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Enwor 10 - Die verbotenen Inseln

Enwor 10 - Die verbotenen Inseln

Titel: Enwor 10 - Die verbotenen Inseln Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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zu zittern, versuchte rückwärts zu kriechen, ihre Fänge aus Skars Bein zu ziehen.
    Und starb.
    Skar sah es nicht nur — er
fühlte
es. Für die gleiche, winzige Zeitspanne, in der sich die Zähne der Kreatur in sein Fleisch gebohrt hatten, hatten sich auch andere, unsichtbare Fänge in seinen Geist gewühlt, weißglühende Ströme aus Schmerz und unvorstellbarem Haß, der jedes bißchen Menschlichkeit in ihm auszulöschen drohte. Aber plötzlich war der Druck fort. Für den Bruchteil einer Sekunde glaubte Skar einen lautlos gellenden Schrei zu hören, den Todesschrei einer Kreatur, die bisher nicht einmal gewußt hatte, daß es so etwas wie den Tod überhaupt gab, dann verhallte auch er, und im gleichen Moment fiel das kleine Ungeheuer von seinem Bein. Sein Körper begann sich aufzulösen, kaum daß es den Boden berührt hatte.
    Skar taumelte. Der Tunnel schwankte vor seinen Augen wie das Deck eines Schiffes im Sturm. Übelkeit breitete sich in seinem Leib aus, gefolgt von Schwäche und ein heftiges Schwindelgefühl.
    »Skar!«
Titch sprang vor und fing ihn auf, als er zusammenbrach. Der Quorrl schrie etwas, aber Skar verstand ihn nicht, denn er verlor für Sekunden das Bewußtsein.
    Als er die Augen wieder aufschlug, lag er auf dem Boden, der linke Arm des Quorrl stützte seinen Kopf, und Titchs Gesicht hing nur einen Fingerbreit über dem seinen. Der Quorrl hatte auf seinen Pulsschlag gelauscht.
    Skar richtete sich stöhnend in eine halb sitzende Position auf, versuchte Titchs Arm beiseite zu schieben und registrierte mit einem Gefühl von Resignation und Bitterkeit, daß ihm selbst dazu die Kraft fehlte. Irgendwie brachte er das Kunststück fertig, nach Titchs Arm zu greifen und sich daran in die Höhe zu ziehen. Er stand, aber er wankte. Die Wunde an seinem Bein brannte wie Feuer.
    Titchs Hände hielten ihn immer noch, und der Quorrl ließ auch nicht los, als Skar versuchte, seinen Arm beiseite zu schieben. Sein Blick glitt besorgt über Skars Gesicht. »Großer Gott, ich dachte, es wäre vorbei«, sagte er.
    »Wo ist er… so plötzlich hergekommen?« murmelte Skar. Er sah Titch an, aber die Gestalt des Quorrl wankte und verbog sich immer wieder vor seinem Blick, als betrachte er sie durch einen Zerrspiegel.
    »Er muß hier gewartet haben. Wahrscheinlich wimmelt es hier unten von diesen… diesen…« Er suchte sekundenlang vergeblich nach Worten, zuckte schließlich mit den Schultern und lehnte Skar wie ein krankes Kind gegen die Wand. Pedantisch überzeugte er sich davon, daß er aus eigener Kraft stehen konnte, ehe er sich umdrehte und in die Hocke ging, um den Quorrl zu untersuchen, der Skar angegriffen hatte.
    Skar sah bewußt in eine andere Richtung. Der Quorrl war tot, und das, was immer in ihm gewesen war, auch; gestorben im gleichen Augenblick, in dem sein Wirt starb. Ein Parasit, dachte Skar. Sie waren nichts anderes als Parasiten, winzige, mörderische Monstren, die in die Körper ihrer Opfer eindrangen und ihr Fleisch in… etwas
anderes
verwandelten. Aber sie töteten sie nicht, sowenig wie das Netz seine Opfer getötet hatte. Was sie taten, war tausendmal schlimmer.
    »Sie müssen Rowl und die anderen verfolgt haben«, sagte Titch, als er sich nach einer flüchtigen Untersuchung des toten Quorrl wieder aufrichtete. »Wahrscheinlich haben wir nur Glück gehabt, bisher auf keinen von ihnen zu stoßen.
Du
hast Glück gehabt«, fügte er betont hinzu. »Eine halbe Sekunde später, und du hat…«
    Er brach mitten im Wort ab. Seine Augen weiteten sich, als sein Blick auf die hefig blutende, daumentiefe Wunde in Skars Hüfte fiel.
    »Du… du hast es nicht getötet«, flüsterte er. In seiner Stimme war ein Entsetzen, das Skar im ersten Moment nicht einmal verstand. »Du hast —«
    »Es ist gestorben, als es mich gebissen hat, ja«, sagte Skar. Er sah, wie Titch noch einmal und nicht weniger heftig erschrak, und plötzlich war im Blick des Quorrl etwas Neues, Ungutes, das Skar schaudern ließ. Er versuchte zu lächeln und einen Scherz zu machen, um die Situation zu entspannen. »Kiina behauptet ja schon lange, daß ich manchmal ungenießbar bin.« Aber Titch blieb ernst. Das Entsetzen in seinen Augen wurde eher noch tiefer. »Es… es tut dir nichts«, flüsterte er.
    Skar hielt seinem Blick stand, aber es fiel ihm schwer, unendlich schwer. Der Quorrl schien innerlich zu Eis zu erstarren, und Skar spürte, wie sich etwas zwischen ihnen änderte. Ein falsches Wort, vielleicht nur eine falsche

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