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Enwor 11 - Das elfte Buch

Enwor 11 - Das elfte Buch

Titel: Enwor 11 - Das elfte Buch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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gekommen waren.
    »Wir sollten vorsichtig sein«, murmelte er, während seine Hand wie ein eigenständiges Wesen zurückglitt.
    »Wieso?«, fragte Esanna. »Fürchtest du, dass wir verfolgt werden?«
    »Alles ist möglich«, sagte er. Er fühlte sich mit einem Mal fast schuldig, so als würde er etwas Verbotenes tun.
    »Was ist nur los mit dir, Skar?«, fragte Esanna. Sie klang gleichzeitig schläfrig, aber auch erregt, auf eine Art und Weise, wie Skar sie in einer anderen Situation vielleicht genossen hätte, jetzt aber als fast körperlich unangenehm empfand.
    »Wir sollten jetzt schlafen«, brummte er. »Und Schlussfolgerungen erst dann ziehen, wenn wir wieder frisch und ausgeruht erwachen.«
    Dann umfing er sie mit seinem Arm, nicht wie ein Liebhaber, sondern eher wie ein Bruder, der seine Schwester —oder seine Kampfgefährtin — wärmen will. »Lass uns morgen weiter reden.«
    Esanna duldete seinen Arm nur wenige Sekunden lang.
    Dann drehte sie sich abrupt um; ohne von ihm wegzurücken, aber auf eine eindeutig enttäuschte Art und Weise, über die nachzudenken Skar sich verbot. Eng aneinander geklammert aber doch meilenweit entfernt schliefen sie ein.
    Sie kamen nicht gut voran. Der einsetzende Tau hatte den Boden aufgeweicht und ließ jeden Schritt zur Qual werden. Die Bäume standen hier so dicht, dass ihnen immer wieder tief hängende Äste ins Gesicht peitschten, so sehr sie sich auch Mühe gaben ihnen auszuweichen. Auf den Wipfeln lag noch ein Rest von Schnee, der wie weißer Staub auf sie herabrieselte. Eine bedrückende Stille hatte von dem Waldstück Besitz ergriffen, und wo Schlamm und Morast ihr Vorwärtskommen nicht behinderten, mussten sie sich durch dorniges Gestrüpp oder über umgestürzte Bäume kämpfen.
    Plötzlich blieb Skar stehen und legte den Kopf schief, als lausche er.
    »Was ist?«, fragte Esanna.
    »Wir sind jetzt nahe an dem Fluss, von dem Kama gesprochen hat«, sagte Skar. »Wir sollten jetzt doppelt vorsichtig sein.«
    »Woher weißt du, dass der Pojoaque vor uns ist?«, fragte Esanna erstaunt.
    »Ich höre ein leichtes Grummeln«, sagte Skar. »Wenn du genau hinhörst, wirst auch du es vernehmen — es klingt beinahe so, als verdichte sich der Wind, als würde das Vogelzwitschern und das Blätterrauschen eingebunden in eine Art Stofflichkeit.«
    Esanna schloss die Augen und ihr Gesichtsausdruck verriet, dass sie angestrengt lauschte. »Nein«, sagte sie nach einer Weile und schüttelte den Kopf. »Ich höre nichts. Außerdem könnte es auch eine Quelle sein, ein kleiner Bach wie der, an dem wir uns heute Morgen gewaschen haben…«
    »Das würde anders klingen«, sagte Skar nervös, während er weiter dem Wildpfad folgte, der eine relativ breite Schneise ins Unterholz geschlagen hatte — aber nicht breit genug, um nebeneinander zu gehen. »Wir sollten jetzt besonders vorsichtig sein. Achte auf alles, was dir merkwürdig vorkommt.«
    »Du rechnest mit einem Hinterhalt?«, fragte Esanna hinter ihm.
    »Nicht unbedingt.« Skar dachte an das unterirdische Meer im Inneren der Höhle, den Strudel, der sich in wahnsinniger Geschwindigkeit drehte, Gischt schlagend am Rand und vom Sog im Zentrum in die Tiefe drückend; und er fragte sich, ob nicht der Fluss, den Kama mit dem ihm unbekannten Namen Pojoaque bezeichnet hatte, geradewegs mit diesem Meer in Verbindung stand — und damit auch mit dem
Khtaäm.
    »Was fürchtest du dann?«, fragte Esanna mit einem leisen Beben in der Stimme. »Hat es etwas mit dem
Khtaäm
zu tun?«
    Skar wischte ein paar tief hängende Zweige zur Seite und achtete darauf, dass sie der hinter ihm gehenden Esanna nicht ins Gesicht schlugen. »Vielleicht«, räumte er ein. »Vielleicht ist es auch nur ein Gefühl, dass am Fluss Unheil lauert. In jedem Fall sollten wir jedes Risiko vermeiden.« »Was für ein Risiko?«, fragte Esanna.
    »Es ist immer ein Risiko, einen Fluss zu überqueren«, sagte Skar leise. »Kama hat uns eine Furt genannt und so wie er werden auch andere diese Stelle kennen. Wenn wir diese Furt durchschreiten, werden wir eine Zeit lang ohne Deckung sein. Schon ein einziger guter Bogen- oder Armbrustschütze könnte uns beide in aller Gemütsruhe abknallen, ohne dass wir die geringste Chance zu Gegenwehr hätten.«
    Esanna fuhr sich unruhig mit der Zunge über die Lippen. »Wenn das so ist — warum suchen wir uns nicht einen anderen Übergang?«
    »Weil ich glaube, dass es eher der Fluss selbst ist, der einen… sagen wir mal,

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