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Enwor 10 - Die verbotenen Inseln

Enwor 10 - Die verbotenen Inseln

Titel: Enwor 10 - Die verbotenen Inseln Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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war, spürte Skar für einen unendlich kurzen Moment eine tiefe Erleichterung. Dann nichts mehr.
    Wie edel,
sagte der
Daij-Djan
spöttisch.
DU hast ihn von seinen Schmerzen erlöst. Nachdem du sie ihm zugefügt hast.
    Skar fuhr herum, riß mit einem Schrei das Schwert in die Höhe und ließ den Arm wieder sinken, als ihm klar wurde, wie sinnlos es war, die
Sternenbestie
mit dieser Waffe angreifen zu wollen. »Ich… war das nicht«, sagte er unbeholfen. »Ich habe es nie gewollt.
Nicht das!«
    Bist du sicher?
Der
Daij-Djan
starrte aus seinem schrecklich flachen Nicht-Gesicht zu ihm hoch und hob die Hand. Seine Klaue deutete auf den hinteren Teil des Verlieses, den Bereich hinter der Gitterwand, in dem Crons Gefangene untergebracht waren.
    Sieh dorthin, Bruder,
sagte er.
Sieh dorthin, und dann sag noch einmal, daß du es nicht wolltest.
    Fast gegen seinen Willen drehte Skar sich um und blickte in die Richtung, in die die Klaue des Ungeheuers wies.
    Hinter den Gitterstäben rührte sich nichts.
    Erst jetzt, als hätte sein Bewußtsein zwar alle Eindrücke aufgenommen und registriert, sie aber im Moment der unmittelbaren Gefahr als unwichtig eingestuft und unterdrückt, fiel ihm auf, wie still es trotz allem hier unten war. Er hatte selbst einen Tag und eine Nacht zwischen Crons Gefangenen verbracht, und er hatte mehr als einmal erlebt, wie sie jedesmal in Panik gerieten, wenn ein Quorrl das unterirdische Verlies betrat. Er begriff erst jetzt, daß er nicht den mindesten Laut gehört hatte, während er mit den Quorrl kämpfte, und etwas in ihm hatte auch die ganze Zeit über gespürt, was diese fürchterliche Stille zu bedeuten hatte, denn er fühlte nicht einmal Schrecken, sondern nur Entsetzen und Zorn und ein schmerzhaftes Akzeptieren dessen, was er längst gewußt hatte.
    Die Gefangenen waren tot.
    Die Quorrl, die er erschlagen hatte, waren keine Wächter gewesen, sondern das Exekutionskommando. Die zwei Dutzend Männer und Frauen, die zu befreien er zurückgekommen war, lagen enthauptet auf dem Boden ihres Gefängnisses, säuberlich in drei Reihen nebeneinander und an Händen und Füßen gefesselt. Sie mußten schon lange tot sein; vielleicht Stunden. Das Blut, das das faulige Stroh auf dem Boden schwarz gefärbt hatte, war schon trocken. Es war alles umsonst gewesen.
    Und sinnlos,
flüsterte der
Daij-Djan
in seinen Gedanken.
Sie waren schon tot, als ihr den Hof verlassen habt.
    Mühsam drehte sich Skar wieder zu der Bestie um und sah sie an.
    »Was willst du?« fragte er.
    Dich.
    »Mich?« Skar lachte; im ersten Moment aus bloßem Spott, dann wirklich, als ihm klar wurde, welchen Anblick sie bieten mußten, der
Daij-Djan,
die blutgierigste Bestie, die die Schöpfung jemals hervorgebracht hatte, und er: ein verkrüppelter, alter, sterbenskranker Mann, der kaum noch die Kraft hatte, sich auf den Beinen zu halten.
    Du kannst leben,
flüsterte der
Daij-Djan. Unendlich leben. Unsterblichkeit. Und unbegrenzte Macht, Bruder. Die Macht eines Gottes. Es liegt in deiner Hand.
    »Nein«, stöhnte Skar. Wieder überkam ihn Schwäche, aber diesmal war es nur die Reaktion seines gemarterten Körpers, der die Kraftreserven, deren Skar sich bediente, längst nicht mehr hatte. »Ver… schwinde«, murmelte er. »Du kannst mich haben, wenn… wenn ich dich rufe. Nicht eher. Das war unsere Abmachung!«
    Aber du
hast
mich gerufen.
    »Das ist nicht wahr!«
    Du tust es unentwegt,
beharrte der
Daij-Djan.
Du wußtest, daß du keine Chance hattest, dies hier lebend zu überstehen, ohne meine Hilfe. Hör auf, dich selbst zu belügen, Bruder — und mich.
    Du sagst, du willst meine Unsterblichkeit nicht? Aber du bedienst dich ihrer. Du tust Dinge, die du nicht könntest ohne meine Hilfe. Nicht ich bin es, der unsere Abmachung bricht, Bruder. Du bist es. Du brichst sie unentwegt. Du sagst, du brauchst meine Hilfe nicht, aber du zwingst mich, sie dir zu gewähren.
    Wieder spürte er, daß sich irgend etwas an dem
Daij-Djan…
verändert hatte. Er hatte niemals Zeichen von Ungeduld oder gar Nervosität an seinem Dunklen Bruder bemerkt; ja, bisher geglaubt, daß der
Daij-Djan
zu solcherlei Empfindungen nicht einmal fähig war, denn er war eine Kreatur der Ewigkeit, ein Wesen, das nie gelebt hatte und somit auch nicht sterben konnte.
    Zeit war bedeutungslos für ihn. Er hatte eine Million Jahre auf diesen Tag gewartet.
    »Vielleicht wollte ich sterben«, antwortete Skar.
    Um mich zu vernichten.
Der
Daij-Djan
nickte, auf eine beunruhigend

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