Enwor 11 - Das elfte Buch
Klirren…«
»Und?« Skar packte sie grob bei der Schulter. »Sind es deine Leute — oder ist das jemand anders?«
»Du meinst«, stammelte Esanna, während sie sich unter Skars Griff wand, »die Quuorrl!«
Das letzte Wort hatte sie fast geschrien. Und trotzdem antwortete ihr auch jetzt noch nichts, nicht der fragende Ruf eines Wächters, nicht das Trampeln von Füßen, das davon kündete, dass der geschriene Name des Todfeinds einen Alarm ausgelöst hatte, einfach nichts.
Skar ließ das Mädchen los. Er hatte zu fest zugedrückt und Esanna krümmte sich vor Schmerzen, während sie gleichzeitig versuchte vorwärts zu taumeln. »Selbst wenn es stimmt…«, stammelte sie, »sie bereiten die Erweckung vor… wir dürfen sie jetzt keinesfalls stören! Das heilige Kaol muss von der Gemeinschaft erweckt und bereitet werden — auf dass es uns nähre und uns Kraft gibt unseren Feinden zu trotzen!«
Skar seufzte. »Zu irgendwelchen Spielchen fehlt uns die Zeit, Kind. Wenn wir sie nicht rechtzeitig warnen, ist das Dorf dem Untergang geweiht.«
Esanna starrte ihn einen Herzschlag lang blass und verstört an, dann nickte sie.»Hier entlang, Herr«, sagte sie und deutete nach vorne auf eine Hütte, die größer war als alle anderen, ein massiver Schemen im verschlingenden Nebel. »Aber du darfst auf keinen Fall das Wort ergreifen.«
Skar hatte keine Ahnung, wovon sie sprach, aber das war im Moment auch nicht weiter wichtig. Er folgte dem Mädchen, das mit kleinen, trippelnden Schritten, aber erstaunlich schnell auf die Eingangstür zulief und sie atemlos aufriss.
Der Anblick übertraf alle seine Erwartungen. Männer und Frauen standen vor roh gezimmerten Tischen, auf denen Schaufeln, Spaten, Hacken und anders Ausgrabungsgerät sorgfältig ausgebreitet waren, dazwischen Säckchen und andere Behältnisse mit irgendetwas, was er nicht erkennen konnte. In dem Raum herrschte ein unglaublicher Gestank; eine scheußliche, atemberaubende Ausdünstung von fast stofflicher Beschaffenheit, die sich ekelhaft klebrig über sein Gesicht und seine Atemwege zu legen schien. Es war gleichzeitig Tod und Verwesung, was er dort mit jedem Atemzug in sich aufnahm, wie auch etwas auf vollkommen falsche Weise Lebendiges und nur mit Mühe schüttelte er die Vorstellung ab, dass etwas über die Atemwege von ihm Besitz zu erlangen versuchte.
Die Menschen in dem Raum wandten sich langsam und mit fast grotesk verzögerten Bewegungen zu ihm um, so als müssten sie sich erst überzeugen, dass ein Eindringling es wagte, sie in ihrer selbstvergessenen Prozedur der
Erweckung
zu stören. Skar erkannte einige der Männer und Frauen unter ihnen wieder, die am Tag zuvor Jagd auf die Quorrl gemacht hatten und andere, die er beim Eintritt ins Dorf bemerkt hatte, aber es waren auch nicht wenige dabei, die er noch nie zu Gesicht bekommen hatte und die so sonderbar, ja teilweise abscheulich aussahen, dass es ihm erst einmal die Sprache verschlug.
Einer von ihnen war der Mann, der direkt an der Tür und mit dem Rücken zu ihm gestanden hatte, und sich nun vollends zu ihm umdrehte. Er war völlig missgestaltet. Augen und Nase schienen ein gutes Stück nach unten gerutscht zu sein und dabei an Größe zugenommen zu haben, doch wo die Stirn und das rechte Ohr sein sollten, wucherte ein Fladen aus grauem, nässendem Fleisch, dessen Ausläufer so weit bis zur Kopfmitte wucherten, dass sie von seiner ein-fachen Kopfbedeckung nur unvollkommen verdeckt wurden. Auch einige anderen Menschen wiesen Missbildungen auf, hatten Verwachsungen oder eine rötlich entzündete Haut, verdrehte Gesichtsproportionen, geschwollene Gliedmaßen oder ebenfalls Fladen nässenden Fleischs im Gesicht. »Was bringst du den Fremden hierher?«, fragte Roun, der wie selbstverständlich in der Mitte des Raumes stand. »Er hat hier nichts verloren.«
»Aber… die Quorrl«, sagte Esanna hilflos. »Er meint, sie könnten uns angreifen.«
»Na klar, Kindchen«, sagte eine dickliche Frau, während sie etwas Unförmiges unter dem Tisch verschwinden ließ, dessen Aussehen Skar nur entfernt erahnen konnte, »sie könnten uns jederzeit angreifen. Aber diese Tiere trauen sich nicht an uns heran. Sie haben Angst vor uns.«
Fast war Skar geneigt ihr zu glauben. Der Mann mit den verrutschten Augen und der nach unten wuchernden Nase trat einen weiteren Schritt auf ihn zu und er konnte seinen stinkenden Atem riechen. Er wusste nicht, wie ein Quorrl auf ihn reagieren würde, aber er selbst empfand mit
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