letzte Chance. Ihre letzte Chance. Wenn es uns gelingt, Seshar unschädlich zu machen, können wir den Krieg noch verhindern.«
    »Noch ein Mord?« fragte Skar.
    Del verzog das Gesicht. »Der Gedanke gefällt mir ebensowenig wie dir. Aber ich sehe keinen anderen Weg. Es… es geht nicht mehr ohne Blutvergießen ab, Skar, so grausam es klingt. Aber du hast die Wahl zwischen einem Menschenleben und hunderten.«
    Skar schwieg betroffen. Es war das alte Problem, ob man Menschenleben gegeneinander aufrechnen durfte, ob irgend jemand —ganz egal, aus welchen Gründen — das Recht besaß, über Leben und Tod eines Menschen zu entscheiden. Niemand hatte es je gelöst, und auch ihnen würde es nicht gelingen. Aber vielleicht mußten sie das Falsche tun, um am Ende das Richtige zu erreichen. Vielleicht, dachte er matt, würden sie auch bei dem Versuch sterben, Ipcearn zu betreten. Und vielleicht war es das beste.
    Er stand auf und ging an Del vorbei zur Tür.

Der Himmel über dem Wald glühte im Licht unzähliger, hell lodernder Feuer. Ein dumpfes Raunen und Brausen, das an das Geräusch ferner Meeresbrandung erinnerte, brachte die Luft in der Stadt zum Erbeben.
    Skar verharrte unwillkürlich, als er die Menschenmenge sah, die sich auf der Lichtung im Zentrum Wents versammelt hatte. Es mußten sieben-, vielleicht achthundert sein: Männer, Frauen und Kinder, Greise und Krieger. Jeder Bewohner der Stadt schien anwesend zu sein. Und er konnte die knisternde Spannung, die von der Menge Besitz ergriffen hatte, fühlen. Bernecs Worte hatten ihre Wirkung nicht verfehlt. Im Moment mochte die Menge noch betäubt und gelähmt von dem Schock sein, den Bernecs Enthüllungen für sie bedeutet haben mußten. Aber dieser Zustand würde nicht lange anhalten: Schon in kurzer Zeit würde aus dieser Menschenmenge ein tobender Mob werden, ein gigantisches, vielkörperiges Tier, das nach Blut schrie und seinem Anführer blind in den Tod folgen würde.
    Skar schloß für einen Moment die Augen und versuchte, das dumpfe Murmeln und Wispern in seinem Inneren zu ignorieren.
    Sein dunkler Bruder war noch da, lauernd und wach, bereit, bei der ersten sich bietenden Gelegenheit aus seinem Versteck zu springen und wieder Gewalt über ihn zu erlangen.
    Kommt«, flüsterte er. »Und seid vorsichtig. Eine falsche Bewegung, und sie zerreißen uns.«
    Sie ritten los, Skar an der Spitze, gefolgt von Coar und Del, der ein viertes, reiterloses Pferd am Zügel führte. Coar hatte ihn und Del mit den fertig gesattelten Tieren am Fuße der Brücke vor dem Haus der Heilerin erwartet, als hätte sie keine Sekunde daran gezweifelt, daß Skar sie begleiten würde. Sie hatten kein Wort miteinander geredet, aber das war auch nicht nötig gewesen. Coar war seinem Blick ausgewichen, aber es war nicht Haß oder Abneigung oder Furcht gewesen, sondern etwas anderes, etwas, das Skar nicht mit Gewißheit bestimmen konnte und das ihn erschaudern ließ.
    Die Menge teilte sich vor ihnen, als sie langsam auf das Zentrum des Platzes zuritten. Skar bemühte sich, starr geradeaus zu blicken, wo Bernec auf einem

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