Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Enwor 1 - Der wandernde Wald

Enwor 1 - Der wandernde Wald

Titel: Enwor 1 - Der wandernde Wald Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
Vom Netzwerk:
Wortspiel verstanden hatte, aber der besorgte Ausdruck auf ihrem Gesicht blieb.
    »Später vielleicht.« Der Ton, in dem sie die beiden Worte aussprach, machte deutlich, daß sie nicht gewillt war, weiter darüber zu reden. Und Skar respektierte diesen Wunsch. Es war niemals ratsam, sich in Sitten und Gebräuche einer Kultur einzumischen, von der man nichts wußte.
    »Wurden viele deiner Leute verletzt?« fragte er, um das Thema zu wechseln.
    »Fast alle. Aber keiner sehr schwer. Keiner bis auf…« Sie stockte, sah die beiden reglosen Gestalten neben den Pferden an und ballte die Fäuste. »Alle bis auf Maiall und Senja«, stieß sie hervor. »Sie sind erwacht.« Sie warf den Kopf in den Nacken, preßte für einen winzigen Moment die Lider aufeinander und hatte sich dann wieder vollkommen in der Gewalt. Skar bewunderte im stillen die Disziplin dieser jungen Frau. In ihrem Inneren mußte ein wahrer Vulkan toben. »Keiner von den anderen ist so schlimm verletzt wie dein Freund Del. Sein Name war doch Del?« Skar drehte sich unwillkürlich um, um nach dem Jungen zu sehen.
    Coar deutete seinen Blick richtig. »Larynn kümmert sich um ihn«, sagte sie. »Sie ist keine Heilerin, aber sie hat geschickte Hände. Sie versorgt meine Mädchen oft, wenn eine verletzt ist. Wir haben ihn in den Wald gebracht. Dort drüben, zwischen den Bäumen.«
    Skar blickte in die angegebene Richtung. Die Soldaten hatten Del — genau wie ihn —von der eigentlichen Lichtung heruntergeschafft und im Schutz der ersten Bäume niedergelegt. Eine schmale, in zerbeultes Gold gekleidete Gestalt beugte sich über ihn und machte sich mit vorsichtigen Bewegungen an seiner Schulter zu schaffen. Skar folgte der Kommandantin zum Waldrand hinüber. Del lag lang ausgestreckt im weichen Moos zwischen den Bäumen, halb mit einer grobgemusterten Pferdedecke zugedeckt und ein Büschel Gras als Kissen unter dem Kopf. Sein nackter Oberkörper glänzte vor Schweiß und geronnenem Blut. Die Wunde war erneut aufgebrochen und sah schlimmer aus denn je.
    »Nun?«
    Larynn erhob sich mit einer geschmeidigen Bewegung, als Coar das Wort an sie richtete.
    »Wie geht es ihm?« Sie sprach — wohl aus Rücksicht auf Skar —noch immer Tekanda, das er verstand.
    Zwischen Larynns Brauen entstand eine steile Falte. Sie war jünger als Coar; achtzehn, vielleicht — allerhöchstens — zwanzig, schätzte Skar. Ihr Gesicht war hübsch, aber ihr fehlte der energische Zug, der Coar auszeichnete. Ein Mädchen, das sich in Männerkleider gepreßt hatte. Keine Kriegerin.
    »Es sieht… nicht gut aus«, antwortete sie schwerfällig. Ihre Lippen hatten sichtlich Mühe, die ungewohnten Worte der fremden Sprache zu formen. Aber sie beherrschte sie trotzdem erstaunlich gut. »Er muß zu einer Heilerin, oder er wird bald erwachen.« Sie wies mit einer Kopfbewegung auf die bloßgelegte, rissige Wunde, die sich wie ein pulsierendes lebendes Geschwür über Dels Schulter und einen Teil der Brust ausgebreitet hatte, und stieß dann angeekelt mit dem Fuß gegen den schmutzerstarrten Fetzen, der ihnen als Verband hatte dienen müssen. »Er hat Wundbrand, und das schon ziemlich lange, fürchte ich. Wann ist es passiert?«
    Skar antwortete nicht sofort. Fünf endlos lange Tage waren sie durch die Nonakesh geirrt, aber das schien bereits Ewigkeiten zurückzuliegen. Sein Zeitgefühl war irgendwo auf dem Weg zwischen dieser Lichtung und dem Waldrand verlorengegangen.
    »Vor fünf Tagen«, antwortete er schließlich.
    Larynn nickte. »Das habe ich befürchtet. Eigentlich dürfte er schon gar nicht mehr leben. Das Wundgift ist in seine Adern geraten und zerfrißt seinen Körper. Und diese dreckigen Lappen haben alles noch viel schlimmer gemacht.«
    »Es war alles, was wir hatten«, gab Skar gereizt zurück. »Ich hätte die Quorrl ja um frischen Verbandsstoff bitten können, als sie auf uns eindroschen.«
    Larynn lächelte sanft. »Verzeih, Skar. Es war nicht als Angriff gemeint, nur als Erklärung. Aber wir müssen deinen Freund schnellstens nach Went bringen.
    Unsere Heilerin wird ihn retten.«
    »Seinen… Arm auch?« fragte Skar hastig.
    Larynn antwortete nicht.
    »Warum«, fragte Coar leise, »hat er nicht gesagt, wie schwer er verwundet ist?«
    Skar zuckte die Achseln. Einen Moment lang war er versucht, sie daran zu erinnern, wie unbarmherzig sie sie durch den Wald getrieben hatte, aber ein einziger Blick in ihre Augen sagte ihm, daß das nicht nötig war. Schon ihre Frage war eine

Weitere Kostenlose Bücher