Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Enwor 11 - Das elfte Buch

Enwor 11 - Das elfte Buch

Titel: Enwor 11 - Das elfte Buch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
Vom Netzwerk:
dafür, dass sie gleich über ihn herzufallen gedachten. »Du hast uns verraten an unsere Todfeinde. Und jetzt drohst du uns mit ihrem Angriff.«
    Das war eine mehr als freie Interpretation der Ereignisse, aber das Schlimme daran war: Vollkommen Unrecht hatte Roun nicht. Wenn es wirklich eine Schar Quorrl-Krieger war, die sich da draußen anschlich — und dessen war sich Skar so sicher, dass er seinen rechten Arm darauf verwettet hätte —, dann konnte es durchaus sein, dass sie durch den von ihm verschonten Schuppenkrieger auf die Spur der Digger gekommen waren. Keine sehr angenehme Vorstellung, aber nichts, was Rouns Verhalten in irgendeiner Art rechtfertigte.
    »Nichts liegt mir ferner als eine Drohung«, sagte Skar. Die explosive Stimmung in dem Raum behagte ihm immer weniger. Aus den Augenwinkeln heraus bemerkte er die tausend kleinen Anzeichen eines bevorstehenden Angriffs, die Verlagerung der Haltung, den Griff zur Waffe, das Anspannen von Armen und Beinen, und er fragte sich besorgt, ob es ihm gelingen würde, den Raum ohne Blutvergießen zu verlassen. Die Tür war kurz hinter ihm, das war sein Vorteil, aber zu seiner Linken und Rechten standen ein paar Männer und Frauen, die während des Wortwechsels fast unmerklich näher gerückt waren. Alles, was er tun musste, war nach hinten zu springen und gleichzeitig ein paar der traurigen Gestalten zurückzustoßen, damit er in der Verwirrung entkommen konnte.
    Doch was würde dann aus Esanna und den anderen werden, die er hilflos dem Angriff der Quorrl überließ? Er fühlte sich nicht als Beschützer der Armen und Schwachen, hatte in harten Jahren lernen müssen, dass es oft um mehr ging als um das Leben oder Wohlergehen weniger Menschen, dass es ganz andere Zusammenhänge waren, die über Wohl oder Wehe eines Dorfes, einer Stadt, eines Landstrichs oder gar ganz Enwors entschieden. Und doch war es etwas anderes, wenn ein vor Lebendigkeit sprühender junger Mensch neben ihm stand, ein Mädchen, das
Angst
hatte, das gerechtfertigterweise einen grauenvollen Tod fürchtete durch eine Horde Ungeheuer, die es auf sie, das ganze Dorf und vielleicht sogar alle Digger abgesehen hatten; es war etwas anderes, weil er Esanna durch einen schmachvollen Rückzug mehr gefährden würde, als wenn er den Kampf mit ihrem Vater auf sich nahm, um diesen alten Narren davon zu überzeugen, dass nur rasche Flucht ihn und die anderen noch zu retten vermochte.
    Dieser Mischmasch von Gedanken und Gefühlen ließ ihn zögern, schwächte seine Aufmerksamkeit für den Bruchteil einer Sekunde. Es war Pech, dass Roun gerade in diesem Moment das Zeichen zum Angriff gab und dass Skar das Zeichen nicht gleich als solches erkannte: ein kurzes Hochziehen der Augenbrauen. Die drei, vier Digger, die direkt neben ihm waren, sprangen ansatzlos nach vorne. Ein flüchtiges Aufblitzen, der Lichtreflex an einer Messerklinge und Skar wusste, wo er zuerst zupacken musste: Er packte das Handgelenk des Angreifers, drehte es mit einem brutalen Ruck herum. Das Messer sauste pfeilgleich durch den Raum und bohrte sich irgendwo weiter hinten in ein Holzbrett.
    Die kurze Aktion hatte einem anderen die Gelegenheit gegeben in Skars Rücken zu gelangen. Zwei kräftige Arme umklammerten seinen Brustkorb und versuchten ihn zusammenzudrücken. Skar sprengte seinen Griff mit einer kurzen, ärgerlichen Handbewegung und schlug ihm den Handrücken ins Gesicht. Der Mann taumelte rückwärts, wild mit den Armen um sich schlagend, und riss dabei ein paar andere Angreifer mit, die ihm den Rückzug zur Tür abschneiden wollten, was ihnen durch eben dieses wüste Manöver sogar zu gelingen schien, denn in dem Durcheinander wild rudernder Arme, Beine und Leiber war kein Durchkommen, es sei denn, er zog sein
Tschekal
und hieb sich den Weg frei.
    Seine Gegner kannten weniger Skrupel. Mit gezogenem Schwert stürzte sich der Mann mit dem deformierten Gesicht auf ihn; seine sowieso schon viel zu großen Augen schienen geradezu aus seinem Gesicht zu quellen, als er zum alles entscheidenden Schlag ausholte. Skar hatte nicht vor es so weit kommen zu lassen. Er sprang nach vorne, warf sich dem Mann in den Arm, packte ihn und schleuderte ihn in seine Kumpane. Ein Aufschrei aus einem Dutzend wütender Kehlen antwortete ihm. Die Digger hatten sich in einen Mob verwandelt, der nur noch ein Ziel kannte: zu vernichten, zu töten, auszulöschen. Plötzlich verstand Skar, wie es ihnen gelungen war, die Quorrl vor sich herzutreiben. Diese Menschen

Weitere Kostenlose Bücher