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Enwor 1 - Der wandernde Wald

Enwor 1 - Der wandernde Wald

Titel: Enwor 1 - Der wandernde Wald Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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unausgesprochene Bitte um Vergebung.
    »Vermutlich hat er es selbst nicht gewußt«, sagte er ausweichend. »Oder es nicht wahrhaben wollen. Del ist sehr stolz. Mehr, als gut für ihn ist, manchmal. Er ist noch sehr jung.«
    Coar schüttelte den Kopf. »Del ist ein seltsamer Mann. Ihr beide seid seltsame Männer, Skar. Was seid ihr?«
    »Satai!«
    Coar überlegte einen Moment. »Und was«, sagte sie dann, »sind Satai?«
    »Wir sind Krieger. Söldner, wenn du so willst. Aber wir stehen in niemandes Sold.« Coar runzelte die Stirn. »Das verstehe ich nicht.«
    »Ich verstehe es manchmal selbst nicht. Nimm uns als wandernde Abenteurer, wenigstens vorerst. Später erkläre ich es dir genauer, wenn du dich wirklich dafür interessierst.«
    Coar gab sich vorerst mit dieser Erklärung zufrieden, wenngleich Skars Worte ihre Verwirrung wohl eher noch gesteigert hatten, und wandte sich wieder an Larynn. »Versorge ihn, so gut du kannst«, sagte sie. »Und laß eine Trage für ihn bauen. Den Ritt auf einem Pferderücken bis Went würde er nicht überleben.«
    Larynn nickte gehorsam, schenkte Skar noch einen undeutbaren Blick und beugte sich dann wieder zu dem Bewußtlosen hinab, um weiter an seiner Wunde zu hantieren.
    Coar atmete hörbar ein und wandte sich ab. Sie legte den Kopf in den Nacken und suchte einen Moment lang aufmerksam den Himmel über der Lichtung ab. Dann ging sie steifbeinig zu den Kriegerfinnen hinüber, die die Vogelkadaver mittlerweile auf einen großen Haufen in der Mitte der Lichtung geschafft hatten. Skar folgte ihr. Coars Verhalten verwirrte ihn mit jedem Moment mehr. Sie benahm sich ihm gegenüber jetzt ganz und gar nicht mehr so, wie man es von ihrer Rolle als Siegerin erwarten konnte. Natürlich hatte er sich ein gewisses Recht auf Dankbarkeit erwirkt, doch das, was er jetzt erlebte, ging über jede Logik.
    Coar blieb stehen und bedeutete ihm mit einer stummen Geste, sich dem Scheiterhaufen nicht weiter zu nähern. Die Kriegerfinnen waren gerade dabei, den letzten toten Hoger auf den Kadaverhaufen zu zerren. Trotz ihrer gewaltigen Größe schienen die Ungeheuer nicht so schwer zu sein, wie ihr monströses Äußeres vermuten ließ. Wären sie es gewesen, hätten sie wahrscheinlich selbst mit ihren gigantischen Schwingen nicht fliegen können. Andere Kriegerfinnen waren damit beschäftigt, Äste, Wurzeln und trockenes Reisig vom Wald herüberzuschaffen und im Kreis um die Kadaver herum aufzuschichten. Ihre Bewegungen waren schnell und fahrig, als täten sie alles in großer Hast, und mehr als einmal hob eine der gepanzerten Gestalten den Kopf und sah nervös nach oben. Skar fiel auf, daß sie trotz der schweren Arbeit sämtlich in voller Rüstung und bewaffnet waren, als rechneten sie jederzeit mit einem neuen Angriff. Die Speere staken unweit des improvisierten Scheiterhaufens im Boden, nahe genug, daß die Kriegerfinnen sie mit einem raschen Sprsng erreichen konnten, und zwei Gardistinnen hielten mit gespannten Armbrüsten Wache. Nach allem, was Skar erlebt hatte, verstand er diese Vorsichtsmaßnahmen nur zu gut. Was ihm um so weniger begreiflich erschien, war, warum die Gruppe nicht so rasch wie möglich das Weite suchte, sondern sich um eines bloßen Aberglaubens willen der Gefahr eines weiteren Überfalles aussetzte. Aber er sprach diesen Gedanken nicht laut aus. Coar würde wissen, was sie tat. Dies war ihr Land, nicht seines. Was ihm absurd und widersinnig vorkam, mochte hier seine Berechtigung haben und umgekehrt. Die Kriegerfinnen beendeten ihr grausiges Werk und traten zurück. Eine Fackel glomm auf; ein winziger, rotgelber Glutpunkt zuerst, der in der samtblauen Dunkelheit wie ein böses Auge funkelte und sich in Sekundenschnelle zu einer knisternden Flamme ausbreitete.
    Reisig knackte, begann funkensprühend zu brennen. Plötzlich schlug eine hohe, schwefelgelbe Flamme aus dem Reisigkreis, explodierte mit phantastischer Geschwindigkeit nach allen Seiten und griff fast augenblicklich auf die Vogelkadaver über. Die Lichtung erglühte von einer Sekunde zur anderen in grellem, blauweißem Feuer; Helligkeit, die das Grün des Grases und die Farbe der Himmelskuppel verblassen ließ, aus den Umrissen der Soldaten schwarze, tiefenlose Schatten machte und den Wald dahinter wie eine kompakte Mauer erscheinen ließ. Eine intensive Hitzewelle trieb die Kriegerinnen schrittweise zurück.
    Skar beschattete die Augen mit der Linken und versuchte, durch den Vorhang aus gleißendem Licht einen Blick auf

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