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Enwor 11 - Das elfte Buch

Enwor 11 - Das elfte Buch

Titel: Enwor 11 - Das elfte Buch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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Missverständnis?«
    »Kein Missverständnis«, sagte Skar hilflos, »jedenfalls nicht im klassischen Sinn. Sondern ein
Irrtum.
Ein verdammter Irrtum, weil nicht die Quorrl…« Er brach seinen Satz abrupt ab. Es waren die Erlebnisse der letzten Nacht und das Gespräch mit Kama, die ihn fast hätten sagen lassen: »Weil nicht die Quorrl eure Gegner sind.« Aber doch, das waren sie. Die Quorrl waren die Gegner der Digger, aber sie waren, so hatte es zumindest Kama behauptet, nicht die Gegner der Menschen und übrigen Bewohner Enwors, sondern, ganz im Gegenteil, ihre wertvollsten Verbündeten.
    »Dir gehen die Argumente aus, Satai«, sagte Esanna schroff. »Du weißt nicht mehr, was du sagen sollst angesichts dessen, was du hier siehst.«
    »Das mag sein«, gab Skar zu, »weil ich deinen Schmerz verstehen kann und das Gefühl Rache nehmen zu müssen.
    Das bedeutet aber noch lange nicht, dass du im Recht bist.« »Du verdammter, eingebildeter Narr!«, schrie Esanna.
    »Bist du nur in die Welt zurückgekommen, um mich mit diesen Sprüchen zu quälen? Bist du nur wieder geboren worden, um das Unglück der Menschen zu verspotten?«
    Es hätte vieles gegeben, was Skar darauf hätte erwidern können, aber nichts, was wirklich bis zu dem Mädchen durchgedrungen wäre. Einen Moment lang sah er es noch an, dann wandte er sich wortlos um und machte sich daran, die Furt zu durchschreiten, diesen einzigen Übergang weit und breit, der sie zurückbringen würde in das, was die meisten Menschen Zivilisation nannten. Die Strömung war schnell und tückisch, aber das Flussbett an dieser Stelle so breit, dass sich das Wasser ausladend über viele Felsen und Kieselansammlungen ergießen konnte und deshalb auch an der tiefsten Stelle höchstens hüfthoch war.
    In der Mitte des Flusses lagen zwei Quorrl, die von mehreren Pfeilen regelrecht aufgespießt worden waren; einer von ihnen war noch nicht einmal dazu gekommen, sein Schwert zu ziehen. Das und die Lage der anderen Toten bestätigten seine Annahme über den Ablauf des Kampfs. Aber Esanna hatte zumindest in diesem einen Punkt Recht: Es machte keinen Unterschied, wer hier wem aufgelauert hatte. Jetzt nicht mehr und vielleicht sogar schon lange nicht mehr. Zu viel war mittlerweile geschehen und nichts würde den Lauf der Ereignisse mehr ändern können — wenn sich nicht jemand dagegenstemmte, der schon gezwungenermaßen über den Dingen stand.
    Während er die Mitte des Stroms erreichte und das Wasser spürte, das seine Beine gleichsam sacht und fordernd umspielte, so als wollte es austesten, ob es ihn mitreißen konnte, erwartete er jeden Moment einen harten Aufprall zu spüren, von einem oder mehreren Pfeilen durchbohrt zu werden. Aber mehr noch fürchtete er dunkle Schatten im Wasser und bei jedem größeren Fisch, den er die Strömung durchschneiden sah, durchzuckte es ihn eiskalt: Auch wenn ihre Form weit weniger schnittig war und ihre Bewegungen an Eleganz vermissen ließen, erinnerten sie ihn an die
Khtaam
und es hätte ihn nicht verwundert, wenn plötzlich ein Schwarm der schwarzen Nachtmahre durchs Wasser geglitten wäre, um wie eine Schar Piranhas direkt auf ihn zuzuhalten und über ihn herzufallen.
    Mittlerweile fürchtete er die Manifestationen des
Khtaam
    mehr als den Tod; er hatte nicht vergessen, was in ihm vorgegangen war, als er am Rande des Schlunds gestanden hatte, wie stark und verlockend der Sog der Tiefe gewesen war und zu welcher Tat er fähig gewesen war angesichts der Unendlichkeit, die sich unter ihm aufgetan hatte. Aber er war es sich und dem Mädchen schuldig, als Erster die Furt zu durchschreiten. Wenn ihm die Überquerung unbeschadet gelang, dürfte das Risiko für Esanna weitaus geringer ausfallen — falls ihnen nicht am anderen Ufer eine böse Überraschung drohte.
    Auf dem Weg zum anderen Ufer und die Böschung hinauf zählte er fünf tote Satai, aber es mochten noch mehr im Schlick oder im kniehohen Schilf liegen, ohne dass er ihrer mit einem flüchtigen Blick gewahr wurde. Zu seiner Überraschung waren die Toten allesamt noch sehr jung, halbe Kinder, und er fragte sich, ob ihre Kriegsherren nicht ganz bewusst viel Nachwuchs heranzogen für den Vernichtungsfeldzug gegen die Quorrl. Wenn, dann würde damit auch das Besondere der Satai verloren gehen, ihre Würde und das Wissen um ihre Einmaligkeit; wenn Satai erst einmal nicht mehr als gewöhnliche, nur etwas besser ausgebildete Krieger waren, war es mit ihrer Vormachtstellung in der Rangordnung

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