Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Enwor 11 - Das elfte Buch

Enwor 11 - Das elfte Buch

Titel: Enwor 11 - Das elfte Buch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
Vom Netzwerk:
klapprige Gebäude bebte, Strohpartikel rieselten vom Dach herab, gefolgt von Latten und Steinen, die wohl als Beschwerung gedient hatten und nun zu Geschossen wurden. Menschen duckten sich unter dem gefährlichen Hagel, warfen Waffen beiseite, um ihre Gesichter mit Händen und Armen zu schützen oder krochen unter die Tische, die einen, wenn auch sehr zweifelhaften Schutz vor dem Grauen boten. Schrecklicher aber noch als das Bersten, Splittern und Zusammenkrachen waren die Alptraumgestalten, die die Zerstörung ausgelöst hatten. Es waren mehrere Quorrl, drei, vier, fünf der Giganten, die mit wahnsinniger Geschwindigkeit den Raum stürmten und mit ihren Zackenschwertern eine furchtbare Schneise von Tod und Vernichtung schnitten. Die geschuppten Kolosse hatten gar nicht vor sich auf einen Kampf einzulassen, sondern führten eine vollkommen neue Variante davon vor, wie man ein Gebäude stürmen konnte: Mitten durch die Wand auf der einen Seite rein und auf der anderen Seite raus.
    Ihre Geschwindigkeit war so hoch, dass Skar es gerade noch schaffte herumzuwirbeln, aber nicht mehr sein Schwert in Position bringen konnte — das sich unglücklich in der Wand verklemmt hatte und sich nur mit einem kräftigen Ruck wieder befreien ließ —, wodurch er dem Quorrl, der quasi durch ihn und die Wand wieder ins Freie stürzen wollte, nur passiven Widerstand entgegensetzen konnte; er steppte im letzten Moment beiseite, sodass der beiläufig und dennoch wuchtig geführte Hieb der Quorrl-Waffe ihn nur mit der stumpfen Seite streifte und zu Boden taumeln ließ.
    Dann waren die Quorrl auch schon an ihm vorbei. Ohne merklich an Geschwindigkeit zu verlieren, durchbrachen die Kolosse, doppelt so schwer wie Menschen und mindestens fünfmal so stark, die zweite Wand und versetzten so dem Gebäude den endgültigen Todesstoß. Holz, Steine, Metallteile, Späne regneten auf Skar hinab; ein wahrer Splitterregen ergoss sich über ihn und alle anderen, die es nicht rechtzeitig geschafft hatten, sich unter den Tischen in vorläufige Sicherheit zu retten. Doch dann folgten auch schon die grö-ßeren Stücke und Holzbalken und stürzten mit grausamer Wucht hinab und aus dem Schutz der Tische wurden Todesfallen mit zusammenknickenden Beinen und Tischplatten, die mit grausamer Wucht auf die Schutzsuchenden prallten. Binnen weniger Augenblicke glich die Mitte des Raums einem Hexenkessel aus schreienden Menschen, herabstürzendem Baumaterial, dichten Staubschwaden und absoluter Hoffnungslosigkeit. Wer konnte, sprang durch eine der Öffnungen ins Freie, hinein in den grauen Nebel, nur weg aus dem Chaos von Tod und Verderben, das so unglaublich schnell hier Einzug gehalten hatte, dass niemand Zeit gehabt hatte auch nur einen einzigen klaren Gedanken zu fassen.
    Skar hatte Glück im Unglück: So nahe der Stelle, an der die Quorrl die Wand durchbrochen hatten, waren keine schweren Trümmer niedergegangen. Er kam mit einer schnellen Bewegung in eine sprungbereite Hockstellung hoch; wie von selbst stießen seine Finger das
Tschekal
in die Schwertscheide zurück, der Reflex des Kriegers, der seine Waffe schützen will und muss, um jederzeit gegen einen wie auch immer gearteten Feind antreten zu können.
    Gerade, als er sich vollends aufrichten wollte, um wie die überlebenden Digger fluchtartig das zusammenstürzende Gebäude zu verlassen, hörte er neben sich einen Aufschrei, einen spitzen, entsetzten Laut, der trotz des Chaos um ihn herum an ihn herandrang und ihn zögern ließ.
    Es bedurfte nur eines kurzen Blicks, um zu erkennen, wer dort geschrien hatte: Es war Esanna. Das Mädchen lag kaum zwei Fuß von ihm entfernt, ein undeutlicher Schemen inmitten einer Staub- und Partikelwolke, die es fast gänzlich einhüllte. Die Beine des Mädchens waren von etwas eingeklemmt, was wie der zerborstende Rest eines Dachbalkens aussah. Mit einem Schritt war Skar bei ihr. Ein Digger, der an ihm vorbeitaumelte in Richtung der vermeintlichen Rettung — also dorthin, wo die Quorrl verschwunden waren —, starrte ihn einen Augenblick aus weit aufgerissenen Augen an und hob dann die mit einem Schwert bewehrte Hand, als wollte er Skar mit einem einzigen Schlag in zwei Stücke spalten. Aber dann taumelte er weiter, ohne auch nur den Versuch eines Angriffs unternommen zu haben.
    Skar beugte sich zu Esanna herab. Es blieb ihm nicht mehr viel Zeit, streng genommen gar keine mehr, denn das Gebäude schien nun den Widerstand gegen die mutwillige Zerstörung aufgeben zu

Weitere Kostenlose Bücher