Enwor 11 - Das elfte Buch
du, wer der Stadtkommandant von Ikne ist? Vielleicht ein Satai? Vielleicht ein Angehöriger der alten Adelsgeschlechter? Nein, natürlich nicht: Es ist ein Quorrl!«
»Was ist daran so schlimm?«
»Was daran so schlimm ist, dass Quorrl unsere gewachsenen Strukturen unterwandern? Warum es unerträglich ist, dass sie Fürsten vom Thron zu stoßen versuchen, um sich selbst als Herrscher aufzuschwingen — selbst über Menschen?!«
Skar schwieg einen Moment. Der Weg vor ihnen veränderte sich, wurde breiter, und gleichzeitig wich der Waldrand weiter zurück, als flöhe er vor der Betriebsamkeit auf der in seine Mitte geschlagenen Schneise. Es war kein wild wucherndes Unterholz mehr, das den Pferden immer wieder zwischen die Beine kam, sondern zartes, fast wie gestutzt aussehendes Buschwerk und dazwischen wilde Blumen, die in allen Farben leuchteten; ein rot-gelb-blaues Farbspiel, das selbst im Regen fröhlich und unbeschwert wirkte.
Ob er nun wollte oder nicht: Marnas Worte stimmten ihn nachdenklich. Sicherlich, es war richtig, dass die Quorrl begonnen hatten, die jahrtausendealten und viel zu eingefahrenen Gleise zu verlassen, um neue Wege zu gehen. Aber es war auf der anderen Seite für die meisten Menschen wohl kaum ein Spaß, einem Herrscher zu dienen, der als geschuppter Gigant mit der Körperkraft von vier ausgewachsenen Männern jeden menschlichen Konkurrenten von vornherein in die Schranken verweisen konnte und bei aufkommendem Murren seine eigene Garde von Reptilienkriegern aufziehen ließ. Es mochte sein, dass Quorrl-Herrscher nicht grausamer waren als so mancher menschliche Fürst —aber sie waren
anders.
Sie hatten kein instinktives Verständnis für die Menschen und sie hatten keine Söhne und Töchter, die nach neuen und besseren Wegen suchten. Wie er es auch drehte und wendete: Quorrl waren Quorrl und es war nicht gut, wenn sie über Menschen herrschten — genauso wenig wie umgekehrt.
»Wie viele Fürstentümer, wie viele Städte stehen unter der Herrschaft der Quorrl?«, fragte er.
»Kein Einziges«, fauchte Marna. »Und solange ich lebe, wird es auch nicht dazu kommen. Aber es wird immer schwieriger, die Quorrl davon abzuhalten, den letzten Schritt zur Macht zu vollenden. Sie haben es geschickt angefangen: Zuerst verdingten sie sich als Leibwächter, dann wurden Einzelne von ihnen zu Hauptmännern privater oder städtischer Garden berufen und danach schleusten sie immer mehr andere Quorrl ins Gefüge ein. Sie haben sich damit Zeit gelassen: drei lange Jahrhunderte. Aber jetzt greifen sie nach der absoluten Macht, und wenn sie die erst erreicht haben, werden sie die reichen Städte ausquetschen wie eine Zitrone, die Menschen ausbluten lassen und sie dann ihrem Schicksal überlassen.«
»Sie haben also nichts anderes getan als wir Satai«, sagte Skar nachdenklich.
»Wir zerstören nicht das, was uns zu schützen aufgetragen wurde«, sagte Marna eisig.
»Das haben, wenn ich dich recht verstanden habe, die Quorrl bislang auch noch nicht gemacht«, wandte Skar ein. »Worüber also regst du dich auf, Marna? Dass die Quorrl etwas tun könnten, was die Satai bislang fast immer vermieden haben, nämlich nach der Krone oder dem Herrschaftszeichen von Städten und Ländereien zu greifen — aus Klugheit und Eigennutz, wohlgemerkt, und nicht aus reiner Menschlichkeit? Und was glaubst du, was sie sind: Dummköpfe? Könnte es nicht sogar sein, dass sie eine ganz ähnliche Strategie verfolgen wie die Satai, dass sie die Kuh hegen und pflegen werden, die sie melken wollen?«
»Es könnte vieles sein«, erwiderte Marna mürrisch. »Aber fest steht, dass ich ihnen das Rückgrat brechen werde, damit sie uns nicht in die Quere kommen.«
»Na, dann viel Spaß dabei«, knurrte Skar, während er das dachte, was Kama ihnen gesagt hatte: dass die Quorrl die wertvollsten Verbündeten der Menschen seien, während die eigentliche Gefahr von den Diggern ausginge. »Ich fürchte allerdings, es wird sich als Bumerang erweisen, wenn du die Quorrl dezimierst und den Rest in die Sklaverei führst.« »Sklaverei?« Der Satai mit der Wolfsmaske schüttelte den Kopf. »Von was für einer Sklaverei sprichst du? Die Quorrl waren schon immer eine Horde mordender und brandschatzender Banditen und es wird Zeit, ihnen endgültig das Handwerk zu legen.« Er richtete sich ein Stück weiter in seinem Sattel auf und stieß fast triumphierend hervor: »Es wird ein Reservat geben, in dem wir eine begrenzte Anzahl dieser Monster
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