Enwor 11 - Das elfte Buch
war sich sicher, dass diese Stellen gestern noch nicht da gewesen waren, aber er ahnte, was er entdecken würde, wenn er seinen übrigen Körper untersuchen würde: Sein ganzer Körper würde mit diesen dunklen Stellen übersät sein. Es war nicht das erste Mal, dass ihm das passierte; es war in Rouns Hütte gewesen, inmitten des Digger-Dorfs und damit kurz vor dem Angriff der Quorrl. Damals hatte er nur eine ungewohnte Müdigkeit und einen permanent schlechten Geschmack in seinem Mund gespürt. Diesmal war es schlimmer.
Was war bloß los mit ihm? Eine Krankheit schied mit größter Wahrscheinlichkeit aus; dann würde dieser verwirrte, schwache Zustand, der mit den Flecken einherging, sich nicht regelmäßig wiederholen. Das erste Mal war es in Rouns Hütte passiert, dann in der Nacht am Lagerfeuer, als er sich plötzlich außerhalb der Höhle wieder gefunden hatte, mit irgendetwas zwischen seinen Zähnen, was dort nicht hingehörte, und das dritte Mal — das war jetzt.
Er war in diesem Moment so hilflos wie noch nie zuvor und seine Beine fühlten sich abgestorben und taub vor Kälte an, unfähig ihn auch nur noch einen Schritt weit zu tragen, während gleichzeitig sein Puls raste und ihm kalter Schweiß den Rücken herabrann. Als er weitergehen wollte, gelang es ihm nicht sofort; er sank mit einem Schmerzenslaut noch ein Stück weiter in sich zusammen und blieb einen weiteren Moment in gekrümmter Haltung stehen, bevor er wenigstens so viel Kraft gesammelt hatte, um sich mit zusammengebissenen Zähnen wieder in die Höhe stemmen zu können. Es war eine tiefe Verzweiflung in ihm, ein tiefes Nichtverstehen und tausend unbeantwortete Fragen und nur eine davon betraf die Ursache seiner Schwäche. Vielleicht, so flüsterte ihm eine zynische Stimme in seinem Inneren zu, war das die ganz normale Nebenwirkung, wenn man nach dreihundert Jahren wieder auferweckt wurde, vielleicht hatte es aber auch etwas mit dem
Khtaäm
zu tun und seinem Versuch von ihm und Esanna Besitz zu ergreifen.
Als die Schwäche nach kurzer Zeit abebbte und er sich wieder so weit aufraffen konnte, um die wenigen Schritte zum Braunen zu überwinden, ließ der Druck der in ihm bohrenden Unruhe nach, verschwamm sein Unbehagen das Geheimnis seiner Existenz nicht zu kennen, beinahe so, als gäbe es gar keinen Grund sich mit diesen Fragen zu quälen. Was blieb, war ein beinahe körperlich spürbares Unbehagen von solcher Intensität, dass ihm davon fast schlecht wurde. Der Braune begrüßte ihn mit einem freudigen Wiehern. Offensichtlich wusste er nur zu gut, wer ihn gestern Abend trockengerieben hatte und wer ihn von Dreck und Blut befreit und dann die Wunde in seiner Flanke versorgt hatte, die, den Göttern sei Dank, nicht allzu tief war. Skar streichelte seine Nüstern und griff dann nach dem bereits gestern zurechtgelegten Zaumzeug, um es dem Tier anzulegen. Wenn er erwartet hatte, dass ihm das leicht von der Hand ging, dann hatte er sich getäuscht. Seine Gliedmaßen erschienen ihm wie aufgepumpt und seine Bewegungen von geradezu quälender Langsamkeit, doch zumindest hatte das Gefühl der Benommenheit nachgelassen und vergleichsweise erträglichen Kopfschmerzen Platz gemacht.
Die merkwürdige Stimmung, die sich über den Wald gelegt hatte, passte dazu: Es war einer dieser Tage, an denen die Morgendämmerung nach vielen Stunden übergangslos in eine alles verschluckende Abenddämmerung überging, ohne dass es auch nur ein einziges Mal richtig hell geworden wäre. Das ganze Land war in eine unnatürliche Dunkelheit getaucht und selbst die Waffen des Satais, die Skar jetzt vor sich auf dem Boden ausbreitete, um sie einer genaueren Musterung zu unterziehen, sahen grau und düster aus, so als würden sie nicht — zumindest teilweise — aus geschliffenem Sternenstahl bestehen, sondern aus dem mattschwarzen Eisen, aus dem einige Stämme der Prärien Malabs ihre Waffen schmiedeten.
Als er das
Tschekal
des gestern seinen schweren Verletzungen erlegenden Satais genauer betrachtete, fand er seine Vermutung bestätigt: Auch diese Waffe bestand nicht aus reinem Sternenstahl, sondern war im Griffbereich reich verziert, wenngleich es kein so aufwändig ziseliertes Kunstwerk aus Silber und Gold war wie das der Waffe, die in seinem Gürtel steckte. Möglicherweise wies die Gestaltung des Griffs auf eine Rangordnung der Satai hin, wie es sie zu seiner Zeit noch nicht gegeben hatte. In jedem Fall empfand er sie als äußerst deplatziert, so als richtete sie
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