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Enwor 11 - Das elfte Buch

Enwor 11 - Das elfte Buch

Titel: Enwor 11 - Das elfte Buch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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mit einem gewaltigen Satz zurückspringen wollte, war es schon zu spät. Sein Pech war es, dass Skar genau in diesem Moment mit der Kraft eines gereizten Bären den Ellbogen zurückrammte, ohne sich umzudrehen und ohne in diesem Sekundenbruchteil zu erfassen, was diese an sich recht harmlose Abwehr für Folgen haben konnte.
    Der Aufprall schleuderte den Mann zurück, ein, zwei Schritt nur, aber zu weit, um ihn noch rechtzeitig Boden unter den Füßen finden zu lassen. Einen verzweifelten Augenblick lang ruderte der Nahrak wie wild mit den Armen in der Luft. Er stieß einen entsetzten Laut aus und schaffte tatsächlich das unglaubliche Kunststück, noch in der Fallbewegung den Oberkörper vorschnellen zu lassen. Seine Hände stießen vor, auf den Rand des verschlingenden Schachts zu.
    Als Skar herumschwang, sah er den Mann im wahrsten Sinne des Wortes hinabfahren. Er reagierte langsam und ungeschickt und mit dem Reflex des stark angeschlagenen Kriegers, der auch dann ohne Nachzudenken handelt, wenn es besser gewesen wäre, erst einmal innezuhalten. Mit einem kurzen, schlecht gezielten Satz sprang er vor, auf den Nahrak und damit auf den Abgrund zu. Als seine Füße dicht am Rand aufkamen, rutschte er noch ein Stück weiter auf die verschlingende Finsternis zu, mehr in Gefahr selbst hinabzustürzen, als dem Mann eine Hilfe zu sein.
    Der Nahrak hatte es durch seine artistische Leistung geschafft, den sofortigen Absturz zu verhindern und klebte jetzt regelrecht an der Wand. Seine Finger hatten in der fast glatten Wand kaum genügend Halt gefunden, um sein Körpergewicht zu tragen, und wahrscheinlich wäre jeder normale Mensch schon mit einem Aufschrei in der Tiefe verschwunden, aber er schaffte es sogar, Zoll für Zoll seinen Oberkörper nach oben zu schieben.
    Seine Schulter war gerade auf der Höhe des Rands, als Skar auf ihn zugeschlittert kam. Für Skar bedeutete es die Rettung, da so sein Fuß Widerstand fand und nicht Gefahr lief, vollends über den Rand zu schlittern.
    Der Nahrak war weniger glücklich dran. Skars Schubser mit dem Satai-Stiefel brachte ihn endgültig aus der Balance, zerstörte das fragile Gleichgewicht, in das er seinen Körper ausgependelt hatte und ließ ihn zurückschwingen. Der Mann stieß einen verzweifelten Schrei aus, kein Wunder angesichts der Unendlichkeit unter ihm; doch trotzdem bewies er auch diesmal eiserne Nerven und unglaubliche Geschicklichkeit, indem er seine Hände zurückriss, ein Stück weit hinabrutschte, um dann wieder in einer gezielten Bewegung vorzuschnellen und sich in der Wand zu verkrallen.
    Es war allerdings fraglich, ob er es schaffen würde, sich aus dieser Position wieder von selbst nach oben zu hangeln. Skar konnte ihm nicht helfen, zumindest nicht im Augenblick; dazu war er viel zu sehr mit sich selbst beschäftigt.
    Wie ein Hochseilartist auf dem Draht breitete er die Arme aus, um sein Gleichgewicht auszubalancieren, damit er nicht Gefahr lief dem Nahrak zu folgen.
    »Zur Seite«, zischte der andere Nahrak.
    Skar wäre der Aufforderung gerne nachgekommen, aber er registrierte seine Umgebung nur mit einem Teil seines Bewusstseins. Er war fast besinnungslos und fast wahnsinnig vor Angst — einer Angst, die viel größer war, als es angesichts der Situation gerechtfertigt war. Es war fast so, als wäre er nicht mehr Herr seines Willens, als wolle ihn etwas hinabziehen in den Schlund, der ihm wie das weit aufgerissene Maul eines Monsters vorkam. Trotzdem ließ er sich, kaum hatte er das Gleichgewicht wieder gefunden, auf die Knie hinab und streckte die rechte Hand in die lockende Tiefe hinab, nachdem er das Schwert in die Scheide zurückgeschoben hatte. Der Nahrak hatte ein Recht darauf, gerettet zu werden, von ihm gerettet zu werden, denn er war es gewesen, der ihn in diese fürchterliche Lage gebracht hatte…
    Er sah den anderen Nahrak neben sich aufragen, spürte seine Hand, mit der er ihn beiseite schieben wollte, auf seinem Nacken. Einem grausamen Reflex folgend, packte er das Handgelenk des Mannes, um es herumzudrehen und den Mann wie eine willenlose Puppe an sich vorbeifliegen zu lassen.
    Der Nahrak stieß einen gellenden Schrei aus und versuchte noch im Fall, seinem Körper durch eine schnelle Drehung eine andere Richtung zu verleihen. Aber es war zu spät. Er stürzte hilflos in die Tiefe, ein zappelndes, sich sträubendes Bündel Mensch, ohne die geringste Chance und mit dem sicheren Tod vor Augen.
    Auch als Skar sich schon wieder hochgestemmt hatte,

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