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Enwor 10 - Die verbotenen Inseln

Enwor 10 - Die verbotenen Inseln

Titel: Enwor 10 - Die verbotenen Inseln Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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hob er den Blick und sah in Kiinas Gesicht. Das Mondlicht verwandelte ihre Haut in blasses Porzellan. Ihre Augen waren groß vor Schrecken und fast so schwarz wie die Titchs. Als sie die Hand hob und zitternd nach ihm ausstreckte, sah Skar, daß ihre Finger voller Blut waren; Blut, das dunkler als das eines Menschen war, von der gleichen, fast schwarzen Farbe wie die häßlichen Flecken, die sein Schwert besudelten, seine Knie und seinen Mantel und seine Hand, die sich noch immer so fest um den Griff der Waffe spannte wie im allerersten Moment.
    Sie führte die Bewegung nicht zu Ende, sondern trat an Titch vorbei und ließ sich in die Hocke sinken, so daß sich ihre Gesichter auf gleicher Höhe befanden. »Was ist passiert?« fragte sie.
    Er wollte sagen:
Ich weiß es nicht.
    Er wollte sagen:
Das ist nicht mein Werk. Das war das Ungeheuer. Die Bestie. Der Daij-Djan.
    Aber er tat es nicht. Es wäre keine Entschuldigung gewesen, nicht Titch und schon gar nicht sich selbst gegenüber. Der
Daij-Djan
war kein Alibi, kein Schuldiger, den er an seiner Stelle anprangern konnte, denn er war ein Teil von ihm selbst. Und er war ihm nicht halb so fremd, wie er sich bisher einzureden versucht hatte.
    Statt dessen schüttelte er nur müde den Kopf und verzog die Lippen zu einem bitteren, kalten Lächeln, das die Bestürzung in Kiinas Blick für einen Moment in Furcht verwandelte; eine Furcht, die eindeutig
ihm
galt, nicht dem Anblick der drei Dutzend erschlagener Quorrl auf dem Hof.
    »Skar«, sagte Kiina. »Hörst du mich? Verstehst du, was ich sage?«
    Er nickte. Sein Lächeln wurde eine Spur wärmer, aber die Furcht in Kiinas Blick ließ nicht nach.
    »Was ist passiert? Bist du… verletzt?«
    »Nein«, flüsterte er, beinahe selbst ein wenig erstaunt, wieder reden zu können. »Ich bin… unverletzt. Mir fehlt nichts.« Er atmete tief ein, so schwer, daß es sich fast wie ein Seufzen anhörte, löste endlich die Hand vom Griff des
Tschekal
und versuchte ungeschickt, die Waffe in ihre Umhüllung zurückzuschieben. Es gelang ihm nicht. Seine Finger waren verkrampft und nutzlos wie hölzerne Stöcke, von der Stunde, die sie vergeblich versucht hatten, den Griff des
Tschekal
zu zerbrechen; die Waffe entglitt ihm und fiel klirrend auf den Boden.
    Kiina beachtete sie nicht, aber Titch bückte sich rasch danach, wischte das Schwert an seinem Mantel sauber und half Skar, es in die Scheide zu schieben. Sein Blick begegnete dem Skars, ohne daß Kiina es bemerkte, und Skar las die unausgesprochene Frage darin, die Titch quälte:
Er?
    Er nickte, versuchte aufzustehen und spürte, daß er nicht mehr die Kraft dazu hatte. Nach dem Kampf gegen die Quorrl war er nur erschöpft gewesen, aber diese eine, endlose Stunde, die er hier gesessen und auf das Geschenk seines höllischen Bruders hinabgeblickt hatte, hatte ihn seiner letzten Kräfte beraubt. Erst mit Titchs Hilfe gelang es ihm, sich zu erheben.
    »Sie sind alle tot«, murmelte Skar. Er sah Titch an, dessen Gesicht unter dem Schuppenpanzer ebenso bleich und fassungslos war wie das Kiinas, wenn auch aus völlig anderen Gründen. »Cron hat sie hinrichten lassen, noch ehe wir fort waren. Du hast das gewußt?«
    »Ja«, gestand Titch.
    »Warum hast du es mir nicht gesagt?« In seiner Stimme hatte Vorwurf liegen sollen, eine Anklage, etwas, das ihm die Mitschuld an alldem hier geben sollte. Aber sie klang nur müde.
    »Es hätte nichts geändert.«
    Aber das hätte es, dachte Skar matt. Es hätte
alles
geändert.
    Er hätte sich vielleicht geweigert, zu gehen, hätte er es gewußt, er hätte vielleicht etwas Unüberlegtes oder Törichtes getan, aber er wäre
ganz bestimmt nicht
zurückgekommen.
    Er sprach nichts von alldem aus, aber Titch las die Worte überdeutlich in seinem Blick. Seine Miene verhärtete sich. »Ja, ich hatte Angst!« stieß er hervor. »Ich hatte Angst vor dem hier. Ich hatte Angst, daß
ganz genau das
passiert!«
    »Daß
was
passiert?« fragte Kiina verwirrt. Skar riß seinen Blick mühsam von dem Titchs los und sah das Mädchen an. Natürlich, dachte er — sie wußte ja nichts von seinem Dunklen Bruder, dem
Ding,
das seit dem Tag seiner Geburt in ihm gewesen war und sein Leben bestimmt hatte, früher und viel mehr, als er bisher hatte wahrhaben wollen. Sie hatte die Toten gesehen und Skar, das blutige Schwert in seiner Hand und das Grauen auf seinen Zügen, aber sie konnte nicht wissen, was
wirklich
passiert war.
    »Nichts«, sagte er müde. »Nicht das, was du

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