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Enwor 10 - Die verbotenen Inseln

Enwor 10 - Die verbotenen Inseln

Titel: Enwor 10 - Die verbotenen Inseln Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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glaubst, jedenfalls.« Er machte einen Schritt und spürte abermals, wie schwach er war. Seine Knie waren weich. Selbst das Gewicht des Mantels schien ihn zu Boden zerren zu wollen. Die Übelkeit stieg jetzt in Wellen aus seinem Magen hoch, und in seinem Mund war Blut; noch immer oder schon wieder, das wußte er nicht. Er taumelte, griff haltsuchend nach Titchs Schulter, verfehlte sie und wäre gestürzt, wenn der Quorrl ihn nicht wieder aufgefangen hätte. Alles drehte sich um ihn.
    »Holt die… Pferde«, murmelte er. »Wir müssen weg.«
    »Weg?« Titch lachte. »Du träumst, Satai. Du wirst nirgends hingehen, ehe deine Wunden versorgt sind und du ausgeruht bist. Außer ins Land der Toten. Aber auf andere Art, als dir lieb ist.« Skar versuchte seine Hand abzustreifen, aber Titch schien es nicht einmal zu bemerken. Mit schon etwas mehr als sanfter Gewalt drehte er ihn herum und schob ihn auf die Tür zu Crons Wohnhaus zu. Mit der anderen Hand hielt er Kiina zurück, die ihnen folgen wollte, und deutete gleichzeitig auf die Reihe niedriger Holzbauten am gegenüberliegenden Ende des Hofes. »Geh und schau nach, ob Scrat noch am Leben ist. Wenn nicht, bring ihre Kiste mit den Heilkräutern.«
    Kiina antwortete irgend etwas, das Skar nicht verstand, und trotz seiner Schwäche und der Übelkeit, die jetzt immer schlimmer wurde, schoß ihm der Gedanke durch den Kopf, daß es Wahnsinn war, dieses halbe Kind loszuschicken. Der erste Quorrl, der ihr begegnete, würde sie töten. Aber er hatte nicht einmal mehr die Kraft, den Gedanken laut auszusprechen; und es hätte auch nicht viel genutzt, denn Kiina drehte sich unverzüglich um und verschwand mit raschen Schritten in der Dunkelheit; froh, eine Aufgabe zu haben und irgend etwas zu
tun.
    Sie betraten das Haus, das immer noch hell erleuchtet war, aber von der gleichen furchtbaren Stille erfüllt war wie der ganze Hof. Ein toter Quorrl in der Uniform der Tempelgarde lag auf den Stufen der Treppe, die ins obere Geschoß hinaufführte, und Skar fragte sich, ob auch hier alles Leben ausgelöscht war, oder ob die Bestie sich damit zufrieden gegeben hatte, nur die Krieger zu vernichten.
    Titch stieß die erstbeste Tür auf, an der sie vorbeikamen, und schob Skar in den dahinterliegenden Raum. Es war ein kleines, fast leeres Zimmer, in dem nur einige Truhen und Kisten standen, auf deren größte der Quorrl ihn unsanft bugsierte, ihn aber festhielt, bis er sicher war, daß Skar aus eigener Kraft sitzen konnte.
    »Was ist passiert?« fragte er.
    Skar hob den Kopf. Er sah Titchs Gesicht nur wie durch einen Schleier aus Tränen und formlosen Nebelfetzen, aber er erkannte den Ausdruck darauf trotzdem. Er hatte ihn schon einmal gesehen; an dem Tag, als Titch das erste Mal dem
Daij-Djan
begegnete
    - und begriffen hatte, wer Skar
wirklich
war.
    »Sag die Wahrheit!« verlangte Titch. »Wir sind allein. Das Mädchen hört uns nicht.«
    »Du bringst sie um, du Idiot«, sagte Skar matt. »Der erste Quorrl, der ihr begegnet, wird sie töten.«
    »Kaum«, antwortete Titch hart. »Der einzige Quorrl, der auf diesem Hof noch lebt, bin ich. Was ist hier passiert?« Er zögerte unmerklich, ehe er hinzufügte: »Er?«
    Skar nickte. Er konnte nicht mehr sprechen. Aus der Übelkeit wurde Brechreiz, der durch den Geschmack des Blutes in seinem Mund nur noch verstärkt wurde. Erschöpft ließ er die Schultern nach vorne sinken, stützte die Ellbogen auf die Knie auf und kämpfte darum, nicht nach vorne zu fallen und das Bewußtsein zu verlieren.
    »Er war die ganze Zeit über in unserer Nähe«, sagte Titch.
    »Du hast es gewußt. Immer. Er war… immer bei uns. Bei
dir.«
Und erst jetzt begriff Skar den
wirklichen
Grund für Titchs Entsetzen. Er hob abermals den Kopf, und als er jetzt in Titchs Gesicht blickte, sah er, daß aus dem Entsetzen in seinem Blick Zorn geworden war, ein wühlender, vernichtender Zorn, der an Haß grenzte. Es waren nicht die Toten. Titch war ein Krieger und zudem ein Quorrl, dessen Verhältnis zum Tod völlig anders war als das Skars oder irgendeines anderen Menschen, und dazu kam, daß er die Tempelgarde fast ebenso haßte wie ihre Feinde. Er hätte diese Männer dort draußen selbst getötet, wäre er dazu in der Lage gewesen.
    »Du hast die ganze Zeit über nur mit mir gespielt, nicht wahr?« fragte er.
    »Das ist… nicht wahr«, widersprach Skar, aber er war zu schwach, um den Protest in seiner Stimme glaubhaft klingen zu lassen, und die Toten dort draußen auf dem Hof

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