Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Enwor 1 - Der wandernde Wald

Enwor 1 - Der wandernde Wald

Titel: Enwor 1 - Der wandernde Wald Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
Vom Netzwerk:
noch aus der gleichen Bewegung heraus zu. Der gehärtete Stahl der SataiWaffe fuhr mit einem widerwärtigen, reißenden Geräusch durch Fleisch und Knochen. Der Hoger bäumte sich auf, schrie hoch und spitz und sank in einer Wolke aus wirbelndem Schwarz und spritzendem Blut zu Boden.
    Skar wuchtete den Pferdekadaver ächzend zur Seite und kniete neben Coar im Gras nieder. Selbst durch das geschlossene Visier konnte er erkennen, wie sich ihre Augen ungläubig weiteten.
    »Geht es?« fragte er hastig.
    Coar nickte mühsam. »Hilf mir auf. Wir müssen zu den anderen.«
    Skar half ihr vorsichtig auf die Beine und blickte zum Kampfplatz hinüber. Die Formation der Verteidiger war mittlerweile vollkommen zusammengebrochen, und das Schlachtfeld hatte sich in ein Chaos aus Blut und Schreien verwandelt. Eine Anzahl regloser dunkler Körper im Gras zeigte deutlich, welchen Preis die Hoger für ihren selbstmörderischen Angriff gezahlt hatten, aber die Waagschale neigte sich mehr und mehr zu ihren Gunsten. Die Garde wurde immer weiter zum Waldrand hin zurückgedrängt, und auch zwei der goldgepanzerten Reiter lagen bereits leblos am Boden. Ihre Säbel und die dünnen, gefährlichen Lanzen boten ihnen zwar einen gewissen Schutz, aber die Hoger beherrschten trotz ihres plumpen Aussehens ihr Element vollkommen. Immer wieder stießen sie herab, hackten mit Zähnen und Klauen nach den Reitern und versuchten, in den Rücken der Gardisten zu gelangen.
    Skar zögerte nicht mehr länger. Ohne auf Coar oder die kreisenden Ungeheuer über seinem Kopf zu achten, spurtete er los und warf sich mit einem gellenden Kampfschrei in die Schlacht. Sein Schwert schnitt einen flirrenden Halbkreis in die Luft, barst durch Knochen und Fleisch und Flügel und zuckte immer wieder empor. Zwei, drei Hoger torkelten tödlich getroffen zu Boden, ehe die übrigen Monster die neu aufgetauchte Gefahr überhaupt bemerkten. Skar duckte sich unter einer niedersausenden Schwinge weg, wurde von dem gewaltigen Luftzug von den Beinen gerissen und schlug noch im Aufspringen erneut zu. Etwas fraß sich heiß und brennend in seine Schulter, aber er registrierte den Schmerz kaum. Irgendwoher wußte er plötzlich, daß es in diesem Kampf kein Unentschieden geben würde. Nur Sieger und Besiegte. Lebende und Tote.
    Sein Eingreifen schien den Soldaten wieder Mut zu machen. Ein vielstimmiger, erleichterter Aufschrei ging durch die Reihe der Gardisten. Spieße wurden mit neuem Mut emporgereckt und bohrten sich in schuppige Körper; Schwerter und Pfeilspitzen blitzten auf, und ein Hoger nach dem anderen fiel erschlagen zu Boden. Die Luft war mit einem Mal von durchdringendem, ekelhaftem Blutgeruch erfüllt.
    Und dann war der Kampf vorbei, so abrupt, wie er begonnen hatte. Der letzte Hoger starb mit einem Armbrustbolzen im Auge, und die Luft über der Schneise war plötzlich leer.
    Skar ließ erschöpft die Arme sinken. Sein Herz raste, und in seinen Ohren war ein dumpfes auf- und abschwellendes Rauschen, das Geräusch seines eigenen Pulsschlages, das alle anderen Laute übertönte. Die Waffe in seiner Hand schien plötzlich Tonnen zu wiegen. Seine verkrampften Finger öffneten sich. Das Schwert polterte zu Boden. Plötzlich spürte er die Schmerzen, seinen aufgerissenen Rücken, all die kleinen, blutenden Wunden, die Erschöpfung. Lichtung und Reiter begannen sich um ihn zu drehen. Eine Gestalt tauchte vor ihm auf —klein, schmal und in rotfleckiges, schimmerndes Gold gehüllt, mit einem absurd spitz zulaufenden Gesicht. Sie sagte etwas in einer Sprache, die er nicht verstand, und streckte zaghaft die Hand aus.
    Er trat einen Schritt vor, schwankte und brach in die Knie. Übelkeit wallte in ihm hoch. Er griff kaltsuchend nach der ausgestreckten Hand, verfehlte sie und fiel der Länge nach ins Gras. Dann verlor er das Bewußtsein.

Das Gefühl einer weichen, warmen Berührung war auf seiner Stirn; die Berührung zarter Finger, sanft und stark, besorgt und fordernd zugleich. Er erinnerte sich, das Bewußtsein verloren zu haben, aber er wußte nicht, wie lange er so reglos dagelegen hatte — vielleicht nur Augenblicke, vielleicht auch Stunden. Zeit hatte keine Bedeutung mehr. Er lag einfach da, genoß das zarte Streicheln auf seiner Haut und die wohlige, anschmiegsame Wärme des Grasbettes. Es war lange her, daß er das letzte Mal so dagelegen hatte, viel zu lange, daß sein Körper das bekommen hatte, was er außer Wärme und Schlaf noch brauchte. Zu lange, daß er einem

Weitere Kostenlose Bücher