Enwor 11 - Das elfte Buch
er stattdessen. »Die Quorrl-Spuren sind relativ alt… aber hier, siehst du… das sind Pferdehufe, die sich nicht so tief eingegraben haben; es müssen menschliche Reiter gewesen sein. Und hier sind sogar die Abdrücke von ein paar Stiefeln — nach den Quorrl müssen hier noch Menschen langgekommen sein.«
»Auf der Flucht vor den Quorrl«, sagte Esanna voller Hass, »weil diese Monster von Digger-Dorf zu Digger-Dorf ziehen und eines nach dem anderen auslöschen.«
»Wenn ich die Spuren richtig deute, waren die Quorrl in voller Kampfmontur«, bestätigte Skar und richtete sich wieder auf, »aber niemand sagt uns, dass sie gegen die Digger gezogen sind.«
»Natürlich nicht«, sagte Esanna scharf. »Ich hatte ja ganz vergessen, dass du ein Quorrl-Freund bist!«
Skar zuckte mit den Achseln. »Wenn du meinst. Ich sehe das zwar etwas anders: Aber lass uns das nicht hier und jetzt besprechen. Ich fürchte, wir werden am Fluss noch eine böse Überraschung erleben. Und nun komm.«
Esanna starrte ihn sprachlos an. »Du willst in dein Verderben rennen?«, fragte sie scharf. »Obwohl du weißt, dass am Pojoaque eine Horde Quorrl auf uns lauert?«
»Ich glaube kaum, dass sie auf uns lauern«, sagte Skar.
»Es passt nicht zu den Quorrl, sich tagelang irgendwo festzusetzen in der vagen Hoffnung, es käme jemand vorbei, den sie niedermachen könnten.«
»Was passt denn dann zu ihnen?«
»Das eben will ich herausfinden«, sagte Skar. Er drehte sich ohne ein weiteres Wort um und begann den Weg in Richtung Fluss hinabzugehen; Esanna blieb gar nichts anders übrig, als ihm zu folgen, wollte sie nicht alleine in dieser Einöde stehen bleiben.
Auf dem Weg kamen sie wesentlich schneller voran als auf dem Wildpfad. Skars Sinne waren bis zum Zerreißen gespannt. Der Wald war hier nicht so dicht, dass sich Quorrl in ihm hätten verbergen können, ohne dass er sie bemerkt hätte. Trotzdem fühlte er sich alles andere als wohl. Es war still hier, fast unnatürlich still angesichts des wuchernden Grüns; selbst die Vögel hielten sich zurück mit ihrem Gesang, so als spürten auch sie den nahen Tod, dessen jetzt geradezu beißender Gestank Skar in die Nase stieg.
Sie brauchten nicht weit zu gehen, bis sie das Ende des Waldes erreicht hatten: Er hörte einfach von einem Moment auf den anderen auf, ohne in Buschwerk auszulaufen, fast, als wäre er einst künstlich so angelegt worden. Sie verlangsamten automatisch ihre Schritte und bei dem Gedanken, dass sie in eine Falle laufen konnten, aus der es kein Entrinnen mehr gäbe und in der Esanna den Tod finden könnte, krampfte sich in Skar etwas so sehr zusammen, dass ihm die Knie weich wurden.
»Hinter den letzten Bäumen liegt der Pojoaque«, flüsterte Esanna, während sie wie Skar jetzt vollends stehen blieb. Skar nickte. Das Rauschen gleichmäßig gleitenden Wassers war laut und deutlich zu hören, ein fremdartiger und doch vertrauter Laut, der so eintönig wirkte, als würde er nicht den Gesetzen der Zeit unterliegen. Er wurde sich plötzlich bewusst, dass er diesen Fluss zumindest vom Hörensagen kennen musste; wenn auch wahrscheinlich unter einem vollständig anderen Namen. Den Ausdruck Pojoaque hatte er jedenfalls in noch keinem Zusammenhang gehört — und schon gar nicht in Bezug auf einen großen Strom.
»Vorsichtig jetzt«, sagte Skar. Er zog sein Schwert, doch das vertraute Gewicht des Sternenstahls vermochte ihn diesmal nicht zu beruhigen. Es war nicht so sehr die Sorge vor einem Kampf, den er vielleicht nicht zu bestehen vermochte, als vielmehr die Sorge um das Mädchen, das ihn nervös machte.
»Was tun wir?«, fragte Esanna und in diesem Moment wirkte sie fürchterlich jung und verletzlich.
»Du wartest hier«, sagte Skar. »Und ich sehe mich um.« Esanna schüttelte den Kopf.
»Wir
sehen uns um.«
Skar wollte zu einer scharfen Entgegnung ansetzen; aber als er ihrem Blick begegnete, unterdrückte er seine Bemerkung. Esanna war blass, verletzlich und sowohl körperlich als auch seelisch überfordert — aber sie hatte auch einen Dickkopf, der seinem in nichts nachstand. Außerdem war es fraglich, ob sie hier alleine sicherer sein würde als mit ihm zusammen am Fluss.
»Also gut«, sagte Skar. »Dann komm.«
Mit wenigen Schritten hatten sie den Waldrand erreicht.
Der Anblick des Flusses traf ihn wie ein Schlag; er war ganz ähnlich, wie er ihn erwartet hatte und doch ganz anders.
Der Strom lief hier breit und mächtig über ein Kiesbett, in das sich
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