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Enwor 10 - Die verbotenen Inseln

Enwor 10 - Die verbotenen Inseln

Titel: Enwor 10 - Die verbotenen Inseln Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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murmelte er. Sein Blick suchte den Skars, und für einen zeitlosen Moment waren es nicht seine Augen, sondern die des
Daij-Djan,
in die Skar sah.
Auch er wird sterben, Bruder. Ein weiterer Toter mehr auf deinem Weg zu mir.
    »Es gibt… einen geheimen Fluchtweg, Herr. Niemand… weiß davon. Nur Rowl und ein paar Eingeweihte.«
    »Und du gehörst dazu?«
    Statt direkt zu antworten, wandte sich der Quorrl um und ging zur jenseitigen Wand, wobei er einen gewaltigen Bogen um die beiden aufgebrochenen Kisten schlug. Er bewegte sich langsam; Skar spürte, wie schwer es ihm fiel, zu tun, was sie von ihm verlangten. Es war das letzte, vielleicht bestgehütetste Geheimnis Carans, das sie ihn preiszugeben zwangen, und Skar war nicht einmal sicher, daß er es wirklich aus Angst tat; oder gar, weil sie ihn überzeugt hatten. Vielleicht war das
Ding
in ihm einfach schon zu stark, als daß er ihm widersprechen konnte.
    Der Quorrl hob die Hand und berührte eine Stelle an der Wand. Ein helles, durchdringendes Klacken erscholl. In der rotbraunen Canyonlandschaft aus Rost und Rissen erschien ein mannshoher Kreis, als sich ein tonnenschweres Segment der Wand wie von Geisterhand zu bewegen begann; langsam, mit drehenden, schraubenden Bewegungen, wie der Deckel eines übergroßen metallenen Behältnisses. Ein Schwall eisiger Luft schlug ihnen entgegen, die gleiche, furchtbare Kälte, die Skar schon bei seinem ersten Ausflug in die verbotenen Katakomben unter dem Berg gespürt hatte.
    Skar und Titch traten näher, zögerten aber beide noch, den zum Vorschein gekommenen Gang zu betreten — vor allem, weil es kein Gang war: hinter dem stählernen Deckel lag eine schräg in die Tiefe führende, spiegelglatte Fläche, die sich in einer engen Spirale nach unten schraubte. Der Stollen war selbst für Skar nicht hoch genug. Titch und der Quorrl würden kriechen müssen; und Skar war nicht sicher, daß sie auf dem glatten Boden nicht den Halt verlieren würden.
    »Wohin führt das?« fragte Titch.
    »In die Katakomben, Herr«, antwortete der Quorrl. »Es gibt einen Tunnel, der aus Caran herausführt — zwei, drei Meilen weiter westlich in den Bergen.« Er sprach unsicher, stockend und mit großen Pausen zwischen den einzelnen Worten. »Vielleicht haben sie es geschafft.«:
    Titch machte eine auffordernde Handbewegung. »Dann geh.
    Wir folgen dir.«
    Der Quorrl rührte sich nicht.
    »Worauf wartest du?« fragte Titch ungeduldig. Ein mißtrauisches Funkeln glomm in seinen Augen auf. »Wenn dieser Weg sicher ist, dann geh ihn als erster.«
    »Einer… muß zurückbleiben, Herr«, antwortete der Quorrl.
    Sein Blick wich dem Titchs aus und saugte sich an den Toten auf dem Boden fest. »Die Tür läßt sich nur von hier aus schließen.« Titch schwieg betroffen, und auch Skar hatte für Augenblicke Mühe, sich seinen Schrecken nicht zu deutlich anmerken zu lassen. Er glaubte plötzlich zu wissen, was all die Toten auf dem Weg hierher und hier drinnen zu bedeuten hatten. Er sah den Quorrl an, aber diesmal wich der Krieger seinem Blick nicht aus. Erstaunlicherweise entdeckte Skar in seinen Augen aber auch keine Spur von Angst.
    »Gibt es… keinen anderen Weg?« fragte er.
    Titch blickte überrascht, und der Quorrl deutete ein Kopfschütteln an. »Geht«, sagte er. »Erschlagt ein paar von ihnen für mich.«
    Und genau das ist der Grund, aus dem wir hier sind,
dachte Skar bitter.
Weil zu viele so gedacht haben — wie du, mein Freund. Weil sie alle und immer so gedacht haben. Das ist der Grund, aus dem aus Enwor eine Hölle geworden ist. Aus dem alles, was von seiner Größe geblieben ist, Waffen und die namenlosen Schrecken der Vergangenheit sind.
    Und aus dem es uns gibt, Bruder,
fügte eine flüsternde schwarze Stimme in seinem Kopf hinzu.
    Trotzdem sagte er: »Ich verspreche es.«

T ageslicht, drei oder vielleicht auch vier Stunden später: ein winziger Fleck, scheinbar noch Meilen entfernt, wie eine zerbrochene Münze, die im Sonnenlicht glänzte. Skar wußte kaum noch, woher er die Kraft nahm, zu gehen. Seine Glieder schienen Zentner zu wiegen, und sein Rücken schmerzte, als hätte jemand einen Dolch hineingestoßen. Er hatte sich verletzt, auf dem Weg nach unten, und er hatte Titch verletzt; vermutlich sehr viel schwerer als sich selbst. Was sie für einen Gang gehalten hatten, war eine Röhre aus spiegelglattem Metall gewesen, die in immer enger werdenden Windungen nach unten führte, ein Fluchtweg im wahrsten Sinne des Wortes, auf dem

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