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Enwor 2 - Die brennende Stadt

Enwor 2 - Die brennende Stadt

Titel: Enwor 2 - Die brennende Stadt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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Es gab keinen Schutz gegen diesen Regen — seit Tagen kroch er unaufhaltsam in jeden Winkel, schlüpfte durch jede Tür, jedes Fenster, jede Mauerritze und überwand beharrlich jede Sperre, die man gegen ihn errichtete. Ikne sog sich langsam voll Wasser, als wäre die ganze Stadt ein gigantischer steinerner Schwamm, dessen einzige Aufgabe es war, Wasser in seinen unzähligen Kavernen und Schächten zu sammeln. Selbst in seinem Quartier tief unter der Arena, unter Tonnen von Fels und Erdreich vergraben, schien es ununterbrochen feucht und klebrig zu sein.
    Skar war froh, als der trübe Schein der Windlaterne endlich vor ihm auftauchte; eine zerfaserte Insel aus Licht und tanzenden Schatten in dem grauen Ozean, in dem Ikne ertrank.
    Sein Blick fiel wie immer auf das verblichene Schild über dem Eingang. Die Buchstaben waren längst abgeblättert, und nur wer ohnehin wußte, was auf dem Schild stand, wäre jetzt noch in der Lage gewesen, die Worte RACHES WACHT zu entziffern. Aber das Schild war ohnehin nicht notwendig und hing vermutlich nur noch dort, weil es noch niemand der Mühe wert gefunden hatte, es abzunehmen.
    Jedermann in Ikne kannte die WACHT; ein Umstand, den der Wirt allerdings weniger der Qualität seines Weines als vielmehr der Tatsache zu verdanken hatte, daß RACHES WACHT die einzige Taverne innerhalb der Stadtmauern war, die während des ganzen Tages und der gesamten Nacht geöffnet bleiben durfte. Wer nach Dunkelwerden noch Durst auf einen Krug Bier oder Wein verspürte oder eine Mahlzeit haben wollte — eine Mahlzeit freilich, die ebenso schlecht wie teuer war —, hatte gar keine andere Wahl, als hierherzukommen. Die Stadtpatrouille achtete streng darauf, daß die übrigen Schänken bei Einbruch der Dämmerung geschlossen wurden, und kein Wirt, der Wert darauf legte, seine Konzession zu behalten, hätte es gewagt, gegen diese Verordnung zu verstoßen.
    Die Tempelkönige Iknes verstanden bei der Auslegung ihrer Gesetze keinen Spaß.
    Skar legte die letzten Meter im Laufschritt zurück, betrat das eingeschossige Haus und stemmte sich mit seinem ganzen Körpergewicht gegen die Tür, um sie gegen das wütende Schieben und Stoßen des Windes zu schließen. Das Heulen des Sturmes wurde leiser, als der Riegel einrastete.
    Er streifte seinen Umhang ab und schüttelte sich wie ein nasser Hund, bevor er den Vorhang beiseiteschlug und den Schankraum betrat.
    Skar blieb gewohnheitsmäßig unter der Tür stehen und sah sich rasch nach beiden Seiten um. Die Schänke war in schummeriges gelbes Halbdunkel getaucht. Unter der hohen, rußgeschwärzten Decke flackerte eine einsame Öllampe, deren viel zu kleine Flamme vergeblich versuchte, Dunkelheit und Schatten in die Ecken zu verbannen. Der würfelförmige Raum war fast leer — das Wetter hatte die Leute nicht nur von den Straßen vertrieben, sondern den Wirt auch der meisten seiner Gäste beraubt, und die ungewohnte Leere ließ die Schäbigkeit des Raumes besonders deutlich hervortreten.
    Die Wände bestanden aus roh zusammengemauerten Ziegelsteinreihen, zwischen denen der Mörtel hervorrieselte. Irgendwann vor langer Zeit waren sie einmal gestrichen worden, aber die Farbe war längst fleckig, so daß sie jetzt eher wie verkrusteter Schmutz aussah. Die Fensterscheiben vor den zugezogenen Läden wirkten blind und staubig. Vor der niedrigen Theke hockten zwei Soldaten und würfelten, ohne jedoch sehr auf ihr Spiel konzentriert zu sein — zumindest einer von ihnen war schon so betrunken, daß er Mühe hatte, den Würfelbecher zu halten. Seine Bewegungen wirkten abgehackt und fahrig, und der dunkle Fleck vor ihm bewies, daß er ähnliche Schwierigkeiten auch mit seinem Weinkrug hatte. Die Uniformen der beiden waren verdreckt und schlampig; auf dem schwarzen Leder der Brust- und Rückenschilde klebte eingetrockneter Schlamm, Helme und Arm- und Beinschienen waren auch schmutzverkrustet. Der Stoff ihrer Röcke war zerknittert. Wahrscheinlich, dachte Skar, zwei Soldaten der Stadtpatrouille, die nach einer langen und kalten Nachtwache Trost bei einem — oder mehreren — Krügen Wein gesucht hatten.
    Er ging langsam an ihnen vorbei, hockte sich in eine Ecke schräg gegenüber der Tür und hob stumm die Hand, als der Wirt aus rotgeränderten Augen zu ihm herüberblickte. Skar mußte unwillkürlich lächeln, als er Raches verschlafenes Gesicht sah. Del und er verkehrten seit Jahren in dieser Taverne, aber er konnte sich an nicht mehr als zwei oder drei

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